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Kolumne

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Mick Schumacher

Warum die Erwartungen an Mick Schumacher überzogen sind und wo die deutschen Formel-1-Fans viel schlauer sind als die deutschen Formel-1-Medien

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Mick Schumacher

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Mick Schumacher

Liebe Leser/-innen,

Mick Schumacher war beim Grand Prix von Miami drauf und dran, zum ersten Mal in seiner Formel-1-Karriere in die WM-Punkte zu fahren. Doch in Runde 54 (von 57) war der Traum ausgeträumt. Ausgerechnet eine Kollision mit seinem Freund Sebastian Vettel beendete das Ende aller Punkteambitionen.

Die Faktenlage liest sich so: Mick stach innen in Kurve 1 und traf mit seinem linken Vorderrad das rechte Hinterrad von Vettel. Der wunderte sich am Boxenfunk: "Welche Lücke war das? Ich hab' die nicht gesehen." Mick war initial anderer Meinung: "Nein! Ich mein ... Das war eindeutig meine Kurve."

Für die Rennleitung war der Fall klar: Es hätten beide Fahrer einen Anteil an der Kollision, aber keiner so überwiegend, dass man eine Strafe hätte aussprechen müssen.

Eine Ansicht, die man teilen kann. Auch wenn meine persönliche Meinung ist: Mick hätte den Unfall eher verhindern können als Vettel. "Wenn man es so sieht, hätte ich einfach dahinter bleiben können", räumte er nach einem ersten Videostudium zerknirscht ein.

Jetzt kann sowas grundsätzlich schon mal passieren. Aber das Timing ist halt bitter. Zum Zeitpunkt der innerdeutschen Kollision lag Mick an zehnter und sein Teamkollege Kevin Magnussen nur an 14. Stelle. Endlich schien er gegen den Dänen mal was Zählbares zu erreichen.

Duell gegen Magnussen: Mick klar im Rückstand

Stattdessen liest sich das Haas-Teamduell nach fünf von 23 geplanten Rennwochenenden so: Magnussen führt 15:0 nach Punkten. 3:2 nach gewonnenen Qualifyings. 4:2 nach Sprint- und Rennergebnissen. Und Mick ist jetzt neben Nicholas Latifi (Williams) der einzige Stammfahrer, der noch nicht angeschrieben hat.

Es ist noch gar nicht so lang her, da hat Haas noch von Podestplätzen geträumt. Nach dem Übergangsjahr 2021, das das amerikanische Team ganz bewusst für 2022 abgeschrieben hatte, schien endlich Micks große Stunde zu schlagen.

Hinter den großen Erwartungen steckt der große Traum vieler Fans: Mick, Ferrari-Junior, soll eines Tages wie Papa Michael im Ferrari sitzen - und im besten Fall den WM-Titel nach Maranello holen.

Ich weiß, dass es in Deutschland nicht wahnsinnig populär ist, Mick Schumacher schlecht schlafen zu lassen. Aber man muss das alles doch mal einem gründlichen Realitätscheck unterziehen.

Ist der Traum vom WM-Titel realistisch?

Wenn die Erwartungshaltung die ist, dass Mick eines Tages auf Ferrari Weltmeister wird, dann darf ein Magnussen kein Gegner sein. Denn zwar wird zurecht festgestellt, dass Magnussen eine ganz andere Hausnummer ist als Nikita Masepin 2021. Aber wollen wir nicht vergessen, dass Magnussens Formel-1-Karriere bereits auf dem Abstellgleis war, bevor Wladimir Putin in der Ukraine einmarschiert ist.

Soll heißen: Der Däne, so sehr ich ihn als authentische Persönlichkeit mag, gehört meiner Meinung nach nicht zu den allerbesten Fahrern der Formel 1.

Das sind die zwölf besten Fahrer der Formel 1

Da wäre erstmal die allererste Liga: WM-Leader Charles Leclerc gehört da für mich dazu, Max Verstappen, Lewis Hamilton, wenn er nicht gerade einen schlechten Tag hat. Und George Russell.

Dann kommt Liga #2: Carlos Sainz, Lando Norris, an guten Tagen Valtteri Bottas, Pierre Gasly, Fernando Alonso.

Und es gibt auch noch Fahrer wie Sergio Perez, Daniel Ricciardo oder Sebastian Vettel, die allesamt nicht im akuten Verdacht stehen, in den nächsten Jahren Weltmeister zu werden, und deren Potenzial ich (unter normalen Umständen) trotzdem grundsätzlich höher einschätze als das von Magnussen.

Rechnet man das ganz nüchtern runter, gehört Magnussen also nicht zu den besten zwölf der 20 aktuellen Formel-1-Fahrer.

Einer, der irgendwann Weltmeister werden will, muss so jemanden verputzen. Zum Frühstück.

Was angehende Weltmeister sonst so geleistet haben

Nehmen wir die erste Liga: Hamilton stieg 2007 in die Formel 1 ein, fuhr in den ersten neun Rennen neunmal aufs Podium und war am Saisonende gleichauf mit einem, der gerade erst zweimal Weltmeister geworden war.

