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Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Schon wieder Sebastian Vettel: Nach der Kollision mit Max Verstappen in Silverstone ist der WM-Titel endgültig futsch und die Kritiker des Heppenheimers bekommen Rückenwind

Sebastian Vettel, Ferrari SF90 running into the back of Max Verstappen, Red Bull Racing RB15

Sebastian Vettel, Ferrari SF90 running into the back of Max Verstappen, Red Bull Racing RB15

Hasan Bratic / Motorsport Images

Liebe Leserinnen und Leser,

wow, was war das für ein Rennen! Es fällt mir schwer, nach diesem atemberaubenden Grand Prix über die Verlierer des Wochenendes zu schreiben. Weil es vor allem Gewinner gibt: die Formel 1 als Sport, die Zuschauer, die Organisatoren eines berauschenden Volksfests mit 141.000 Fans in Silverstone.

Gestern Abend sprachen wir die Themen für unsere heutigen Kolumnen kurz durch. Wie mein Kollege Ruben Zimmermann den Schwesterbeitrag "Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat" anlegt, war uns relativ schnell klar. Aber "am schlechtesten"? Knifflig.

Weil es zwei "obvious Choices" gibt, und wir beide schon einmal thematisiert haben in dieser Saison.

Erstens: Günther Steiner, respektive das Haas-Team.

Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Bei William Storey, dem CEO von (Ex-?)Sponsor Rich Energy, der offenbar das gleiche Zeug geraucht hat wie Gandalf aus "Herr der Ringe". Das würde übrigens auch den Bartwuchs erklären.

 

Oder bei Romain Grosjean, der sein Cockpit am Saisonende sehr wahrscheinlich verlieren wird. An wen, das steht noch nicht fest. Sergio Perez hat sich, so hören wir, bereits beworben. Er möchte weg von Force India, weil ihm das neue Regime der Strolls nicht geheuer ist. Esteban Ocon, heißt es, könnte seinen Platz einnehmen.

Oder bei Steiner selbst, der zwar mit strenger Hand führt, aber es trotzdem irgendwie nicht schafft, seine heißspornigen Fahrer in den Griff zu bekommen. Ob das jetzt sein Fehler ist oder nicht, sei dahingestellt. Letztendlich ist immer der Teamchef verantwortlich, wissen wir seit Zak Brown: "The buck stops with me."

Aber der Posse um das Haas-Team möchte ich nicht allzu viel Aufmerksamkeit schenken. Das haben sich weder Storey noch Steiner verdient. Der eine, weil er es nicht wert ist, unsere Kolumne damit zu füllen. Der andere, weil wir die ganze Story vermutlich ohnehin im Winter auf Netflix sehen werden.

(Wieder) Verlierer des Wochenendes: Sebastian Vettel

Zweitens: Sebastian Vettel.

Was mir insgeheim leid tut, weil ich ein bekennender Vettel-Fan bin (wenn man nach 20 Jahren im Job noch Fan von jemandem sein kann).

Ich mag, dass er sich nicht auf Social Media inszeniert wie manche seiner Kollegen, ich mag seine Art zu leben, wie er sein Privatleben schützt, ich mag seinen trockenen Humor und halte ihn für einen der begnadetsten Formel-1-Fahrer der vergangenen zehn Jahre. Kurzum: Einer, mit dem ich jederzeit gern auf ein Glas Wein gehen würde.

Aber aktuell läuft's halt nicht. Und so ist Vettel jetzt mit seiner inzwischen dritten "Letzte-Nacht"-Kolumne der Saison einsamer Spitzenreiter. Übrigens vor seinem Chef Mattia Binotto, dem wir diese zweifelhafte Ehre bisher zweimal zuteilwerden ließen.

Über die aktuelle Saison muss man nicht viel schreiben - die Fakten schreiben sich selbst: Die WM ist mit 100 Punkten Rückstand auf Nemesis Lewis Hamilton gelaufen, Charles Leclerc läuft ihm teamintern zunehmend den Rang ab (nur noch 123:120 Punkte und 6:4 Qualifyings) und aus dem Ferrari wird und wird kein Siegerauto.

 

Ganz im Gegenteil: Während Mercedes in Silverstone bewiesen hat, dass Spielberg nur ein Ausrutscher war, mausert sich zunehmend das Ein-Mann-Team Max Verstappen - pardon, Red Bull - zur zweiten Kraft in der Formel 1.

