Warum der Ferrari F92A in der Formel 1 1992 wirklich floppte
Warum Ferrari in der Formel-1-Saison 1992 mit dem Modell F92A überhaupt nicht in Fahrt kam, aber die wahren Ursachen verheimlichte
"Ferrari hat schon immer in seinem Motoren-Mythos gelebt", sagt Formel-1-Designer Jean-Claude Migeot. Er war zu Beginn der 1990er-Jahre in die Entwicklung eines nur wenig erfolgreichen Grand-Prix-Rennwagens involviert, dessen wahre Schwächen lange Zeit verheimlicht wurden. Die Rede ist vom Ferrari F92A aus der Saison 1992.
In der Tat ging dieses Formel-1-Jahr als eines der schlechtesten überhaupt in die Historie des italienischen Traditionsteams ein: Jean Alesi und Ivan Capelli (später ersetzt durch Nicola Larini) brachten es gerade mal auf 21 WM-Punkte und nur zwei Podestplätze (mehr dazu in der Formel-1-Datenbank!). Von den hohen Ferrari-Ansprüchen war man also meilenweit entfernt - aber warum eigentlich?
Als Sündenbock wurde schon früh die besondere Aerodynamik des Fahrzeugs ausgemacht. Denn Migeot und seine Mitstreiter hatten den F92A mit einem doppelten Unterboden versehen. Diese Bauweise, so die offizielle Ferrari-Version der Ereignisse, habe das Auto in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt.
Alesi und Migeot klären auf
Das wollen Alesi und Migeot so aber nicht stehen lassen. In Gesprächen mit 'Motorsport-Total.com' erklären die früheren Ferrari-Mitarbeiter, dass die Probleme des F92A aus der Saison 1992 ganz woanders lagen, nicht am Chassis, sondern vielmehr im V12-Motor der Scuderia.
Ferrari F92A
Foto: Ercole Colombo
Ferrari F92A
Foto: Giorgio Piola
Ferrari F92A
Foto: Giorgio Piola
Ferrari F92A
Foto: Giorgio Piola
Ferrari F92A
Foto: Giorgio Piola
Ferrari F92A
Foto: Giorgio Piola
Ferrari F92A
Foto: Giorgio Piola
Ferrari F92AT
Foto: Giorgio Piola
Ferrari F92A
Foto: Giorgio Piola
Alesi meint rückblickend: "In der Verbrennungskammer des Motors traten Öllecks bei den Kolbenringen auf. Dadurch verloren wir 40, 50 PS. In guter, alter Ferrari-Tradition aber durfte man nicht sagen, dass der V12 schuld war. Man schob es also auf das Auto. Und das ist schade, weil das Konzept interessant war."
In der Tat: Ferrari ging mit dem F92A bewusst einen ganz anderen Weg als die Formel-1-Konkurrenz. Designer Migeot bezeichnet das Fahrzeug als "sehr innovativ".
Beim Direktvergleich wird alles klar
Auch er macht den Motor für das schwache Abschneiden verantwortlich: "Wir mussten einen extra Öltank verwenden, nur um das Rennen mit genug Schmiermitteln beenden zu können."
Die wahren Probleme des F92A seien spätestens zur Saisonmitte 1992 klar geworden. Nachdem Ferrari-Kundenteam BMS Scuderia Italia mit dem Vorjahresmotor höhere Topspeeds erreicht hatte, führte Ferrari mit Alesi einen Direktvergleich durch: Der F92A erhielt bei Testfahrten ebenfalls den Vorjahresmotor - und war sofort deutlich schneller.
Die Teamführung war trotzdem nicht überzeugt und verschlimmbesserte den F92A laut Migeot, ohne die eigentlichen Probleme zu lösen. So verbaute Ferrari das Getriebe quer statt längs ein, "was dann aber den Luftstrom [am Heck des Fahrzeugs] ruinierte", sagt Migeot. "Kurzum: Wir wurden immer langsamer."
Warum Ferrari bei seiner Version blieb
Als einer der Aerodynamik-Verantwortlichen habe er die verbalen Prügel dafür bezogen. "Dabei hatte der F92A doch einen sehr langen, flachen Unterboden, der viel Anpressdruck generierte. Wir hätten das Konzept nur noch weiter entwickeln müssen."
