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Wie sehr die Formel 1 von einem Amazon-Deal profitieren würde

Streaming über externe Plattformen könnte sich für die Formel 1 in den nächsten Jahren als Goldgrube erweisen, aber noch sind keine Entscheidungen gefallen

Die Live-Berichterstattung der Formel 1 baut auch in der Saison 2021 vor allem auf das traditionelle Fernsehen. Doch spätestens seit der Einführung von F1 TV als eigenes Streaming-Angebot der Rennserie ist klar: Die Formel 1 sucht aktiv nach neuen Wegen, ein noch größeres Publikum zu erreichen. Womöglich findet sie hierbei schon bald einen Weltkonzern als Partner.

Wer an internationale Streaming-Größen denkt, der denkt unweigerlich auch an Amazon. Tatsächlich ist das US-Unternehmen mit seiner Sparte Web-Services bereits in der Formel 1 aktiv und unterhält damit eine kommerzielle Beziehung zur Rennserie. In Zukunft könnte dieses Engagement sogar auf die Live-Berichterstattung im Internet ausgeweitet werden.

Doch der Reihe nach: Die Formel 1 stützt sich bei ihrem Einkommen auf drei große Säulen, nämlich die TV-Rechtevergabe, die Renngebühren und das Sponsoring.

Die Auswirkungen der Coronakrise auf die Formel 1

In der Saison 2020 brach die Säule der Renngebühren dramatisch ein, weil aufgrund der Coronakrise zahlreiche geplante Grands Prix gestrichen wurden. Am Ende kam die Formel 1 zwar noch auf immerhin 17 Rennen, weil kurzfristig noch Austragungsorte einsprangen, die eigentlich nicht für einen Platz im Kalender vorgesehen gewesen waren. Und insgesamt wurden deutlich weniger Gebühren entrichtet als in einer regulären Saison.

Auch die Säule des Sponsorings schrumpfte. Natürlich: Unternehmen, die in einem normalen Rennjahr als Titelsponsor eines Rennens aufgetreten wären, konnten in der Coronakrise nicht zur Zahlung der Beträge bewegt werden, wenn das betreffende Rennen gar nicht ausgetragen wurde.

Bei 17 Rennen blieb wenigstens das Einkommen aus der Vergabe der TV-Rechte ziemlich stabil, wenngleich einigen TV-Partnern aufgrund der geringeren Rennanzahl Preisnachlässe gewährt werden mussten. Trotzdem erhöhte sich unterm Strich der Anteil der TV-Rechte am Gesamteinkommen der Formel 1 von 38 Prozent (2019) auf 55 Prozent (2020).

Neue Deals geplant - nicht nur mit Austragungsorten

Die Formel 1 setzt weiterhin auf lukrative Deals mit Veranstaltern in aller Welt, so wie zuletzt mit Saudi-Arabien. Klar ist aber: Eine Trendwende hat eingesetzt bei Verhandlungen mit Promotern. Denn inzwischen kann die Formel 1 nicht mehr Jahr für Jahr eine Gebührensteigerung verlangen.

Und so glaubt Liberty Media, das größte Potenzial für die Formel 1 schlummert auf Seiten der TV-Rechtevergabe. Hier schließt sich der Kreis zu Livestreaming und Branchengrößen wie Amazon.

Auch die erfolgreiche Netflix-Serie "Drive to Survive" lässt die Verantwortlichen in diese Richtung denken, wobei Netflix selbst kein Interesse an Live-Berichterstattung zu haben scheint. Die bestehende Streaming-Serie, inzwischen in der dritten Staffel, aber zeigt, in welche Dimensionen die Formel 1 mit einem entsprechenden Partner vorstoßen kann.

Lob für den Kurs von Chase Carey

Der frühere Formel-1-Chef Chase Carey, von 2017 bis 2020 der direkte Nachfolger von Bernie Ecclestone, war während seiner Amtszeit immer auf Langfristigkeit bedacht. Ihm ging es vor allem darum, das TV-Produkt der Formel 1 zu verbessern, um das Racing insgesamt interessanter zu machen für die Zuschauer.

