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Unter der Lupe: Die Aufhängung eines Formel-1-Autos

Das Mercedes-Team erklärt die Technik einer modernen Formel-1-Radaufhängung und vergleicht die Anforderungen mit jenen in der Serienproduktion

Die Aufhängung eines Formel-1-Autos ist ein komplexes System bestehend aus verschiedenen Elementen und spielt eine wichtige Rolle bei der richtigen Abstimmung des Fahrzeugs. Da es sich dabei um ein so entscheidendes Element handelt, nehmen wir die Aufhängung und deren Funktionsweise einmal genauer unter die Lupe.

Was ist die Aufgabe der Aufhängung?

Die Hauptaufgabe der Aufhängung ist es, die vier Räder mit dem Auto zu verbinden. Das mag auf den ersten Blick relativ trivial klingen. Aber um die Herausforderung zu bewältigen, ein schweres Objekt wie ein Auto bei hohen Geschwindigkeiten zu bewegen, wird ein komplexes System an verschiedenen Komponenten benötigt.

Bei einem Straßenfahrzeug erfüllt die Aufhängung zwei Hauptfunktionen: Fahrwerk und Fahrverhalten. Das Fahrwerk ist dafür verantwortlich, wie das Fahrzeug auf Veränderungen in der Straßenoberfläche reagiert, wie es mit Unebenheiten, Bodenwellen, Kerbs, Schlaglöchern, Veränderungen an der Straßenwölbung und ähnlichem umgeht.

Die Aufhängung stellt dabei sicher, dass das Auto mit unebenen Oberflächen klarkommt. Sie leitet die Energie ab, die bei der Fahrt über Unebenheiten erzeugt wird, und stellt sicher, dass die Haftung korrekt auf die vier Räder verteilt wird.

Das Fahrverhalten bezieht sich derweil auf eine andere Rolle der Aufhängung: Hier geht es um die Fahrzeugdynamik und wie das Auto auf die Lenkbewegungen des Fahrers reagiert. Zum Beispiel wie die Reaktion beim Bremsen oder bei einer Richtungsänderung ausfällt.

Eine Formel-1-Aufhängung hat die gleichen zwei Aufgaben, nur fallen die Parameter anders aus. In einem Straßenwagen gehört beispielsweise der Komfort zu den wichtigsten Aspekten der Fahrqualität. Beim Design und Abstimmen der Aufhängung in einem Formel-1-Boliden steht der Komfort hingegen nicht unbedingt an erster Stelle.

Gibt es Funktionsunterschiede zwischen der Aufhängung bei einem Formel-1- und einem Straßenauto?

Während das Fahrwerk und das Fahrverhalten sowohl bei Formel-1-Autos als auch bei Straßenfahrzeugen zu den Hauptaufgaben von Aufhängungssystemen zählen, gibt es noch eine dritte Aufgabe, die einzig bei Formel-1-Autos vorkommt - oder genauer gesagt bei Rennautos, die stark auf die Aerodynamik vertrauen, um darüber Abtrieb zu erzeugen. Die Ingenieure bezeichnen diesen Bereich als Plattformkontrolle.

Je schneller ein Formel-1-Auto fährt, desto mehr Abtrieb erzeugt es. Wenn es mit hohen Geschwindigkeiten fährt, erzeugt es Abtriebswerte, die ein Vielfaches seines Gewichts ausmachen. Aus diesem Grund muss die Aufhängung mit mehreren Tonnen zusätzlichen Drucks zurechtkommen, wenn das Auto mit hoher Geschwindigkeit unterwegs ist.

Das ist aber nicht nur eine Herausforderung mit Blick auf die Belastung, welche die Aufhängung aushalten muss, es ist auch eine enorme aerodynamische Herausforderung. Damit das Aerodynamik-Konzept funktioniert, ist die Position des Autos im Vergleich zur Strecke extrem wichtig.

Wenn man das Fahrzeug nur um wenige Millimeter anhebt oder absenkt, verändert sich der Luftfluss dramatisch. Dadurch arbeiten wichtige Aerodynamiteile wie der Unterboden und der Diffusor weniger effizient.

