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Verwarnung von der FIA: Racing-Point-Teamchef klärt Stroll-Kontroverse auf

Racing-Point-Teamchef Otmar Szafnauer schildert im Detail alle Umstände des positiven Coronatests von Lance Stroll nach dem Eifel-Grand-Prix

Racing Point kassiert eine Verwarnung von der FIA. Das Team hat sich im Zuge des positiven Coronatests von Lance Stroll nicht lückenlos an die strengen Vorschriften gehalten. Der Verhaltenskodex wird nun nachgebessert. Der Teamchef bezieht außerdem Stellung zu der Kontroverse.

Bereits zu Saisonbeginn haben die Regelhüter Warnungen ausgesprochen, nachdem etwa Charles Leclerc zwischen den beiden Österreich-Rennen in seine Heimat Monaco geflogen war, oder Sebastian Vettel seine Blase innerhalb des Fahrerlagers verlassen und mit Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko und -Teamchef Christian Horner geplaudert hatte.

Nun scheint der Weltverband die Teilnehmer erneut sensibilisieren zu wollen, nachdem Lance Stroll am Sonntag nach dem Eifel-Grand-Prix in der Schweiz positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Erst am Mittwoch vor dem Portugal-Rennwochenende gab der Kanadier seine Infektion bekannt.

Erneute Kontroverse: Hat nichts mit "Kultur des Teams" zu tun

Die FIA selbst scheint davon ebenso erst in dieser Woche informiert worden zu sein, kurz bevor Stroll sein öffentliches Statement auf Social Media geteilt hat. Mittlerweile wurde er wieder negativ getestet, daher wird er für Racing Point in Portimao wohl wieder ins Lenkrad greifen.

Dennoch hat der Fall viele Fragen aufgeworfen. Teamchef Otmar Szafnauer wurde dazu am Donnerstag von Medienvertretern hart befragt, was seine Laune ein wenig trübte. Er musste sich etwa die Frage gefallen lassen, warum sein Rennstall andauernd in Kontroversen verstrickt ist.

"Ich denke nicht, dass das Teil der Kultur unseres Teams ist", weist er die Anschuldigung zurück. "Jedes Team hat Probleme, das ist Teil des Sports. Ich denke nicht, dass wir anders sind." Allerdings waren bislang nur Piloten von Racing Point vom Virus betroffen, nun außerdem Teambesitzer Lawrence Stroll.

Wie konnte das passieren? Noch vor dem Eifel-Rennwochenende wurde Stroll jun. negativ getestet. "Die Tests vor jedem Event finden bei Racing Point in der Fabrik statt. Eurofins kommt und führt diese Tests durch", erklärt Szafnauer das Prozedere. Stroll wurde am Dienstag vor dem Eifel-Rennen negativ getestet.

Die FIA hat im Sportgesetzbuch in Anhang S festgelegt, dass jeder Teilnehmer im Abstand von fünf Tagen bei jedem Event getestet werden muss. Stroll war also erst wieder am Sonntag an der Reihe, und durfte davor mit dem negativen Test auch ins Fahrerlager auf dem Nürburgring.

Als sich sein Gesundheitszustand am Samstag des Rennwochenendes in der Eifel immer weiter verschlechterte, zog Stroll seine Teilnahme schließlich zurück - ohne noch einmal auf das Virus getestet zu werden. Szafnauer gibt zu, dass das Team zu jenem Zeitpunkt "nicht alle Informationen hatte" und daher zu diesem Schluss kam.

Racing Point: 15.000 Tests, sechs positive Fälle

Das Team zog Strolls persönlichen Arzt zu Rate, um die Situation besser einschätzen zu können. "Er sagte, nein, das seien keine Corona-Symptome." Daher wurde zunächst kein weiterer Test durchgeführt. Stroll isolierte sich zunächst in seinem Wohnmobil und reiste per Privatjet am Sonntag in seine Wahlheimat Schweiz.

"Er hatte die Symptome bereits nach dem Rennen in Russland. Nach dem Rennen in Sotschi wurde er nach seiner Ankunft negativ getestet, auch sein Test vor dem [Eifel-]Rennen war negativ. Daher kann ich verstehen, dass jemand behauptet, dass die Symptome nichts mit Corona zu tun haben", so Szafnauer.

Der Teamchef muss aber auch zugeben, dass man im Nachhinein eben immer klüger ist. So auch in diesem heiklen Fall. "Die ganze Welt lernt dazu, auch die FIA", antwortet er auf die Frage, ob die Entscheidungsprozesse nun überarbeitet werden.