Und nicht nur das: Der Ferrari ist nicht nur als Auto zu langsam, sondern es passieren auch unvermindert operative und taktische Fehler. Dass der Soft nicht der richtige Reifen für den Start sein würde, wussten alle anderen schon am Samstag. Ferrari nicht. Und dass Leclerc mitten in der Safety-Car-Phase reingeholt wurde und nicht gleich an deren Beginn, muss man fast schon als "Brain-Fade" des Chefstrategen bezeichnen.

Vettel, so dachte ich, hat seine Fehler 2018, über die ich in dieser Kolumne mannigfaltig geschrieben habe, vor allem unter Druck gemacht. Der Crash mit Verstappen in Silverstone war kein Ruhmesblatt. Aber unter Druck stand er eigentlich nicht. In der WM geht's schon länger um nichts mehr, und seine Zukunft bei Ferrari steht dank Vertrag für 2020 nicht in Frage. Zumindest wenn er bleiben möchte.

Aber das Vertrauen der Italiener in Vettel bröckelt. Die volle Rückendeckung, so wie damals von Helmut Marko bei Red Bull, hatte der Heppenheimer in Maranello ohnehin noch nie. Maurizio Arrivabene war ein flamboyanter Charakter, aber er hat es nicht geschafft, Vettel ein Gefühl von hundertprozentigem Zusammenhalt zu vermitteln.

Genau das braucht dieser aber, um Höchstleistungen abzuliefern. Und wenn er Höchstleistungen abliefert, dann kann Vettel immer noch genauso gut Autofahren wie die Hamiltons und Verstappens dieser Welt.

Momentan, so ehrlich müssen wir sein, tut er das nicht.

Den Kritikern gehen die Argumente nicht aus ...

Und das wird langsam zum Makel an seiner sonst lupenreinen Karriere. 2008 schlug er auf Toro Rosso mit dem "Wunder von Monza" wie eine Granate in der Formel 1 ein. 2009 begann er auf Red Bull zu siegen, und von 2010 bis 2013 holte er sich vier WM-Titel hintereinander ab. Fast so wie damals in der Formel BMW, als er 2004 18 von 20 Rennen gewann. Das ist bis heute unerreicht.

2014 kam dann Daniel Ricciardo, und der einst überlegene Red Bull war in der neuen Hybrid-Ära der Formel 1 nicht mehr das Maß aller Dinge. Vettel begann zu verlieren, und anstatt sich der Konfrontation mit Ricciardo zu stellen, flüchtete er zu Ferrari.

Nicht, das ist wichtig, weil er davonlaufen wollte - sondern weil er die einmalige Chance hatte, sich den Traum von der Scuderia zu erfüllen.

 

Jetzt läuft's wieder nicht, und wieder macht ihm ein junger Teamkollege das Leben schwer. Leclerc hat ein bisschen gebraucht, bis er voll auf Touren kam, so wie schon 2018 bei Sauber. Aber seit Spielberg schlägt das Pendel doch in seine Richtung aus, wenn man die Performance aufs ganze Wochenende betrachtet.

Vettel könnte jetzt sagen, er tut sich das nicht mehr an und schmeißt hin. Hängt den Helm an den Nagel, kümmert sich um seine Ehefrau Hanna und seine beiden Kids. Er würde das mit dem Vater sein sicher toll hinkriegen.

Er könnte auch zu Red Bull zurückkehren - aber nur dann, wenn Max Verstappen zu Mercedes wechselt. Das ist zuletzt nicht wahrscheinlicher geworden. Für Verstappen und Vettel, da sind sich alle Beobachter einig, wird bei Red Bull kein Platz sein.

Aber ich hoffe, dass Vettel nicht wieder davonläuft, ganz egal aus welchen Gründen. Sondern dass er sich durchbeißt, Ferrari wieder zum Siegerteam mitgestaltet und sich der Herausforderung Leclerc stellt. Er kann das, und er kann auch noch einmal Weltmeister werden.

Dann wäre er nämlich wirklich einer der ganz Großen in der Geschichte der Formel 1. Und niemand könnte ihm mehr vorwerfen, dass ihm seine Titel auf dem Silbertablett serviert wurden, oder der Weg dahin zumindest weniger steinig war als bei so manch anderem Weltmeister.

Das würde vielleicht für vier davon gelten. Aber nicht für den fünften.

Christian Nimmervoll

P.S.: "Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat" fand jahrelang jeden Montag auf unseren Portalen Formel1.de und Motorsport-Total.com statt. 2019 ist sie umgezogen zu de.motorsport.com. Auf unseren Schwesterportalen erfahren Sie stattdessen, "Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat".

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