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Historie

Warum ein zweites Japan-Rennen in der Formel 1 zum Reinfall wurde

In den 90er-Jahren versuchten mit Autopolis und Aida zwei japanische Strecken Suzuka Konkurrenz zu machen - Doch daraus wurde nicht viel ...

Japan stieß 1994 zu einem exklusiven Club in der Formel 1: nämlich der Länder mit zwei Grands Prix in einer Saison. Der allgemein betitelte Pazifik-GP wurde am 17. April auf einer abgelegenen Anlage nahe Aida abgehalten - vor Zuschauern, die mit einer Horde Busse an die Strecke gekarrt wurden.

In seinem zweiten Rennen für Williams holte sich Ayrton Senna die Pole, landete aber noch in der ersten Kurve im Kiesbett, sodass die Tür für Michael Schumacher offen war, der den Sieg für Benetton holen konnte.

Es war das erste Rennen in einem Fünfjahresvertrag, doch nach nur einem weiteren Event 1995 flog es aus dem Kalender.

Aida, oder TI Circuit wie es offiziell hieß, bleibt einer der ungewöhnlichsten Austragungsorte, der je von Bernie Ecclestone ausgewählt wurde. Und trotzdem ist er aus diversen Gründen von Bedeutung: Mit seinem Scheitern begann der Abfall der japanischen Liebe zum Motorsport. Und gleichzeitig war es der Startpunkt der Formel 1, breiter in den asiatischen Markt einzutauchen.

Vom Wirtschaftsboom zum Motorsport

Der TI wurde im Zuge der blühenden "Bubble-Economy" Japans in den späten Achtzigern erbaut. Der Erfolg von Honda in der Formel 1 rückte den Fokus auf den Motorsport, wodurch Unternehmen und reiche Einzelpersonen ermuntert wurden, Geld in den Rennsport zu stecken. Leyton House war wohl die sichtbarste Form in Europa, doch auch andere Formel-1-Teams besaßen Investoren und Sponsoren aus Japan.

Die nationale Szene blühte ebenfalls auf: Es gab gesunde Meisterschaften der Formel 3000, Gruppe C, Gruppe A und Formel 3, und alle von ihnen zogen europäische Fahrer an, denen Gehälter gezahlt wurden, von denen sie zuhause nur träumen konnten.

Seit den 1960ern hatte sich die Rennsportszene auf Suzuka und Fuji konzentriert. Beide sahen etwas abgetakelt aus, auch wenn erstere für das erste Formel-1-Rennen 1987 zurechtgemacht wurde. Strecken in der zweiten Reihe waren Sugo, Mine (bis zu einem Umbau als Nishi-Nihon bekannt) und Tsukuba.

Angesichts der Geldmengen und dem Bauboom war es keine Überraschung, dass neue Rennstrecken als machbare Projekte angesehen wurden. Zwei rivalisierende Projekte traten dabei zeitgleich auf: Autopolis und der TI Circuit. Beide waren hochmodern und wollten internationale Events wie die Formel 1 anlocken.

Ihr Problem: Beide wurden in ländlichen Berggegenden errichtet, wodurch die Erreichbarkeit immer ein Thema sein würde.

Autopolis mit großen Ambitionen

Autopolis erreichte die Startlinie als erstes. Die Strecke war ein geistiges Produkt von Immobilienentwickler Tomonori Tsuramaki, der sich einen Ort in der Region Fukuoka im Südwesten des Landes ausgesucht hatte - nicht so weit von Tokio entfernt wie möglich, aber fast.

Die Wahl des futuristischen Namens zeigte die Ambitionen, die er für die Strecke hatte. Und er promotete sie sogar über ein Sponsoring beim Benetton-Team.

David Brabham

Autopolis liegt in Sachen Infrastruktur nicht gerade günstig

Foto: Motorsport Images

Auf einem Berg gelegen kam Autopolis eher wie ein Versteck eines James-Bond-Bösewichtes daher. Geld schien für Tsuramaki keine Rolle zu spielen: Er gab Millionen für Kunstgegenstände aus, die er am Austragungsort ausstellen wollte. 1989 erlangte er weltweite Bekanntheit, als er einen Picasso für 51,6 Millionen US-Dollar erwarb.

1991 richtete die Strecke das Finale der Sportwagen-Weltmeisterschaft aus, was im Grunde ein Test ihrer Tauglichkeit darstellen sollte. Nebel machte eine Austragung am Samstag unmöglich, doch als das Rennen schließlich abgehalten wurde, wurde es vom Mercedes von Michael Schumacher und Karl Wendlinger gewonnen. Abgesehen vom Wetter lief der Event glatt - wenn auch mit wenig Zuschauern.

