Wolff & Mateschitz: Beeindruckendster Unternehmer der Welt?
Erinnerungen an Mateschitz: Mercedes-Teamchef Toto Wolff spricht ehrfurchtsvoll über den verstorbenen Red-Bull-CEO, für den er einst selbst Rennen gefahren ist
Toto Wolff war erschüttert: "Vor ein paar Stunden streiten wir noch über irgendwelche sportlichen Themen, und dann so eine Nachricht", sagte der Mercedes-Teamchef am Samstagabend im Interview mit 'Sky'. Plötzlich spielen Budgetstreit und Formel-1-WM nur noch eine untergeordnete Rolle. Denn Dietrich Mateschitz, CEO von Red Bull und Nationalheld in Wolffs Heimat Österreich, ist tot.
Der Mercedes-Teamchef und der Red-Bull-Gründer, sie wurden in diesem Leben keine Freunde. Woran das lag, das ist wohl ein Geheimnis, das Mateschitz mit ins Grab genommen hat. Viele sagen, er soll seinem Landsmann übelgenommen haben, dass der über seine Formel-1-Teams in einem Interview einmal sinngemäß gesagt hat, ein ulkiger "Brausehersteller" trete gegen die großen Automobilhersteller der Welt an.
Vor ein paar Jahren, als Red Bull auf der Suche nach einem neuen Motor war, da kam es in Salzburg zu einem Treffen zwischen Mateschitz und dem damaligen Mercedes-Berater Niki Lauda, inzwischen ebenfalls verstorben. Die beiden sollen sich mündlich geeinigt und sogar die Hand gegeben haben. Es war Wolff, heißt es, der gegen den Deal sein Veto eingelegt hat.
Aber all das spielt an Tagen wie diesen keine Rolle. Mateschitz' Tod stelle "alles in den Schatten", sagt der Mercedes-Teamchef und kondoliert: "Er ist für mich der beeindruckendste Unternehmer, den wir in Österreich je hatten. Vielleicht sogar weltweit. Er hat eine Marke kreiert und einen ganzen Markt erfunden. Was er für den Sport getan hat, das hat es davor noch nie gegeben."
Wolff spricht Mateschitz' engstem Kreis sein Beileid aus
Vergessen sind plötzlich alte Rivalitäten, vergessen für einen Moment auch der Wettbewerb auf der Rennstrecke. Wolff schiebt die Vergangenheit beiseite und spricht in diesen schwierigen Stunden dem Gegenüber sein Beileid aus: "Wir denken an seine Familie, an Mark (Mateschitz' Sohn; Anm. d. Red.) und an alle Freunde. Das ist jetzt das Wichtigste."
Es waren schon ein paar Stunden vergangen, seit sich die Nachricht im Paddock in Austin wie ein Lauffeuer verbreitet hatte, als Wolff dann in der Mercedes-Hospitality mit einigen Journalisten beisammensaß und sich die Zeit nahm, nochmal ausführlicher über das Vermächtnis von Mateschitz zu sprechen.
In der Jugend selbst Red-Bull-Rennfahrer
Er erinnert sich: "Als ich GT gefahren bin, wurde ich von Red Bull gesponsert. Ich war stolz drauf, als Juniorfahrer diese Farben tragen zu dürfen. Red-Bull-Fahrer zu sein, war etwas Besonderes, und ich trug die Farben und die Overalls mit großer Ehrfurcht. In Österreich kannte man damals ja schon die Geschichte von Red Bull und die Geschichte seiner Truppe."
Wolff, selbst ein erfolgreicher Unternehmer, ist besonders von Mateschitz' Lebenswerk beeindruckt: "Als er angefangen hat, den Drink zu verkaufen, haben ihm einige Clubs die Nase vor der Tür zugeschlagen. 'Was willst du uns da andrehen? Was bitte soll ein Energydrink sein?' Aber dann hat er gesagt, dass sie es mit Wodka mischen sollen, und plötzlich war Red Bull der große Hit."
Red Bull in den 1990ern: Wie alles angefangen hat
"Red Bull war wie eine Droge, die unter dem Tisch verkauft wurde. Er kam in den guten Clubs in München rein. So entstand ein richtiger Mythos rund um Red Bull. Niemand hätte das damals geglaubt, aber er hat einen ganzen Markt erschaffen, den es so vorher noch nicht gegeben hatte. Plötzlich wurden Energydrinks immer populärer."
"Ich erinnere mich auch noch gut an seine Preispolitik. Er ist nie eingeknickt, als die Supermärkte gesagt haben, er muss einen billigeren Preis anbieten, weil sie ihn sonst aus dem Sortiment werfen. Sie haben ihn aus dem Sortiment genommen - und weil sich so viele Kunden darüber beschwert haben, mussten sie ihn danach kleinlaut wieder aufnehmen."
"Mit dem Geld, das er in den Sport investiert hat, hat er immer noch mehr Geld verdient. Der Kerl war einfach 'larger than Life'. Was er in Österreich für den Fußball getan hat, für das Eishockey, für Leipzig, für das Motorsportprogramm: einfach unglaublich. Er hat vielleicht den größten Beitrag zur Formel 1 geleistet, den je eine Einzelperson geleistet hat."
Wolff über das Lebenswerk: "Unglaubliche Geschichte"
"Aber seine größte Leistung war sicher die Marke Red Bull. Ich weiß nicht, wie viele Milliarden Euro Umsatz die Firma damit macht, aber er hat ein Produkt erfunden, das es damals nur in Thailand gab, er hat es ein bisschen anders verpackt und daraus einen weltweiten Verkaufsschlager gemacht. Das ist eine unglaubliche Geschichte, die alles in den Schatten stellt, was er im Sport erreicht hat."
Persönliches Treffen am Hangar-7
"Ich hatte das große Glück, dass ich ein paar Mal in den berühmten Hangar-7 eingeladen war. Ziemlich beeindruckend. Der Mann war sehr überlegt. Das Gespräch begann als Diskussion über Red-Bull-Mercedes. Wir saßen stundenlang zu zweit beisammen, und am Ende war es ein sehr persönliches Gespräch über unsere Familien. Das hat mir gefallen."
Übrigens: Der Tod von Dietrich Mateschitz und welches Vermächtnis er besonders aus motorsportlicher und österreichischer Sicht hinterlässt, das war eines der zentralen Themen in der Formel-1-Analyse des Qualifyings zum Grand Prix der USA 2022 in Austin, Texas, auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de. Kanal jetzt kostenlos abonnieren und kein neues Video verpassen!
Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
Diese Story teilen oder speichern
Registrieren und Motorsport.com mit Adblocker genießen!
Von Formel 1 bis MotoGP berichten wir direkt aus dem Fahrerlager, denn wir lieben unseren Sport genau wie Du. Damit wir dir unseren Fachjournalismus weiterhin bieten können, verwendet unsere Website Cookies. Dadurch wird Dein Nutzererlebnis optimiert und die Werbung auf Deine Interessen zugeschnitten. Wir wollen dir aber natürlich trotzdem die Möglichkeit geben, eine werbefreie Website zu genießen.