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Fragen und Antworten zur Landgraf-Strafe: Warum sie gerechtfertigt war

Der Landgraf-Mercedes wurde beim ADAC GT Masters im zweiten Rennen bestraft - Was der Vorteil war, was das Regelwerk sagt und warum sie ihre Berechtigung hatte

Fragen und Antworten zur Landgraf-Strafe: Warum sie gerechtfertigt war

Die Strafe gegen den Mercedes-AMG GT3 von Landgraf Motorsport sorgte beim ADAC GT Masters auf dem Nürburgring am Sonntag für hitzige Diskussionen. Während Maro Engel die Strafe offen als "Witz" bezeichnete, hielten sich die Sieger Jules Gounon und Fabian Schiller zurück. Unter Fans wird das Thema derweil leidenschaftlich debattiert. Ein Blick auf die Fakten.

Welchen Vorteil hatte Landgraf überhaupt?

Die erste Frage, die gestellt wird, ist, weshalb Raffaele Marciello überhaupt einen Vorteil gehabt haben soll, wenn er bremst und das andere Fahrzeug ebenfalls bremsen muss.

Die Antwort lautet: "Track Position". Durch das Verzögern konnte Landgraf gleichzeitig die Führung behaupten und innerhalb der vorgeschriebenen Mindestzeit bleiben. Überholen ist auf der Nürburgring-Sprintstrecke nicht gerade einfach, das hatte schon der erste Stint gezeigt. Jules Gounon folgte Maro Engel wie ein Schatten, konnte diesen aber nie angreifen.

Genauso wäre Fabian Schiller wohl an Marciello nicht mehr vorbeigekommen - und umgekehrt auch Marciello nicht mehr an Schiller, wäre er noch einmal an ihn herangefahren. Es war also entscheidend, welches Fahrzeug als Erstes aus der Boxengasse kam. Wer hier vorne lag, würde das Rennen gewinnen.

Wie kam ZVO überhaupt in Angriffsposition?

Nach der dominanten Vorstellung der "Mamba" am Samstag waren einige überrascht, wie gut der ZVO-Mercedes am Sonntag mithalten konnte. Dafür gibt es zwei Gründe: Einmal hatte ZVO einen frischen Reifensatz für das Rennen am Sonntag aufgespart.

Und zum anderen musste der Landgraf-AMG mit 20 Kilogramm Erfolgsballast für den Sieg am Samstag zuladen, ZVO fuhr mit fünf Kilo. Das Platzierungsgewicht wird erst zum Rennen eingeladen, nicht im Qualifying.

Bei der Boxeneinfahrt fuhr Gounon dann Engel fast ins Heck und war damit unmittelbar an der "Mamba" dran.

Den Rest erledigte die Verteilung der Boxenplätze. Diese wird ausgelost. Dabei ist immer das Team im Vorteil, das seinen Boxenplatz weiter in Richtung Ausgang der Boxengasse hat. Denn dieses kann auf das abfahrende Auto weiter "oben" in der Boxengasse reagieren.

Weiter "unten" in der Boxengasse platzierten Teams hat zudem ein neuer Passus im Reglement weitergeholfen: Es gilt nicht mehr als "Unsafe release", wenn ein Fahrzeug in der Boxengasse bremsen muss, weil ihm ein anderes Auto in den Weg gestellt wird. Das alles wird Landgraf dabei bedacht haben, als man Marciello auf die Reise schickte.

Wie es ZVO regelkonform aus der Box geschafft hätte, wäre der Landgraf-AMG nicht gewesen? Das lässt sich im Nachhinein natürlich schwer sagen, ist aber auch nicht Bestandteil der Untersuchung.

Was sagt das Reglement?

Das Thema "Verlangsamen in der Fastlane" wird im Sportlichen Reglement zweimal thematisiert.

Artikel 30.10

"Mindestens Strafe gemäß Artikel 16.

Weiterhin ist zu beachten, dass während des Pflichtboxenstopps ein abnormal langsames Fahren und eine Behinderung anderer Teilnehmer bestraft wird. Eine weitere Bestrafung, insbesondere bei gefährlichem oder mehrfachem Verstoß während der Saison, bleibt den Sportkommissaren vorbehalten."

Artikel 39.2

"Abnormal langsames Fahren oder Anhalten in der fast lane ist verboten."

Und weiter in 39.3

"Jeder Verstoß gegen die Regeln des Boxenstopps beziehungsweise Pflichtboxenstopps und die Unterschreitung der Mindestdauer des Pflichtboxenstopps bis zu maximal einer (1) Sekunde wird mit mindestens einer Penalty-Lap geahndet."

Hier zeigt sich bereits der Knackpunkt: "Abnormal langsam" ist nicht definiert. Deshalb sagte Marciello nach dem Rennen auch: "Es kommt eben darauf an, wie man Dinge interpretiert." Der Punkt wurde beim Erstellen der Regeln bewusst offengelassen, um im Einzelfall entscheiden zu können.

Was hat Marciello gemacht?

Die Daten zeigen, dass Raffaele Marciello sich zunächst innerhalb des Boxengassen-Tempolimits von 50 km/h bewegt. Anschließend geht er vom Gas, was ein einem deutlichen Rückgang der Geschwindigkeit führt. Die Geschwindigkeit sinkt dabei auf bis zu 38 km/h ab.

Es ist nicht ganz klar, ob Schilller hier bereits hinter Marciello lag oder sich dieses Verzögern vorher abgespielt hat. Marciello beschleunigt wieder auf 50 km/h hoch, um danach erneut vom Gas zu gehen. Diesmal fällt die Geschwindigkeit weniger ab, mit einem Tiefstwert von rund 45 km/h.