Die Aufhängung eines Formel-1-Autos muss deshalb dafür sorgen, dass die Neigung und die Fahrhöhe des Fahrzeugs gut unter Kontrolle sind, damit das Aero-Konzept trotz des unterschiedlichen Abtriebs bei verschiedenen Geschwindigkeiten sein volles Potential ausschöpfen kann. Um diesen Sachverhalt geht es bei der Plattformkontrolle.

Aus welchen verschiedenen Elementen besteht die Aufhängung?

Die Aufhängungselemente sind bei einem Formel-1-Auto ähnlich wie bei einem Straßenwagen. Die Federung der vier Fahrzeugecken ist also unabhängig voneinander. An einem Formel-1-Auto können die Aufhängungselemente in drei Bereiche eingeteilt werden: die innere und äußere Aufhängung sowie jene Elemente, die sich im Luftfluss befinden.

Die inneren Elemente der Aufhängung befinden sich versteckt unter dem Bodywork des Formel-1-Autos: Federn, Dämpfer, Umlenkhebel und Stabilisatoren. Am Mercedes-AMG F1 W10 EQ Power+ ist die Aufhängung zum Beispiel größtenteils pneumatisch. Dabei kommen Gasfedern zum Einsatz.

Die innere Aufhängung ist mit den Teilen verbunden, die sich im Luftfluss befinden: Querlenker, Schub- und Druckstreben sowie Spurstangen. Diese Elemente sind wiederum mit den äußeren Aufhängungsteilen verbunden, die hinter den Rädern versteckt sind, nämlich die Radträger, Achsen und Radlager.

Wo wird die Aufhängung des W10 gebaut?

Mercedes baut sein gesamtes Aufhängungssystem im Haus. Auf diese Weise kann das Team die benötigte hohe Qualität sicherstellen und relativ schnell auf Designänderungen reagieren. Die Aufhängungsteile, die im Chassis versteckt liegen, bestehen hauptsächlich aus Metall. Jene Elemente, die dem Luftfluss ausgesetzt sind, werden größtenteils aus Kohlefaser gefertigt und nur ihre Verbindungsstücke oder Biegeelemente sind normalerweise aus Metall.

Mercedes-Radaufhängung

Ein naher Blick auf die aktuelle Vorderradaufhängung von Mercedes

Foto: Mercedes

Die äußeren Teile der Aufhängung bestehen alle aus Metall, sie befinden sich allerdings innerhalb der Bremsbelüftung, die aus Kohlefaser besteht. Die Aufhängung mag vielleicht wie ein relativ triviales Objekt aussehen, ihr Herstellungsprozess ist jedoch sehr komplex. Die teuren Materialien und die hohe Zahl an Arbeitsstunden, die in deren Fertigung fließen, machen die Aufhängung zu einem der teuersten Elemente an einem Formel-1-Fahrzeug.

Was ist die größte Herausforderung beim Design und der Fertigung einer Formel-1-Aufhängung?

Die Aufhängung muss hohen Belastungen standhalten. Wenn ein Formel-1-Auto bei hoher Geschwindigkeit über einen Kerb fährt, muss die Aufhängung stark und steif genug sein, um damit klarzukommen, ohne dabei Schaden zu nehmen. So sind die Kohlefaserelemente wie die Zug- und Druckstreben sehr stark, wenn sie gestaucht und gespannt werden. Sie halten Belastungen von mehr als zehn Kilonewton aus.

Gleichzeitig muss die Aufhängung aber auch leicht sein, eben genauso wie jedes andere Teil eines Formel-1-Autos. Zuletzt stehen Aufhängungselemente wie die Querlenker im Luftfluss, entsprechend müssen sie relativ dünn und schlank sein, um den aerodynamischen Nachteil so gering wie möglich zu halten.

Obendrein wird die ganze Angelegenheit noch dadurch erschwert, dass die Querlenker groß genug sein müssen, um darin die Halteseilte für die Reifen unterzubringen (drei pro Reifen). Diese verhindern, dass die Radträger und Reifen im Falle eines Unfalls vom Chassis wegfliegen.