Verstappen wurde bereits in seiner zweiten Saison von Toro Rosso zu Red Bull Racing transferiert und gewann nach dem Teamwechsel gleich sein erstes Rennen.

Russell führt im Rennduell (inklusive Sprint in Imola) in seinem ersten Mercedes-Jahr gegen den siebenmaligen Weltmeister Hamilton mit 5:1. Ganz am Beginn seiner Karriere, bei Williams, hatte er gegen seine jeweiligen Teamkollegen mehr als zwei Jahre lang kein einziges Qualifying verloren.

Und Leclerc hat in seiner ersten Ferrari-Saison die Weltmeisterambitionen eines viermaligen Champions de facto beendet.

Das ist das Holz, aus dem werdende Weltmeister geschnitzt sind.

Zum Vergleich: Mick verliert (bisher) das Teamduell gegen einen, der bereits aussortiert war. Und das in seinem zweiten Jahr im gleichen Team in der Formel 1, wo doch seine zweite Saison in den Nachwuchsmeisterschaften immer als seine Paradedisziplin galt.

Mick Schumacher: Einer der besten Rennfahrer der Welt

Ich möchte damit nicht ausdrücken, dass Mick nicht Rennfahren kann. Ganz im Gegenteil: Er ist ein begnadeter Rennfahrer, ein Ausnahmekönner, der zu den 20, 25 besten seines Fachs gehört, weltweit. Wer kann das schon von sich behaupten?

Aber Formel-1-Deutschland muss die überzogene Erwartungshaltung, die unweigerlich immer mit seinem Papa Michael im Hinterkopf generiert wird, reduzieren. Mick kann eine tolle Karriere in der Formel 1 haben, viele Jahre erfolgreich Autorennen fahren. Vielleicht schafft er eines Tages sogar den Sprung in ein konkurrenzfähiges Team.

Ich bin mir sicher, er wird mal auf dem Podium stehen, mit ein bisschen Glück sogar einen Grand Prix gewinnen. Aber Weltmeister werden? Traue ich ihm nicht zu.

Das ist vielleicht ein gutes Zeichen. Nach der WM-Entscheidung 2015 habe ich geschrieben, dass Nico Rosberg nie mehr Formel-1-Weltmeister wird. Nur ein Jahr später stand ich da wie der größte Depp.

Nicht, dass ich es ihm nicht wünschen würde. Auch wenn seine Interviews manchmal ein wenig farblos wirken, finde ich, dass Mick ein außergewöhnlich netter junger Mann ist. Einer, auf den ich stolz wie Oskar wäre, wäre er mein Sohn.

Aber hier geht's nicht um persönliche Sympathien. Sondern um einen Realitätscheck. Und da meine ich, dass die Erwartungen der deutschen Formel-1-Öffentlichkeit mit dem, was man ihm realistischerweise zutrauen kann, nicht kompatibel sind.

Gibt's wirklich einen Mick-Hype in Deutschland? Nein!

Wobei ich die Frage stelle: Sind es wirklich die Fans, die den Hype um Schumacher jun. so befeuern, oder ist es eigentlich nur eine kleine Blase einiger weniger Journalisten?

Wahrscheinlich eher letzteres, denn: Als Mick anfing, in der Formel 4 Rennen zu gewinnen, wurde jede News über seine Erfolge von teilweise mehr Menschen gelesen als die Rennberichte in der Formel 1. Ich erinnere mich an ein Meeting kreativer Köpfe in unserem Team, bei dem am Ende die Idee herauskam, einen eigenen Mick-Schumacher-Bereich auf unserem Portal zu gestalten, weil sein Aufstieg in die Formel 1 unweigerlich gelingen würde.

So kam es ja dann auch.

Tatsache ist aber auch: Seit Mick in der Formel 1 angekommen ist, hat das Interesse dramatisch nachgelassen. Die Formel 1 insgesamt boomt wie nie. Aber selbst wir als deutsches Onlineportal stellen nicht fest, dass sich für Mick mehr Fans interessieren als etwa für George Russell oder Lando Norris.

Was ich damit sagen möchte: Die deutschen Fans haben schon verstanden, was sie von Mick erwarten dürfen. Die reichweitenstärksten Medien des Landes vielleicht noch nicht.

Übrigens: Mein Kollege Stefan Ehlen hat sich in der Schwesterkolumne "Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat" auf de.motorsport.com mit Williams-Fahrer Alexander Albon auseinandergesetzt.

Ihr

Christian Nimmervoll

Hinweis: Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Kolumne meine subjektive Wahrnehmung abbildet. Wer anderer Meinung ist, kann das gern mit mir ausdiskutieren, und zwar auf meiner Facebook-Seite "Formel 1 inside mit Christian Nimmervoll". Dort gibt's nicht in erster Linie "Breaking News" aus dem Grand-Prix-Zirkus, sondern vor allem Einordnungen der wichtigsten Entwicklungen hinter den Kulissen.

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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