Laut dem standardisierten Vorgehen des Teams war erst wieder ein Test notwendig, als Stroll in seiner Heimat gelandet war. Szafnauer betont mit Nachdruck, dass seine Mannschaft besonders viel testet. "Wir testen jeden Mitarbeiter zweimal pro Woche in der Fabrik", erklärt er.

Von bislang insgesamt 15.000 Tests waren sechs positiv. "Wir testen und nehmen das Virus sehr ernst. Wir testen unser gesamtes Personal nach einer Ankunft von einem Grand Prix, damit jeder ruhigen Gewissens heimfahren kann. Wir sind die Einzigen, die das so handhaben."

Und er verteidigt das Vorgehen noch entschiedener: "Hätten wir ihn am Sonntag nicht getestet, so wie wir das bei jedem machen, der zu Hause ankommt, dann hätte Lance nur den Test vor diesem Rennwochenende gemacht. Dann hätte wir es gar nicht gewusst, und er wäre negativ gewesen."

FIA verschärft Corona-Testmaßnahmen

Laut dem Racing-Point-Teamchef hätte der Kanadier das Virus unbemerkt aufschnappen können, hätte sich die Mannschaft nur an die Vorgaben der FIA gehalten. Damit das in Zukunft nicht passiert, hat der Weltverband nun reagiert und die Maßnahmen verschärft.

Ab sofort muss jede Person, die am Rennwochenende teilnimmt, verpflichtend einen Test innerhalb der ersten 24 Stunden ab dem ersten Betreten der Strecke absolvieren. Zuvor hatte ein Test vor dem Event, der bereits am Dienstag durchgeführt wurde, ausgereicht. Im Fünf-Tages-Rhythmus hätte die Person demnach erst am Sonntag wieder getestet werden müssen.

Im Verhaltenskodex ist diese verschärfte Maßnahme wie folgt vor dem Portugal-Rennen festgehalten worden: Die Tests müssen "so früh wie möglich und nicht länger als 24 Stunden nach dem Betreten eines Bereichs mit hoher Dichte am Veranstaltungsort" durchgeführt werden.

Außerdem muss der Corona-Delegierte der FIA von allen Teams während eines Rennens oder innerhalb von 14 Tagen nach dem Ende eines Rennwochenendes informiert werden, wenn Umstände darauf hindeuten, dass jemand nicht in der Lage ist, an einem Rennen teilzunehmen.

Die Änderungen waren von der FIA bereits vor der Kontroverse rund um Stroll geplant, um wieder an den Verhaltenskodex zu erinnern. Szafnauer begrüßt die Änderung: "Das ist eine gute Idee von der FIA, [...] wir werden das machen."

In der Eifel hatte die Präsenz von Stroll am Donnerstag und Freitag im Fahrerlager glücklicherweise keine negativen Auswirkungen. "Alle Testergebnisse der Teammitglieder waren negativ. Als Lance herausgefunden hatte, dass er positiv war, hat er seine engen Kontakte sofort informiert."

Szafnauer revidiert Aussage: "Habe mich falsch ausgedrückt"

Diese Personen, zwei in Großbritannien und eine in Portugal, haben sich laut dem Teamchef ebenfalls in Selbstisolation begeben. "Er hatte keinen engen Kontakt mit einem Teammitglied."

Allerdings bleibt fraglich, wie groß das Risiko für die Mitarbeiter des Teams und das Fahrerlager insgesamt war. Schließlich wollte das Team weder die Mitarbeiter noch Stroll sofort auf dem Nürburgring testen. Szfanauer lässt auch diesen Punkt nicht gelten.

Er betont indes, wie ernst er die Situation nimmt. "Ich habe mir Berater geholt, die mir geholfen und erklärt haben, was andere Unternehmen unserer Größe machen." Außerdem seien nach Russland keine positiven Fälle bei Racing Point aufgetreten. "Wir testen so viel, mehr als alle anderen Unternehmen auf diesem Planeten!"

Selbst seine eigenen Aussagen versucht der Teamchef in Portugal zu revidieren. Noch in der Eifel sprach er von "grippeähnlichen Symptomen", die Stroll aufgewiesen habe. Der Kanadier klagte über Müdigkeit und Durchfall, zwei Symptome des Coronavirus, die von der Weltgesundheitsorganisation angeführt werden.

