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Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Mattia Binotto wirkt nicht beunruhigt, dabei sollte er es sein: Ferrari hat vielleicht das schnellste Auto der Formel 1 2019, gewinnt damit aber keine Rennen

Mattia Binotto, Team Principal Ferrari

Mattia Binotto, Team Principal Ferrari

Andy Hone / Motorsport Images

Liebe Leser,

Mattia Binotto (ja, schon wieder ...) sah am Sonntagabend in Baku nicht so aus, als würde er schlecht schlafen. Der gebürtige Schweizer wirkte nach dem vierten Mercedes-Doppelsieg im vierten Rennen der Saison so, wie man ihn kennt: gelassen, sachlich, fast ein bisschen charmant.

Ich wage zu behaupten: Hätte Ferrari und nicht Mercedes die ersten vier Rennen gewonnen, würde er auch nicht anders dreinschauen.

Diese Souveränität, die Binotto mit seinem Auftreten ausstrahlt, lässt seine Scuderia bisher schmerzlich vermissen. Nach den Wintertests in Barcelona waren sich die meisten Experten einig - ich habe dem übrigens stets widersprochen -, dass der neue Ferrari das schnellste Auto der Formel-1-Generation 2019 ist.

Vier Mercedes-Doppelsiege sind ein gutes Gegenargument.

Zur Schwesterkolumne:

Der Blick auf den WM-Stand sorgt in Maranello noch nicht für Panik, aber doch für eine leichte Angespanntheit. Bei den Fahrern hat Sebastian Vettel 35 und Charles Leclerc 40 Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Valtteri Bottas, und bei den Konstrukteuren sind es schon 74 Zähler Rückstand auf Mercedes.

Zum Vergleich: 2018 hatte Vettel nach vier Rennen nur vier Punkte Rückstand auf Hamilton, und in der Konstrukteurswertung lag Ferrari sogar sieben Zähler vor den Silberpfeilen. Am Ende war der WM-Kampf eine klare Angelegenheit.

 

Der SF90 ist sicher einer der schnelleren Ferraris in der Geschichte der Formel 1. Barcelona war keine Fata Morgana. Aber in den ersten vier Saisonrennen 2019 war nicht der Mercedes eine Diva, sondern der Ferrari. Und die Diva singt nur, wenn die Reifen im richtigen Temperaturfenster sind.

Ob das der einzige Grund für die teilweise dramatischen Formschwankungen zwischen den beiden Topteams ist, ist (noch) schwer einzuschätzen. Baku war dafür ein gutes Beispiel: Eineinhalb Sekunden fehlten Mercedes im dritten Freien Training. In Q3, als der Asphalt um zehn Grad kühler war, fuhr der F1 W10 EQ Power+ (der seinem Namen voll gerecht wird) souverän auf Pole.

Fest steht inzwischen: Ferrari und Mercedes gehen 2019 bisher unterschiedlich an die Rennwochenenden heran. Während Ferrari schon früher am Wochenende Tempo macht, dreht Mercedes erst dann richtig auf, wenn es unbedingt sein muss.

Das war wohl schon in Barcelona so. Auch dort fuhren Lewis Hamilton und Valtteri Bottas die überragenden Longruns, die die Ingenieure beruhigten, erst an den letzten beiden Tagen.

Helmut Marko hat nach Melbourne die Theorie geäußert, dass Ferrari wegen Problemen mit der Kühlung schaumgebremst gefahren sein könnte. Daher habe Mercedes überlegener gewirkt, als das eigentlich der Fall war.

Diese Theorie wurde inzwischen glaubwürdig dementiert.

Aber dass im Ferrari das größere Potenzial schlummert als im Mercedes, Ferrari jedoch in Sachen Zuverlässigkeit viel mehr Risiko gehen muss, wenn 100 Prozent Performance abgerufen werden sollen, dafür gibt es Indizien.

Etwa, dass Mercedes sowohl am Freitagnachmittag, wenn Longruns geübt werden, als auch im Rennen in der Regel konstanter ist.

Auch das habe ich schon in Barcelona beobachtet: Vettel und besonders Leclerc fuhren sensationelle Rundenzeiten am Beginn ihrer Stints. Aber je länger diese dauerten, desto schneller wurde in Relation dazu der Mercedes.

 

Es heißt, dass es leichter ist, ein schnelles Auto zuverlässig zu machen als ein langsames Auto schnell. Mag sein. Aber ein Selbstläufer ist auch Ersteres nicht. Zumal Ferrari schon zu lange herumtüftelt, ohne auf einen grünen Zweig zu kommen.

In Bahrain und China war der Ferrari-Topspeed atemberaubend, die Geschwindigkeit besonders in den langsamen Kurven aber weniger. In Aserbaidschan war von einem Topspeed-Wunder nicht mehr viel zu sehen. Und trotzdem gewann am Ende wieder Mercedes.

Dass Traktion eine Stärke der Silberpfeile ist, war übrigens nicht immer so. In Spa 2018 haben die Ingenieure, so heißt es, eine wichtige Erkenntnis gelernt. Die führte zu den berühmten "gelochten" Felgen, die im WM-Finish 2018 von Mercedes in ihrer Bedeutung heruntergespielt wurden.

Fest steht aber: Für das Temperaturmanagement in den Reifen war diese Innovation ein Durchbruch, und das Temperaturmanagement ist der Faktor, der bisher die WM 2019 bestimmt.

Neben den operativen Auftritten der beiden Teams. Während Mercedes alte Nachlässigkeiten abgestellt hat und bisher absolut makellos agiert, stolpert Ferrari von einem Fehler in den nächsten. Entweder passiert Vettel was - oder dem Team.

In Baku, so wurde nach dem Rennen bekannt, musste Vettel am Ende Benzin sparen, obwohl das Rennen phasenweise VSC-neutralisiert war. Hätte Max Verstappen nicht mit stumpfen Waffen gekämpft, hätte ihn das das Podium kosten können.

 

Leclerc, auch nicht viel besser, warf die auf dem Silbertablett auf ihn wartende Pole mit einem Crash weg, den er selbst als "dumm" bezeichnete.

Tags darauf, im Rennen, war er nur solange der "schnellste Mann im Rennen" (Toto Wolff), bis ihn Ferrari mit einem zu langen ersten Stint verhungern ließ. Die Entscheidung, auf Medium-Reifen zu starten, entpuppte sich als Griff ins Klo.

Und dann kommt auf Binotto noch ein ganz anderes Problem zu: In mindestens zwei der vier bisherigen Rennen hatte man den Eindruck, dass Leclerc eigentlich der schnellere Ferrari-Pilot ist. In den anderen beiden war er auf Augenhöhe. Aber Leclerc ist bekanntlich nur die Nummer 2 bei Ferrari.

Ich wünsche Binotto, dass Leclerc am Ende der WM nicht genau die Punkte fehlen, die er wegen der Stallregie bereits verloren hat. Denn dass Ferrari Weltmeister werden kann, daran besteht für mich immer noch kein Zweifel.

Auch wenn die Mission in Baku nicht einfacher geworden ist.

Christian Nimmervoll

P.S.: "Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat" fand jahrelang jeden Montag auf unseren Portalen Formel1.de und Motorsport-Total.com statt. 2019 ist sie umgezogen zu de.motorsport.com. Auf unseren Schwesterportalen erfahren Sie stattdessen, "Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat". Das war diesmal, so befindet zumindest mein Kollege Ruben Zimmermann, Toto Wolff.

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