Tsurumaki holte Bernie Ecclestone für ein Formel-1-Rennen erfolgreich ins Boot, und für 1993 tauchte der Große Preis von Asien im provisorischen Kalender auf.

Bernie Ecclestone

Tomonori Tsuramaki überzeugte Bernie Ecclestone, nach Autopolis zu kommen

Foto: Motorsport Images

Zu diesem Zeitpunkt war die japanische Wirtschaftsblase jedoch schon geplatzt. Die Finanzen von Tsurumaki lösten sich auf und sein Autopolis-Projekt implodierte. Die Baufirma besaß am Ende die Strecke, und seine Kunstsammlung wurde beschlagnahmt.

Chance für Aida

Das verschaffte den Rivalen vom TI Circuit eine Chance in der Formel 1: Die Familie von Hajime Tanaka hatte ihr Geld im Bergbau gemacht, zudem besaß er ein Geschäft mit antiken Uhren und entwickelte Golfplätze - ein lukrativer Zweig in Japan.

Sein Interesse am Motorsport wurde bei einem Besuch der 24 Stunden von Le Mans 1986 geweckt. Daraufhin traf er sich mit Ecclestone und verkündete die Pläne für seinen Tanaka International Circuit und ein mögliches Formel-1-Rennen.

Da jedoch die Honda-Strecke Suzuka kurz davor war, den ersten Japan-Grand-Prix seit 1977 auszutragen, schienen die Chancen gering. Ein zweiter Event im Land war zu dieser Zeit wohl keine Option.

In den folgenden Jahren konnte sich Ecclestone für die Idee erwärmen, weil er um die möglichen Summen wusste. Autopolis hatte jedoch Priorität, sodass TI im Grunde auf der Reservebank saß.

Fernab der Zivilisation

In der Präfektur Okayama nahe der Stadt Aida gelegen, war TI nicht ganz so weit weg von Tokio wie Autopolis. Das gleiche Problem mit der Zugänglichkeit hatte man trotzdem. Von der nächsten großen Stadt, Osaka, brauchte man rund zwei Stunden mit dem Auto. Und auch von den Bahnhöfen oder den Städten mit angemessener Größe war es ein ganzes Stück. Die Straßen in Richtung Strecke waren zudem langsam und eng.

Die Strecke wurde 1990 mit einem historischen Sportwagen-Rennen eröffnet. Kurven wurden damals zu Ehren der teilnehmenden Fahrer benannt, also Moss, Redman, Hobbs, Piper oder Attwood.

Okayama

Mitten im Nirgendwo: Die Rennstrecke von Okayama

Foto: Motorsport Images

Die Organisation wurde wie einer von Tanakas Golfclubs geführt: Rund 300 Einzelpersonen oder Unternehmensangestellte zahlten 15 Millionen Yen (damals rund 90.000 Pfund), um beizutreten. Dadurch konnten sie die Anlage genießen und entweder in Tanakas altem Tyrrell oder in ihrem eigenen Oldtimer um die Strecke fahren. Diese konnten sie auch in Garagen an der Anlage parken.

Tanaka war seiner Zeit voraus. Ähnliche Konzepte wurden in der Folgezeit auch woanders ausgeführt. Ein Formel-1-Event stand weiter auf seiner Agenda, und als Autopolis scheiterte, öffnete sich Anfang 1993 eine Tür für ihn. Er kontaktierte sofort Ecclestone und unterschrieb im Juni nach einigen Treffen einen Fünfjahresvertrag.

Tanaka musste anschließend etwas komplizierte Bürokratie mit den japanischen Motorsportbehörden über sich ergehen lassen. Diese waren vom Konzept eines zweiten Rennens im Land überrascht, waren aber auch frustriert vom Scheitern Autopolis'.

Pazifik-Grand-Prix für 1994 bestätigt

Im Oktober bestätigte die FIA dann jedoch ein Rennen im April 1994, was das Rennen sechs Monate vom etablierten Event in Suzuka trennte. Durch den Namen Pazifik-Grand-Prix sollte es vom gescheiterten Asien-Grand-Prix unterschieden werden. Das gefiel auch Tanaka, für den es etwas gehobener klang und einen kalifornischen Touch besaß.

Ecclestone hatte damals ein gesteigertes Interesse am asiatischen Markt. Begonnen hatte man etwa bereits mit dem Bau einer Strecke in Zhuhai für einen Grand Prix in China, zudem sprach er mit Singapur und anderen Ländern in der Region.

Im Herbst 1993 war ich zum ersten Mal am TI zu Gast. Es war ein ruhiger Wochentag, doch zufällig fuhr Jonathan Palmer interessierte Käufer des McLaren F1 Straßenwagens um die Strecke. Und ich habe Tanaka in seinem Büro in Tokio getroffen, wo er seine Pläne verkündete.

