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"Haben keine Lehren gezogen": Formel-E-Boss Agag mit Kritik in Coronakrise

Alejandro Agag sieht durch die Coronakrise ein Rennseriensterben kommen, glaubt aber, dass die Formel E gut aufgestellt ist und blickt weit in die Welthistorie zurück

Thinking Forward

Interviewreihe #ThinkingForward mit Führungspersönlichkeiten aus dem internationalen Motorsport.

"Wir werden in der Motorsportindustrie eine starke Konsolidierung erleben. Und ich glaube, das wird jetzt notgedrungen geschehen, denn einige Rennserien werden aus eigener Kraft nicht überleben", sagt Alejandro Agag, Vorsitzender der Formel E, im exklusiven Gespräch mit 'Motorsport.com' für unsere Interviewreihe #thinkingforward mit Führungspersonen der internationalen Motorsportszene.

Zu den Chancen, die sich der Branche trotz der Herausforderung in Form von Verschiebungen und Absagen von Rennwochenenden bieten, äußert sich Agag - einst Gründer der Formel E und mittlerweile Vorsitzender der Elektrorennserie - optimistisch. Allerdings bedürfe es beginnend mit der Formel 1 einiger mutiger und auch schmerzhafter Entscheidungen, um das Beste aus diesen Chancen zu machen.

"Einige Rennserien hatten es ohnehin schon schwer. Es waren einfach zu viele", so Agag, der allerdings überzeugt ist: "Der Motorsport als solcher wird bestehen bleiben. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass das [die Coronakrise] nicht das Ende der Welt ist. Es wird ein Morgen geben und dieses wird anders aussehen. Darauf müssen wir uns vorbereiten."

"Vielleicht ist es mit sechs oder sieben Rennserien auch getan"

"Aber vielleicht", so der Formel-E-Vorsitzende weiter, "braucht es nicht 35 unterschiedliche Rennserien weltweit. Vielleicht ist es mit sechs oder sieben Rennserien rund um die Welt auch getan, um die Bedürfnisse der Fans zu decken. Denn unterm Strich ist der Motorsport ein Dienst für die Fans und ein Labor für Technik. Dieser Teil kann auch mit einer kleinen Anzahl von Rennserien erfüllt werden."

In diesem Zusammenhang nimmt Agag Bezug auf die jüngsten Aussagen von Jean Todt, wonach "alles neu bewertet" werden müsse. Der FIA-Präsident bezog sich mit seiner Einschätzung im Interview mit 'Motorsport.com' darauf, dass nicht nur Kosten im Motorsport, sondern auch die gesamte Position des Motorsports in der Gesellschaft justiert werden müsse.

"Ich habe das Interview mit Jean Todt natürlich gesehen", bezieht sich Agag auf unser knapp 42-minütiges Video und sagt: "Ich stimme ihm zu. Ich glaube, wir brauchen einen neuen Deal. Generell könnte das für den Motorsport eine Chance sein. Und speziell für die Formel 1 könnte es eine riesige Chance sein, das komplette Modell umzustrukturieren. Das sehe ich als den Schlüssel für den neuen Deal an."

Umstrukturierung: Formel 1 laut Agag zuerst am Zug

"Der Rest von uns wird folgen. Wir sind kleiner. Die Spitze des Motorsports ist die Formel 1 und eben dort herrscht das große Ungleichgewicht", mahnt Agag und versichert gleichzeitig: "Wir auf Ebene der Formel E werden unseren kleinen neuen Deal schnüren. Alle sind an Bord und gemeinsam mit der FIA darauf abgestimmt."

Jean Todt

Agag nimmt FIA-Boss Jean Todt und die Formel 1 in die Pflicht

Foto: LAT

"Beim Rest des Motorsports kommt es darauf an. Einige [Rennserien] werden gut über die Runden kommen, anderen weniger gut. Sportarten mit Publikum vor Ort werden leiden, weil ich glaube, dass es für Massenveranstaltungen Einschränkungen geben wird. Ich weiß nicht, wie lange diese andauern werden, aber für diejenigen Sportarten, die auf den Einnahmen aus dem Ticketverkauf basieren, kann es eine Herausforderung werden."

Während der letztgenannte Punkt vielen Serien- und Event-Veranstaltern schlaflose Nächte bereitet, ist er einer der Gründe, weshalb Agag glaubt, dass die Formel E in der Lage sein wird, die Krise zu überstehen. Allerdings gibt der Spanier offen zu: "Wenn wir dieses Problem in unserer ersten Saison gehabt hätten, hätte es uns wahrscheinlich gekillt."