"Er hatte keine COVID-Symptome! Er hatte dieselben Symptome wie schon in Russland und danach wurde er zweimal negativ getestet. Wenn ich tatsächlich [von 'grippeähnlichen Symptomen gesprochen habe], dann habe ich mich falsch ausgedrückt."

Szafnauer verwendet im Nachhinein lieber das Wort "Magenverstimmung". Die Beschwerden seien außerdem ständig aufgetreten. "Was Lance gemacht hat, er hat seinen Doktor angerufen", schildert er. Schon in einem Statement am Mittwoch, in dem das Team auf die Bekanntgabe von Stroll reagierte, wurde jener Arzt erwähnt.

 

Der Mediziner sei von Stroll am Samstag auf dem Nürburgring per Telefon zu Rate gezogen worden. Es handelte sich dabei um seinen privaten Hausarzt, der sich zu jenem Zeitpunkt in der Schweiz befand. "Sie haben telefoniert und es war derselbe Arzt, den Lance schon nach Russland aufsuchte."

Aufgrund der Ferndiagnose des Arztes, der keinen weiteren Test für sinnvoll erachtete, da er die Symptome nicht dem Coronavirus zuschrieb, meldete Racing Point der FIA die Anzeichen nicht unverzüglich - wie eigentlich im Verhaltenskodex vorgesehen.

Warum wurde kein Arzt im Fahrerlager konsultiert? "Es gibt für alle Teams zusammen Formula Medicine. Allerdings haben die Strolls zu Recht oder Unrecht ihre eigenen privaten Ärzte. Die Leute von Formula Medicine kümmern sich hauptsächlich um die anderen Teammitglieder."

Arzt stellte Ferndiagnose via Telefon

Trotz der Expertise seines Arztes begab sich Stroll in Isolation. "Der Arzt meinte, dass die Symptome nicht auf COVID hindeuten. Er hat sich dennoch nicht dazu imstande gefühlt, ins Paddock zu kommen. Ich persönlich habe noch mit ihm telefoniert und wollte, dass er am Samstag fährt", verrät Szafnauer.

Schließlich blieb es dabei, Stroll zog seine Teilnahme zurück und Nico Hülkenberg sprang kurzfristig im Qualifying für den Kanadier ein. Der Deutsche fuhr auch das Rennen, während der Kanadier heimflog und dort die böse Überraschung wartete.

"Im Nachhinein hätten wir ihn vielleicht testen sollen. Aber nach unserem Informationsstand zu jenem Zeitpunkt war es nicht nötig. Es kam mir nicht einmal in den Sinn, dass er einen Test machen sollte. Der Test am Sonntag [nach seiner Ankunft] war schon lange davor geplant gewesen", schildert der Teamchef.

Einige Fragen bleiben ungeklärt: Wie konnte Strolls Test am Dienstag vor dem Nürburgring-Wochenende negativ ausfallen? Wo hat er sich in der Zwischenzeit angesteckt? Und waren seine Testergebnisse falsch negativ oder positiv? "Wir machen PCR-Tests in der Nase, die sind am zuverlässigsten."

Lance Stroll

Lance Stroll wird in Portimao wahrscheinlich wieder fahren

Foto: Motorsport Images

Stroll wurde im konkreten Fall am Dienstag vor seiner Einheit im Simulator in der Fabrik getestet. "Er fährt dann meist Dienstag oder Mittwoch im Simulator, danach erhalten wir am nächsten Tag das Ergebnis und Lance fliegt zum nächsten Rennen."

Diese Tests seien sehr akkurat, betont Szafnauer und erklärt: "Sowohl die Sensitivität als auch die Spezifität sind gleich [hoch]." Die Sensitivität gibt an, wie häufig der Test bei Vorliegen einer bestimmten Krankheit positiv ist. Die Spezifität hingegen, wie häufig der Test bei gesunden Personen negativ ist.

"Wenn man sagt, er ist falsch negativ gewesen, dann könnte man auch sagen, der Test am Sonntag könnte falsch positiv gewesen sein, oder? Ich weiß es nicht. Aber ich schätze, die Wahrscheinlichkeit für solche falschen Tests ist sehr gering."

Welche Lehren kann die Formel 1, kann Racing Point, nun aus dieser Kontroverse ziehen? "Jemand hat mich gefragt, was wir jetzt anders machen werden. Und meine erste Reaktion war: Wir machen schon sehr viel." Er werde sich nun an die neuen strengeren Vorgaben der FIA halten, betont er außerdem.

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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