Natürlich war die Zugänglichkeit ein Problem - jedoch weniger für die Fahrer und Team-VIPs. Diese bekamen einen Großteil der 200 Räume eines Kabinenkomplexes an der Strecke zugewiesen, nur einen kurzen Fußmarsch vom Fahrerlager entfernt.

Es war zwar nicht so gut ausgestattet wie das Streckenhotel in Suzuka und schon gar nicht wie die Fünf-Sterne-Anlage in Autopolis, aber es war besser als die lange und kurvenreiche Fahrt in umliegende Städte, die Mechaniker und Medienleute auf sich nehmen mussten.

Mit dem Bus an die Strecke

Beim TI kam man mit einem Plan, der Jahre später von Austin oder Paul Ricard aufgegriffen wurden, und holte die Zuschauer mit dem Bus. Japan Travel Bureau, bekannt als weltgrößte Reiseagentur, gehörte zu den Sponsoren des Rennens.

Zum Rennticket bekam man einen Platz in einem Bus von der Heimatstadt aus, vom Flughafen Okayama aus oder von einem Bahnhof nahe der Strecke aus. Man wollte bis zu 100.000 Tickets verkaufen und 2.000 Busse mieten - kein kleines Vorhaben.

Das Rennwochenende 1994 verlief ohne große Dramen. Die meisten Leute waren von den Boxen und den Paddock-Anlagen beeindruckt - wenn sie erst einmal über Flugzeug, Zug und Straßen an die Strecke gekommen waren. Der 3,7 Kilometer lange Kurs selbst war langsam und wenig beeindruckend - eine verpasste Möglichkeit quasi.

Nicola Larini, Ayrton Senna

1994: Ayrton Sennas Rennen endete schon in der ersten Kurve

Foto: Motorsport Images

Trotz der Meckereien über die Anfahrt stand die Strecke auch 1995 im Kalender. Im Januar gab es jedoch ein heftiges Erdbeben nahe Kobe, das mehr als 6.000 Menschenleben forderte. Die Strecke war zwar nicht direkt betroffen, jedoch entschieden die Behörden in Okayama, dass es nicht angemessen wäre, schon im April einen großen internationalen Sportevent abzuhalten.

Ecclestone fand ein neues Datum und schob das Rennen nur eine Woche vor Suzuka in den Oktober. Das brachte aber Probleme für die Zuschauer mit sich, die es nicht rechtfertigen konnten, zwei Events an aufeinanderfolgenden Wochenenden zu besuchen.

Wie 1994 verlief das Rennwochenende ohne Dramen und sah einen zweiten Sieg von Schumacher, der sich auch zum zweiten Mal zum Weltmeister krönte. An diesem Abend feierte er dies auch im Restaurant im Übernachtungskomplex an der Strecke.

Nach nur zwei Rennen ist Schluss

Da sie vor Suzuka noch ein paar Tage Zeit hatten, gingen viele Formel-1-Leute nach Tokio, wo Fuji TV eine Feier in einem großen Nachtclub abhielt. Alle Fahrer waren eingeladen und die meisten kamen auch. Was für eine Nacht ...

Zu diesem Zeitpunkt wussten wir nicht, dass das kurze Kapitel von Aida in der Formel 1 schon vorbei war. Das Rennen fehlte im Kalender für 1996 - trotz des fünfjährigen Vertrages. Die Zahlen stimmten für Tanaka nicht. Zudem sank das Interesse in Japan nach der Senna- und nach der Honda-Ära, sodass zwei Rennen nicht sinnvoll waren.

Michael Schumacher

1995: Michael Schumacher feiert in Aida seinen zweiten WM-Titel

Foto: Motorsport Images

In Wahrheit hat es auch niemand vermisst. Wäre die Strecke wie Spa oder Suzuka gewesen, dann wäre es die logistischen Schwierigkeiten vielleicht wert gewesen. Aber trotz der malerischen Location war es zu eng und zu langsam, um eine Herausforderung zu bieten.

Tanakas Business brach 2003 zusammen, doch die Strecke überlebte unter neuer Leitung und einem neuen Namen, nämlich dem der lokalen Präfektur Okayama. Mit den Jahren ist die Strecke in der Heimat eher verwurzelt als zu Formel-1-Zeiten und hält unter anderem Rennen in der Super GT und der Super Formula ab. 2008 bis 2010 war man durch die WTCC wieder im internationalen Fokus, bevor man nach Suzuka ging.

Nach dem Verlust des Pazifik-Grand-Prix wollte Ecclestone weitere Rennen in Asien. Aus Zhuhai wurde nichts, doch Malaysia zeigte ab 1999, zu was man in der Lage sein kann, wenn man Geld von der Regierung bekommt und Hermann Tilke die Strecke designt. Es war der Beginn einer neuen Ära der Expansion.

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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