Diese Haltung brachte Carey unlängst Lob von Liberty-Media-Boss Greg Maffei ein, der vor allem die anstehenden Regeländerungen zur Saison 2022 begrüßt: "Damit sind die Grundlagen für besseres Racing auf der Rennstrecke gelegt. Und das [neue] Concorde-Agreement schafft die Basis für mehr Ausgeglichenheit unter den Teams. Das wiederum lässt den Wert der gesamten Rennserie steigen."

Erste Erfolge dieser Maßnahmen seien ebenfalls schon sichtbar, betonte Maffei in einem Webinar. Als Beispiel führte er das Aston-Martin-Projekt von Lawrence Stroll an. "Er hätte nicht investiert, wenn wir nicht unsere Änderungen umgesetzt hätten", meint Maffei. Gerade die modifizierte Preisgeld-Verteilung ohne historische Vorteile für erfolgreiche Teams mache die neue Formel-1-Ära ab 2022 attraktiv.

Weniger Geld, mehr Chancengleichheit

"Der Hauptpunkt aber ist wahrscheinlich die Kostendeckelung", sagt Maffei. Sie gilt schon in der Saison 2021 und liegt bei 145 Millionen US-Dollar pro Team und Jahr, wobei nicht alle Ausgaben unter die Beschränkung fallen. Größere Rennställe aber sind zum Sparen gezwungen, was die Chancen kleinerer Teams erhöht.

"All das schafft eine Situation, die die Qualität auf der Rennstrecke verbessert und uns einen engeren Wettbewerb liefern dürfte", erklärt Maffei. "Es dürfte also spannender werden denn je. Und das ist gut."

Fernziel all dieser Maßnahmen ist freilich, die TV-Berichterstattung noch interessanter zu machen, gerade für potenzielle neue Partner. Dabei unterhält die Formel 1 schon jetzt ein überaus komplexes Netzwerk an TV-Sendern, noch dazu mit individuellen Vereinbarungen pro Region oder Land, teilweise auch mit Aufteilung zwischen Free-TV und Pay-TV.

Jeder TV-Deal als ein Kompromiss

Jeder einzelne Deal aber ist Abwägungssache: Verlangt man viel Geld von einem kleinen Publikum oder verprellt man damit Sponsoren, weil die Zuschauerzahlen gering sind? Und sorgt ein kleines TV-Publikum vielleicht sogar dafür, dass sich auch weniger Personen für einen Vor-Ort-Besuch an der Rennstrecke begeistern können?

"Es ist immer eine Balance", sagt Maffei. "Als Sport müssen wir die Gratwanderung zwischen Promotern, Fans an der Strecke, TV-Erlösen sowie Werbung und Sponsoring meistern. Würden wir zum Beispiel komplett hinter einer Pay-Wall verschwinden, hätten wir dadurch zwar ein hohes Einkommen, bekämen aber negative Effekte für Werbung und Sponsoring, vielleicht auch für das Interesse der Fans an einem Rennbesuch."

"Deshalb gilt es, eine Balance zu wahren. Man schaut sich jeden Markt individuell an und geht Kompromisse ein. In manchen Fällen ist es sinnvoll, mehr in Richtung Pay-TV zu gehen, so wie wir das in Deutschland gemacht haben", meint Maffei. "In anderen Fällen ist es besser, wir bleiben frei empfangbar. Da spielen alle genannten Faktoren mit rein."

F1 TV hat den Durchbruch bisher nicht geschafft ...

Ein wichtiger Faktor hätte auch der eigene Streamingdienst F1 TV werden sollen, vor allem ein finanzieller für die Formel 1. Doch dieser Plan ging nicht auf. Im vierten Jahr nach der Einführung der Plattform scheint Liberty Media auch eingesehen zu haben, dass das Projekt ohne externen Partner nur schwer in Schwung kommen wird.

