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Timo Glock: Sagenumwobener 2010er-Toyota war besser als der Ferrari

Timo Glock plaudert über Wendepunkte seiner Karriere: Warum er 2006 Gerüstbauer werden wollte und wie er 2010 fast die Chance auf den WM-Titel bekommen hätte

Es ist immer müßig, im Nachhinein Behauptungen aufzustellen, von denen man nie wird prüfen können, ob sie wahr sind oder nicht. Eine Legende, die sich in Insiderkreisen hartnäckig hält, geht so: Jener Toyota TF110, der für die Saison 2010 entwickelt wurde, aber wegen des Ausstiegs der Japaner aus der Formel 1 nie zum Einsatz gekommen ist, hätte das Zeug dazu gehabt, Timo Glock zum Weltmeister zu machen.

Also haben wir im Podcast 'Starting Grid' beim heutigen DTM-Piloten nachgefragt, ob er inzwischen wirklich Champion wäre, wenn es bei Toyota 2010 normal weitergegangen wäre. Er könne das "nicht beantworten", meint Glock, weil er "keine Ahnung" habe. Aber er hält fest: "Wir hatten wirklich ein Auto, das deutlich mehr in meine Richtung gegangen wäre."

Dazu muss man wissen: Glock hatte mit Jarno Trulli einen Teamkollegen, der als Super-Qualifyer galt und als etablierter Haudegen die Richtung vorgab. Doch Glock verbrachte viel Zeit im Simulator und arbeitete eng mit dem Team, um mehr Einfluss zu gewinnen: "Wir haben das Auto Schritt für Schritt immer mehr in meine Richtung gebracht, weil Jarno schon echt einen speziellen Fahrstil hatte."

Der TF110 hätte im neunten Jahr von Toyota in der Formel 1 endlich den großen Durchbruch bringen sollen. Doch die Weltwirtschaftskrise kam dazwischen, der Vorstand in Japan zog beim Grand-Prix-Programm den Stecker. Zoran Stefanovic hat später noch (erfolglos) versucht, die fertigen Autos zu kaufen und unter dem Namen Stefan GP einzusetzen.

Ingenieure: TF110 war besser als der Ferrari F10

"Ich weiß von Ingenieuren, die von Toyota dann zu Ferrari gegangen sind, dass unsere Aeropunkte zu dem Zeitpunkt, als Toyota aufgehört hat, über denen von Ferrari lagen! Und zwar einen guten Schritt", erinnert sich Glock. "Und ich wusste, dass wir vom Motor nochmal was gefunden haben. Das Paket wäre gut gewesen."

 

Der geheime Insider-Vergleich mit Ferrari ist ein starkes Indiz dafür, dass der TF110 eine echte Granate gewesen wäre. Denn Fernando Alonso feierte 2010 auf Ferrari fünf Siege und verpasste den WM-Titel im dramatischen Finale von Abu Dhabi nur um vier Punkte gegen Sebastian Vettel auf Red Bull.

Möglicherweise wäre der Showdown beim letzten Rennen ein Fünf- statt Vierkampf gewesen, wenn Glock auf Toyota mitgemischt hätte. Das ist im Nachhinein natürlich Spekulation, wie der Deutsche selbst am besten weiß: "Ob's gelangt hätte für den WM-Titel, kann ich nicht sagen. Aber das Auto wäre wirklich, wirklich gut gewesen."

Stattdessen ging's mit Glocks Karriere in der Formel 1 nach dem Toyota-Ausstieg steil bergab. Für 2010 hatte er den fertigen Renault-Vertrag schon in der Tasche, der dann aber "hinfällig" wurde, als auch die Franzosen den Ausstieg aus der Königsklasse bekanntgaben. Und Verhandlungen mit McLaren scheiterten, als Jenson Button völlig überraschend dort unterschrieb.

Eine im wahrsten Sinne des Wortes gefährliche Entscheidung ...

Glock erinnert sich: "Da sind noch ganz viele andere Dinge zur gleichen Zeit vorgefallen, die ich leider nicht alle erzählen kann. Es war eine sehr intensive Zeit, die mich viel zum Nachdenken gebracht hat. Die Zeit war auf keiner Ebene einfach. Ich musste Entscheidungen für mich treffen, wie die Zukunft aussieht."

Letztendlich entschied er sich für das neue Virgin-Team rund um Konstrukteur Nick Wirth, der mit innovativen technischen Ideen den Anschein vermittelte, als könne er ein erfolgreiches Formel-1-Programm auf die Beine stellen. Das entpuppte sich als totale Fehleinschätzung: "Im ersten Moment bin ich froh, dass ich da einigermaßen heil rausgekommen bin", seufzt Glock.