Die richtige Balance zwischen diesen drei Anforderungen zu finden - also Stärke, geringes Gewicht und Kompaktheit -, ist ein kniffliger Balanceakt, der das Design und den Herstellungsprozess der Aufhängung stark verkompliziert.

Wie setzt ein Formel-1-Team die Aufhängung ein, um das Set-up des Autos zu optimieren?

Die Optimierung der Aufhängung für jede einzelne Strecke ist ein wichtiger Teil der allgemeinen Abstimmungsarbeiten an einem Formel-1-Auto. Über das Aufhängungs-Set-up kann das Team genau kontrollieren, wie der Reifen mit der Straße in Kontakt kommt und dabei über veränderbare Parameter das Fahrverhalten und die Haftung optimieren.

Zu diesen Parametern zählen die Spur (der Winkel, in dem die Räder zueinanderstehen) und der Sturz (der Winkel, in dem die Räder im Vergleich zur Straße stehen). Diese Abstimmungsarbeiten werden größtenteils durch das Verändern der Aufhängungsgeometrie vorgenommen, also durch das Austauschen von Distanzscheiben aus Metall oder durch den Einsatz von Aufhängungselementen mit verschiedenen Linklängen.

Valtteri Bottas

Auf einer Strecke wie Monaco wird die Aufhängung hart rangenommen

Foto: Mercedes

Der andere Bereich, den sich die Ingenieure ansehen, wenn sie am Aufhängungs-Set-up arbeiten, ist die Plattformkontrolle. Damit die Plattform optimal funktioniert, konzentriert das Team sich hauptsächlich auf die Federrate. Zudem könnte es den Gasdruck in den Federn oder die Steifheit der metallischen Elemente verändern.

Verändern die Formel-1-Teams ihre Aufhängungen im Verlauf der Saison?

Die Teams verändern ihre Aufhängungen im Laufe des Jahres aus verschiedenen Gründen. Einer davon könnte die strukturelle Sicherheit sein. Die Teams wissen genau, wie viel ihre Aufhängungen aushalten. Tatsächlich überwacht während jeder Session ein struktureller Systemingenieur die Live-Telemetrie, um sicherzustellen, dass die Belastung nicht über das Limit hinausgeht. Sollten Bedenken über die strukturelle Sicherheit bestehen, tauscht das Team die Aufhängung aus.

Ein weiterer Grund für neue Aufhängungselemente sind Upgrades am Auto - entweder an der Aufhängung selbst oder an der aerodynamischen Charakteristik. Einige Aufhängungskomponenten wie die Querlenker oder der Lenkhebel stehen frei in der Luft und haben dadurch einen großen Einfluss auf den Luftfluss rund um das Fahrzeug.

Schlussendlich könnte das Team auch eine neue Aufhängung für einen bestimmten Streckentyp einführen. Beim Grand Prix von Monaco brachte das Mercedes-Team zum Beispiel eine spezielle Vorderradaufhängung mit, um sicherzustellen, dass das Auto für die einzigartigen Herausforderungen des Stadtkurses in Monte Carlo gerüstet war.

In Monaco erwartete die Autos die engste Kurve der Saison, die berühmte Fairmont-Haarnadel (früher bekannt als Loews), die einen größeren Lenkeinschlag als jede andere Kurve im Rennkalender verlangt. Im Vergleich zu der Haarnadelkurve beim anstehenden Großen Preis von Kanada (Kurve 10) benötigt die Loews-Haarnadel 40 Prozent mehr Einschlag.

Die Kurve ist so eng, dass die normale Aufhängung die Auswahl an Fahrlinien durch die Haarnadel einschränken würde. Alternativ müssten die Fahrer sogar mehrmals einlenken. Die spezielle Vorderradaufhängung bot einen größeren Lenkeinschlag, damit die Fahrer die Haarnadel so angehen konnten, wie sie es sich wünschten.

Mit Bildmaterial von Mercedes.

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