Warum die Formel E die Krise überstehen kann

Warum glaubt Agag, dass die Formel E die aktuelle Krise überstehen wird? "Wir haben sehr zügig und flexibel gehandelt, haben sehr früh Maßnahmen ergriffen. So haben wir Rennen sehr früh abgesagt und wir ergreifen Maßnahmen zum Schutz der Teams und des Ökosystems."

Gen2 Evo

Das Gen2-Evo kommt erst 2021/22, doch damit nicht genug der Maßnahmen

Foto: FIA Formula E

"Wir sind in sehr guter Verfassung", meint der Formel-E-Vorsitzende und begründet: "Wir haben ein Geschäftsmodell, das gegen diese Art von Umständen resistent ist. Und dann wären da noch die Teams. Sie müssen jetzt geschützt werden und die Kosten müssen gesenkt werden. Schließlich ist jetzt der Zeitpunkt, an dem sie ihre größten Probleme haben."

Damit spricht Agag auf die Verschiebung der Einführung des Gen2-Evo-Autos um ein Jahr an. "Zudem haben wir beschlossen, nur eine Homologation [des Antriebsstrangs] für die Saisons 7 und 8 zuzulassen. Die Teams können sich also dafür entscheiden, exakt das gleiche Auto, das für Saison 6 verwendet wird, auch für Saison 7 zu verwenden. Somit wird sofort gespart. Aber auch wenn sie bereits einen Teil der Ausgaben für Saison 7 getätigt haben, können sie dieses Auto verwenden. Sie müssen es dann aber in Saison 8 erneut verwenden, sodass sie dann das Geld sparen."

Extreme E

Extreme E: Auch die Offroad-Rennserie mit Elektro-SUVs geht auf Agag zurück

Foto: HWA RACELAB

Und so ist Agag überzeugt: "Die Formel E wird sich gut entwickeln. Sie befindet sich auf einem Kostenniveau, das tragbar ist. Das Geschäftsmodell ist eines, das sich handhaben lässt. Ich kann der gesamten Formel E-Gemeinde eine Botschaft senden, dass sie in guter Verfassung sein wird. Es wird aber nicht genau dasselbe sein wie bisher. Wir müssen die Kosten senken und clever sein."

Genau wie Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind und daher mit gesundheitlichen Problemen ums Überleben gekämpft haben oder weiterhin kämpfen, so trifft dies auch auf zahlreiche Industriezweige zu. Der Motorsport ist da keine Ausnahme. Neben der Zusammenlegung von Rennserien gibt es eine Reihe weiterer Trends, die ohnehin angedacht waren. Aufgrund der aktuellen Krise werden diese Überlegungen nun aber beschleunigt.

Agag kritisiert Gesellschaft: "Gibt keine langfristige Planung"

Einer dieser Trends wird laut Agag das Streben hin zu nachhaltigen Fahrzeugen und zur Elektrifizierung sein: "Ich glaube, dass diese Krise die Trends beschleunigen wird. Die große Lehre, die ich aus dieser Krise ziehe, ist, dass es in unserer Gesellschaft keine langfristige Planung gibt. Wir agieren einfach nicht vorausschauend."

"Ich habe neulich einen Artikel über die Beulenpest von 541 nach Christus gelesen", erzählt der Formel-E-Vorsitzende. "Damals befand man sich in der gleichen Situation wie wir heute. Die Leute mussten zu Hause bleiben, um sich einzuschließen. Die Wirtschaft brach zusammen. Das war vor 1.500 Jahren! Genau dasselbe, und wir haben keine Lehren daraus gezogen oder vorausschauend geplant."

"Es gibt viele Bedrohungen für die Menschheit, aber der Klimawandel ist die größte und offensichtlichste. Nicht zuletzt das ist der Grund, weshalb wir gegen den Klimawandel gewappnet sein müssen. Wenn wir nicht vorausschauend agieren, wird noch etwas viel Schlimmeres provoziert als das, was wir heute erleben. Und ich glaube das macht Elektrofahrzeuge relevanter und stärker als je zuvor", so Agag abschließend.

Alejandro Agag

Laut Agag hat die Gesellschaft nicht das Richtige aus ihrer Geschichte gelernt

Foto: LAT

Mit Bildmaterial von LAT.

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