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Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Sich den Anweisungen des Teams einfach zu widersetzen, geht gar nicht - und wäre unter alter Ferrari-Führung ein echtes Problem für Sebastian Vettel

Marshals move the car of Sebastian Vettel, Ferrari SF90, off the circuit

Foto: Mark Sutton / Motorsport Images

Liebe Leser,

es tut mir innerlich weh, mich in unserer Montags-Kolumne immer und immer wieder mit Ferrari und insbesondere Sebastian Vettel auseinandersetzen zu müssen (zum insgesamt bereits siebten Mal 2019!). Aber so sehr ich ihn auch verteidigen möchte, das wird einem 2019 nicht gerade leicht gemacht.

Fangen wir beim Positiven an: Ferrari hat es inzwischen verstanden, konstant die besten Starts der Formel 1 abzuliefern. Besonders wenn ab 100 km/h das Hybridsystem zündet und die Antriebe die "zweite Luft" bekommen, ziehen die roten Flitzer normalerweise weg wie eine Rakete.

Die Absprache, dass Charles Leclerc Vettel im Windschatten bis zur zweiten Kurve zieht, selbst wenn ihn das die Führung kosten sollte, war auch sinnvoll. Hätte Leclerc Vettel nämlich gezogen, dann aber beim Anbremsen verteidigt, wäre am Ende womöglich Lewis Hamilton der lachende Dritte gewesen.

Doch was dann passierte, war nicht mehr choreografiert.

Vettel wurde, ganz so, wie man es vor dem Rennen offenbar vereinbart hatte, gebeten, Leclerc den Platz zurückzugeben - widersetzte sich aber. Mehrfach. Seine Argumentation: Lasst uns erst noch zwei Runden Vorsprung vergrößern, lasst uns Hamilton weiter abschütteln.

Tatsache ist: Der Platztausch wäre problemlos möglich gewesen. Vettel war, so viel gestehen wir ihm zu, der schnellste Mann im Rennen. Es spricht für seine Entschlossenheit, dass er den Instruktionen des Teams aufgrund seines unbändigen Siegeswillens nicht viel Beachtung schenkte.

 

Binotto muss jetzt hart durchgreifen

Aber da gibt's dann noch die andere Seite. Die von Mattia Binotto nämlich.

Der Teamchef kann es gar nicht zulassen, dass seine Autorität untergraben wird, indem verbindliche Abmachungen missachtet werden. Vettel zwingt seinen Chef meiner Meinung nach regelrecht dazu, ihn zu bestrafen. Was, wenn Ferrari schlau ist, diskret hinter verschlossenen Türen geregelt wird.

Ich stelle mal eine kühne These auf: Wäre Sergio Marchionne noch am Leben, müsste sich Vettel warm anziehen.

Marchionne war immer ein Leclerc-Fan, hätte kein Verständnis für das Formtief des viel teureren Vettel und würde spätestens bei einer Missachtung klarer Anweisungen in Frage stellen, ob man so einen Rotzlöffel 2020 noch unbedingt braucht.

Man kann Vettels Verhalten schon irgendwie verstehen. Er steht trotz Singapur enorm unter Druck, war auch in Sotschi das ganze Wochenende hindurch langsamer als Leclerc. Als er die Chance witterte, musste er sie fast nutzen.

Es ist manchmal fast schick, egoistisch zu sein. So sind echte Champions nun mal. Mag stimmen. Aber es gibt da schon Grenzen. Wenn das Team am Boxenfunk klare Instruktionen ausspricht, sind diese einzuhalten. Ohne Wenn und Aber. Auch von einem Herrn Vettel.

 

War Sotschi nur das Revanchefoul?

Dass Leclerc so gefasst war, hatte nur mit seinem Versprechen zu tun, sich nach Singapur am Boxenfunk zusammenzureißen. Ich würde fast wetten: Hinter den Kulissen muss der Monegasse explodiert sein. Es wäre ihm nicht zu verdenken.

Nur damit wir uns nicht falsch verstehen: Leclerc kann auch schmutzig spielen. Das hat er bereits in Monza bewiesen. Vielleicht war Sotschi Vettels Revanchefoul. Das macht es nicht besser. Aber ein bisschen verständlicher.

Ferrari hat Glück, dass die Emotionen zumindest nach außen hin nicht übergekocht sind. Die Fahrer haben sich ihre Wut für nach den TV-Kameras aufgehoben. Vielleicht auch, weil das Team die Sache auf seine ganz eigene Weise geregelt hat.

Dass nämlich Leclercs Undercut kein geplanter Führungswechsel war, sondern aufgrund eines verschlissenen Reifens quasi unausweichlich, halte ich für ein Märchen. Der Kommandostand wusste ganz genau: Wenn Vettel nicht mitspielt, dürfen wir ihm einfach keine Wahl lassen. Also hat man den Platztausch durch die Strategie erzwungen.

Oberflächlich betrachtet mag Ferrari am Sonntagabend in Sotschi harmonischer gewirkt haben als in Singapur. Innerlich aber brodelt es bei der Scuderia. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis das Pulverfass explodiert.

Es sei denn, Binotto bekommt seine beiden Alphatiere wieder unter Kontrolle ...

Christian Nimmervoll

P.S.: "Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat" fand jahrelang jeden Montag auf unseren Portalen Formel1.de und Motorsport-Total.com statt. 2019 ist sie umgezogen zu de.motorsport.com. Auf unseren Schwesterportalen erfahren Sie stattdessen, "Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat". Diesmal, findet Ruben Zimmermann, McLaren-Fahrer Carlos Sainz.

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