Die Formel 1 ist da aber kein Einzelfall: Auch World Wrestling Entertainment (WWE) hatte zunächst eine eigenständige Streaming-Plattform. Inzwischen aber hat man sich mit dem US-Sender NBC zusammengetan und einen eigenen Kanal auf dessen Streamingdienst Peacock erworben, für 1,5 Milliarden US-Dollar. Das WWE-eigene Projekt ist eingestellt worden.

Maffei kennt dieses Beispiel - und die Umstände, die einen Durchbruch von F1 TV verhindert haben, wie er sagt: "Wir haben gelernt, dass [Streaming] ein gigantisches Tool sein kann, um die Fans zu unterhalten. Doch bei der Menge an Inhalten, die wir haben, bei 23 Rennen, [ist es schwierig], ausreichend Inhalte anzubieten, die einer breiten Personengruppe gerecht werden."

... aber das ist kein Formel-1-Phänomen

Er sehe das Formel-1-Streaming daher eher als Plattform für die "leidenschaftlichen Hardcore-Fans", so Maffei. "Es dürfte schwieriger werden, es als Ersatz für unsere traditionellen [TV-] Partner oder Bezahlpartner zu sehen."

Auch in diesem Punkt stehe die Formel 1 als Weltsport nicht alleine da. "Auch andere Sportarten haben damit zu kämpfen, dass sie nicht genügend Inhalte haben, um das zu ersetzen, was es schon gibt. WWE und Peacock ist ein Beispiel, wie es laufen kann. Und sie haben viel mehr Inhalte als wir."

Dennoch müsse die Formel 1 nicht um die Zukunft ihrer Berichterstattung fürchten, auch wenn zum Beispiel die TV-Erlöse im europäischen Fußball zuletzt zurückgegangen sind. "Die Formel 1 befindet sich in einer anderen Situation", sagt Maffei. Er verweist auf "andere Märkte und Ausgangslagen" in aller Welt und darauf, dass die Formel 1 bei ihrer Rechtevermarktung noch deutlich Luft nach oben habe. Hinzu komme das neue Reglement ab 2022, das die Rennserie noch attraktiver machen werde.

Amazon holt sich Sportrechte

"Das Wichtigste, was Sportrechte interessant macht, ist Wettbewerb", erklärt Maffei. "Und allmählich sehen wir neue, große Distributoren, die unseren Markt betreten. Das ist positiv. In manchen Fällen sehen wir auch schon eine gute Entwicklung, wenn wir eine Mischung aus Free- und Pay-TV anbieten oder eine neue Version von Pay-TV mit den digitalen Playern."

Letzteres sei eindeutig die Marschrichtung, die die Formel 1 einschlagen werde. Maffei verspricht sich davon den "positivsten Effekt", den die Rennserie nur kriegen könne. "Ich sehe das konkret für einige Sportveranstaltungen passieren, und für einige Länder, in denen wir aktiv sind", so meint er.

Tatsächlich investiert zum Beispiel Amazon mehr und mehr in Sportrechte. Bisher hatte die Plattform pro Saison ein Spiel der US-amerikanischen Football-Liga NFL übertragen. Nun aber hat sich Amazon für 110 Milliarden US-Dollar die exklusiven Rechte an allen Donnerstagsspielen gesichert, und für die nächsten elf Jahre. Darin eingeschlossen sind weitere Deals mit NFL-Sendepartnern wie CBS, NBC, Fox und ABC/ESPN.

Gespräche auch mit anderen "Big Playern"

Diese Entwicklung ist Maffei nicht verborgen geblieben. Seine Einschätzung: "Amazon hat sich von einem kleinen zu einem ernsthaften Player in der NFL gemausert. Ich kann nur vermuten, dass sie mit der Zeit noch weiter expandieren wollen. Und ich rechne auch damit, dass sie nicht die einzigen sein werden."