1950: Ferrari 125
Foto: LAT Images
1950-1951: Ferrari 375
Foto: Ferrari Media Center
1952-1953: Ferrari 500
Foto: LAT Images
1953-1954: Ferrari 553 Squalo
Foto: LAT Images
1954-1955: Ferrari 625
Foto: LAT Images
1955-1956: Ferrari 555 Supersqualo
Foto: LAT Images
1956-1957: Lancia-Ferrari D50
Foto: LAT Images
1957: Lancia-Ferrari 801
Foto: LAT Images
1958-1960: Ferrari 246
Foto: LAT Images
1960: Ferrari 246P
Foto: LAT Images
1961-1962: Ferrari 156
Foto: Sutton Images
1963: Ferrari 156/63
Foto: LAT Images
1964-1965: Ferrari 158
Foto: LAT Images
1964-1965: Ferrari 1512
Foto: LAT Images
1966: Ferrari 246/66
Foto: LAT Images
1966-1967: Ferrari 312
Foto: LAT Images
1967-1968: Ferrari 312/67
Foto: LAT Images
1968-1969: Ferrari 312/68
Foto: LAT Images
1969: Ferrari 312/69
Foto: LAT Images
1969-1971: Ferrari 312B
Foto: LAT Images
1971-1973: Ferrari 312B/2
Foto: Lucien Harmegnies
1973: Ferrari 312B3-73
Foto: LAT Images
1974-1975: Ferrari 312B3-74
Foto: LAT Images
1975-1976: Ferrari 312T
Foto: LAT Images
1976-1978: Ferrari 312T2
Foto: LAT Images
1978-1979: Ferrari 312T3
Foto: LAT Images
1979: Ferrari 312T4
Foto: LAT Images
1980: Ferrari 312T5
Foto: LAT Images
1981: Ferrari 126CK
Foto: Ercole Colombo
1982: Ferrari 126C2
Foto: LAT Images
1983: Ferrari 126C2B
Foto: Ercole Colombo
1983: Ferrari 126C3
Foto: LAT Images
1984: Ferrari 126C4
Foto: LAT Images
1985: Ferrari 156/85
Foto: LAT Images
1986: Ferrari 156/85
Foto: LAT Images
1987: Ferrari F1-87
Foto: LAT Images
1988: Ferrari F1-87/88C
Foto: LAT Images
1989: Ferrari 640
Foto: LAT Images
1990: Ferrari 641
Foto: Sutton Images
1991: Ferrari 642
Foto: LAT Images
1991: Ferrari 643
Foto: LAT Images
1992: Ferrari F92A
Foto: LAT Images
1992: Ferrari F92AT
Foto: LAT Images
1993: Ferrari F93A
Foto: LAT Images
1994: Ferrari 412T1
Foto: LAT Images
1994: Ferrari 412T1B
Foto: LAT Images
1995: Ferrari 412T2
Foto: LAT Images
1996: Ferrari F310
Foto: LAT Images
1997: Ferrari F310B
Foto: LAT Images
1998: Ferrari F300
Foto: LAT Images
1999: Ferrari F399
Foto: Sutton Images
2000: Ferrari F1-2000
Foto: LAT Images
2001-2002: Ferrari F2001
Foto: Ferrari Media Center
2002-2003: Ferrari F2002
Foto: LAT Images
2003: Ferrari F2003-GA
Foto: LAT Images
2004: Ferrari F2004
Foto: Bridgestone Corporation
2005: Ferrari F2005
Foto: LAT Images
2006: Ferrari 248F1
Foto: Charles Coates / Motorsport Images
2007: Ferrari F2007
Foto: Andrew Ferraro / Motorsport Images
2008: Ferrari F2008
Foto: Andrew Ferraro / Motorsport Images
2009: Ferrari F60
Foto: Glenn Dunbar / Motorsport Images
2010: Ferrari F10
Foto: Andrew Ferraro / Motorsport Images
2011: Ferrari F150
Foto: Ferrari Media Center
2012: Ferrari F2012
Foto: Charles Coates / Motorsport Images
2013: Ferrari F138
Foto: Alastair Staley / Motorsport Images
2014: Ferrari F14 T
Foto: Rainier Ehrhardt
2015: Ferrari SF-15T
Foto: Alastair Staley / Motorsport Images
2016: Ferrari SF16-H
Foto: Pirelli
2017: Ferrari SF70H
Foto: Sutton Images
2018: Ferrari SF71H
Foto: Andy Hone / Motorsport Images
2019: Ferrari SF90
Foto: Zak Mauger / Motorsport Images
2020: Ferrari SF1000
Das ist aber nicht passiert. Einerseits, weil sich Ferrari den wahren Fehler nicht eingestehen wollte. Oder wie es Migeot ausdrückt: "Den V12 zu kritisieren, das wäre gewesen, wie in der Kirche zu fluchen."
"Es war offensichtlich, dass der Motor der große Hemmschuh des F92A war. Trotzdem schob man die Schuld auf die Aerodynamik."
Das besondere Autodesign
Was genau das Geheimnis dieser speziellen Aerodynamik war? Ferrari installierte einen zweiten Unterboden etwa 15 Zentimeter über der eigentlichen Grundplatte und leitete die Luft während der Fahrt genau dazwischen durch, hin zum Heckdiffusor.
Hinzu kam erstmals bei Ferrari auch eine leicht angehobene Fahrzeugnase, die den Luftstrom unter dem Auto optimierte.
Dass dieser Weg so falsch nicht gewesen sein konnte, ließ sich in den Folgejahren jedoch nicht verifizieren: Für 1993 verbot der Automobil-Weltverband den doppelten Unterboden. Später feierte das Design ein Comeback: Toro Rosso setzte 2011 beim STR6 ein ähnliches Konzept ein - übrigens ebenfalls mit Ferrari-Motor und ebenfalls ohne großen Erfolg.
Weiterer Co-Autor: F. Nugnes, M. Somerfield. Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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