"In dem Auto sind Sachen vorgefallen! Beim ersten Test ist der Frontflügel gerissen, in der zweiten Runde. In Spa bin ich durch Eau Rouge gefahren, da ist die Servolenkung auf 'Block' gegangen. Lauter so Sachen. Da waren Dinge dabei, wo ich im Nachhinein sage: Ich bin einfach froh, dass ich ohne Blessuren aus der Nummer rausgekommen bin. Das war schon grenzwertig zum Teil."

Timo Glock

Monaco 2006: Ein wichtiger Wendepunkt im der Karriere von Timo Glock

Foto: Motorsport Images

Zeiten, in denen er Rücktrittsgedanken hatte. Glock fuhr letztendlich drei Jahre für den Rennstall, der ab 2011 in Marussia umbenannt wurde. Sein bestes Ergebnis war ein zwölfter Platz beim Grand Prix von Singapur 2012. Anschließend wechselte er zu BMW in die DTM, wo er seither immerhin fünf Rennen gewonnen hat.

2006: Tiefpunkt beim BCN-Team in der GP2

Was viele nicht mehr auf dem Schirm haben: 2006, als er nach einem erfolgreichen ChampCar-Intermezzo (Rookie of the Year 2005) zurück nach Europa kam und von der GP2 aus einen neuerlichen Anlauf auf die Formel 1 unternahm, stand Glock schon einmal am Scheideweg. In seinen ersten neun Rennen für das BCN-Team schaffte er nur zwei Top-10-Ergebnisse.

"Das Auto war alles andere als schnell. Und das Team hat wirklich fundamentale Dinge einfach nicht hinbekommen", erinnert sich Glock und nennt ein erschreckendes Beispiel: "Ich bin in Imola ein ganzes Wochenende mit einem schiefen Lenkrad gefahren. Es war nicht möglich, die Spur gerade einzustellen."

"Dann kam Monaco. Da hoffst du ja immer noch, dort kannst du als Fahrer ein bisschen was machen. Da bin ich von 19 gestartet und am Ende vorgekommen bis auf Platz vier. Vier Runden vor Schluss bleibt's Auto stehen, am Tunneleingang. Ich habe im Auto gesessen und gedacht: 'Das kann ja alles nicht wahr sein, das gibt's doch alles nicht.'"

Ein ernüchterndes Erlebnis mit Folgen: "Dann bin ich zurückgelaufen an die Box und habe abends meinen Vater angerufen und gesagt: 'Pass auf, am Montag bin ich wieder da, ich hör auf mit dem ganzen Scheiß. Ich habe keinen Bock mehr, das bringt alles nix. Ich werde wieder Gerüstbauer.'"

Wie ein Zufall Glocks Karriere gerettet hat

Doch dann ging plötzlich beim etablierten iSport-Team eine Tür auf: "An dem Wochenende sind beide Fahrer in der ersten Ecke rausgeflogen. Paul Jackson, der Teamchef, hatte im Rennen dann nix zu tun. Also hat er sich in die Schwimmbadschikane gestellt und Sektorzeiten genommen, mit der Stoppuhr. Und ich war der Einzige, der dort genauso schnell war wie Hamilton."

Jackson war nachhaltig beeindruckt - und hatte obendrein das Problem, dass einer seiner Fahrer, Tristan Gommendy, seinen Zahlungsversprechungen nicht mehr nachkommen konnte. Am Montag nach Monaco klingelte bei Glock das Telefon. Der Teamwechsel sollte den weiteren Verlauf seiner Karriere nachhaltig beeinflussen.

"Das nächste Rennen", blickt er zurück, "war Silverstone. Da bin ich aus der Box rausgefahren und wusste auf der Out-Lap, dass das genau das Auto ist, mit dem ich gewinnen kann. Und so war's dann auch. In der zweiten Saisonhälfte haben wir mehr Punkte geholt als Lewis. Ich war in Silverstone direkt auf dem Podium."

Von da an lief es für Glock: Er wurde in keinem Rennen, in dem er ins Ziel kam, schlechter als Sechster, feierte zwei Siege und drei weitere Podestplätze und wurde in der Meisterschaft noch Vierter. 2007 holte er den Titel. Eine Zeit, an die er sich gern zurückerinnert: "Das Team hat einen sensationellen Job gemacht. Die haben meine Karriere wieder in die richtige Richtung gelenkt."

Mit Bildmaterial von Museum PROTOTYP.

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