Die Formel 1 jedenfalls unterhält bereits entsprechende Gespräche, aber nicht nur mit Amazon, wie Ian Holmes als Direktor für die Rechtevergabe der Rennserie erklärt. Er nennt nämlich auch Facebook und YouTube, mit denen sein Team "ziemlich regelmäßig in Kontakt" stehe.

"Wir sprechen auch mit Netflix, aber in einer anderen Situation. Sie bleiben dabei, dass sie keine Liverechte erwerben wollen im Sport. Es wäre schön, sie würden das tun, aber warten wir ab", meint Holmes.

Der TV-"Flickenteppich" bleibt

Im Fall Amazon liefen derzeit "ein paar Gespräche", sagt er weiter und verweist auf die Angebote "Prime" und "Channels", mit denen Amazon seine Streaming-Inhalte vermarkte. "Wir sprechen über beide Varianten", versichert Holmes.

Den "Flickenteppich" mit unterschiedlichen Berichterstattern werde es aber weiter geben. Sprich: Die Formel 1 verhandelt ihre Übertragungsrechte für jeden Markt individuell.

"Bei ein, zwei Orten aber verhandeln wir konkret darüber, ob sie die Rechte kriegen", sagt Holmes. "Das ist nichts anderes, als würde man die Rechte an jedes andere Medienunternehmen geben. Wir sprechen aber auch über Kanäle, mit denen wir die Möglichkeit hätten, F1 TV zu vermarkten."

Bestehende Partnerschaften schützen, nicht verprellen

"Ähnliches" gelte zum Beispiel für Apple. "Vielleicht kauft man sich dort die Rechte für Apple TV", sagt Holmes. "Auch dort gibt es andere Kanäle und Streaming-Optionen. Je nach dem, was man will, gestalten sich die Gespräche etwas anders."

Und dann kommt jeweils auch noch die Beziehung zu den bereits bestehenden Partnern dazu, was die Formel 1 zu gewissen Einschränkungen zwingt. Ein Beispiel: In Großbritannien wird F1 TV gar nicht angeboten, weil es der aktuelle Vertrag mit Sky nicht zulässt. In anderen Ländern stimmen die TV-Partner eher zähneknirschend zu, dass die Formel 1 ihr eigenes Streaming zusätzlich etablierten kann.

"Das andere Extrem ist, dass uns ein Broadcaster sagt: 'Keine Chance! Wenn wir zahlen sollen, dann ohne dass ihr ebenfalls auf den Markt geht.' Oder dass unser Angebot nur den Bestandskunden des Partners vorbehalten sein soll." Letzteres ist der Weg, den die Formel 1 in Deutschland gegangen ist. "F1 TV ist dort weiter vorhanden, aber [nur] durch Sky", sagt Holmes.

Nur zufriedene Gesichter, das wird es nicht geben

"Und zwischen diesen beiden Varianten gibt es viele weitere Möglichkeiten. Und gerade diese weiteren Möglichkeiten stehen wahrscheinlich für gutes Business", meint er. Die Formel 1 müsse sich eben fragen: "Womit versorgen wir den Hardcore-Fan so gut wie möglich, ohne die Kernrechte zu kannibalisieren und den Wunsch der Partner nach Exklusivität?"

Eine für alle Seiten gute Lösung werde es "nicht überall" geben, sagt Holmes. "Vielleicht wollen wir eine solche auch nicht überall haben. Es gibt aber viele Möglichkeiten, wo F1 TV als Zusatz zu unseren Kernpartnern betrachtet werden könnte. Und ich glaube, in Zukunft wird man sich mehr und mehr für solche Situationen entscheiden."

Praktischer Nebeneffekt: Die Einnahmen steigen, und damit auch die Gelder, die an Formel-1-Besitzer Liberty Media fließen. Daraus macht Maffei keinen Hehl. "Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir schon 2021 soweit sind, weil die Coronakrise möglicherweise für Einbrüche sorgt", erklärt Maffei. "Doch in der Zukunft, da sollten wir davon profitieren. Die Basis dafür haben wir geschaffen."

Mit Bildmaterial von F1 TV.

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