Die Fahrer verstehen sich: Raffaele Marciello gratuliert Fabian Schiller zum Sieg

Die Fahrer verstehen sich: Raffaele Marciello gratuliert Fabian Schiller zum Sieg

Foto: Alexander Trienitz

Hier befindet sich Schiller definitiv hinter Marciello und muss seinerseits lupfen, um der "Mamba" nicht ins Heck zu knallen, was in allen Replays gut sichtbar ist. Beide Mercedes-AMG verlassen die Boxengasse etwa eine halbe Sekunde über der Mindestboxenzeit. Marciello hätte also gar nicht so heftig verzögern müssen.

Wie können die Fahrer sehen, ob sie in der Zeit sind?

In den Fahrzeugen ist eine Software verbaut, die genau für solche Rennen mit vorgegebenen Mindestboxenzeiten entwickelt worden ist. Sie heißt RaceLogic und arbeitet mit GPS-Daten. Sie zeigt einem Fahrer genau an, wann er loszufahren hat.

Der Fahrer kann anschließend sein Tempo anhand der Hochrechnung auf dem Bildschirm sehen, ob er zu schnell oder langsam ist. So gelingt es den Teams im ADAC GT Masters, nur noch Sekundenbruchteile über der Mindestboxenzeit zu bleiben. Manchmal geht es aber auch schief - so geschehen bei der anderen "Mamba", die dadurch das Podium verlor.

Was sagen Engel und Marciello?

Marciello sprach nach dem Rennen, wie schon angesprochen, von einer Interpretationssache. Außerdem bekräftigt er, dass er nicht gebremst habe. "In den Regeln steht, dass man nicht bremsen darf", sagte Marciello nach dem Rennen. Allerdings ist, wie weiter oben aufgezeigt, von "bremsen" in beiden Artikeln nicht die Rede.

Maro Engel wiederum ging in die Offensive und streute Salz in eine ADAC-Wunde: "Die Strafe ist für mich ein Witz. Da muss man sich dann nicht wundern, wenn Leute diese Meisterschaft irgendwann verlassen." Während des Rennens hatte er sich ebenfalls darauf bezogen, dass keine Bremslichter zu sehen gewesen waren.

 

 

Das ADAC GT Masters musste nach der Saison 2021 einen schweren Teilnehmerrückgang verkraften, weil mehrere Teams in die DTM wechselten. Engel gehört zu den Fahrern, die im vergangenen Jahr ADAC GT Masters gefahren sind und sich dieses Jahr in der DTM engagieren.

Er ist bis heute erbost über eine Strafe, die er beim Saisonfinale des ADAC GT Masters 2021 bekommen hat, ebenfalls am Nürburgring. Die Strafe für das Umdrehen von Thomas Preining ist ihm beim Finale 2021 sauer aufgestoßen. Er ist der Überzeugung, dass ihm und Luca Stolz dadurch der Titel geraubt wurde.

Am Abend beriefen sich Engel und Marciello dann darauf, dass der abstand zum ZVO-Mercedes nach dem Boxenstopp exakt der Gleiche gewesen sei wie bei der Boxeneinfahrt.

Wie steht Rennleiter Sven Stoppe im Fahrerlager da?

Engel ist einer der wenigen Fahrer, die verschnupft über Entscheidungen von Sven Stoppe sind. Seit er Anfang 2021 den Posten des Renndirektors im ADAC GT Masters übernommen hat, genießt er ein hohes Ansehen bei Teams und Fahrern.

Unter seiner Führung ist das Thema Tracklimits in den Rennen nahezu verschwunden. Mit kreativen Ideen hat er angestaubte Prinzipien über Bord geworfen und mit der Strafrunde ein Strafmaß eingeführt, das sich als zweckmäßig entpuppt hat.

 

 

Denn man darf nicht vergessen: Bis einschließlich 2020 wäre eine Durchfahrtsstrafe die Mindeststrafe gewesen. Und die hätte Marciello aus den Top 10 geworfen. Dank der Strafrunde fuhr er noch immer Platz zwei ein und verließ den Nürburgring damit als Matchwinner.

Wie ist die Sache abschließend zu bewerten?

Sven Stoppe hat nicht falsch entschieden. Die Daten zeigen gleich zwei "Durchhänger" - einen Großen zu Beginn und einen Kleinen danach. Auch eine Interpretation von zwölf km/h weniger als "abnormal langsam" ist schwer angreifbar.

Unterm Strich sind alle Punkte für eine Strafe gegeben: Eine Verlangsamung um 25 Prozent ohne ersichtlichen Grund und gleichzeitig die Blockade eines Gegners erfüllen beide Tatbestände aus Artikel 30.10. Rennleiter Sven Stoppe verhängte die Strafe daher auch sofort, ohne den Fall an die Sportkommissare zu reichen.

Sicherlich könnte man das gesamte Boxensystem mit den genormten Zeiten auf den Prüfstand stellen. Allerdings würde sich bei einer Abschaffung der Mindestzeiten der Wettkampf von der Strecke (Überholen ist mit ABS und Traktionskontrolle bei gleich schnellen Autos nach wie vor schwierig) in die Box verlagern und die Kosten für die Teams würden hochgetrieben - nicht das, was das ADAC GT Masters derzeit braucht.

Normalerweise scheuen Teams die Entscheidung an der Box. Der Normalfall ist für den Hinterherfahrenden eigentlich der "Opposite"-Boxencall, also immer das zu machen, was der Vordermann nicht macht. Das war nur diesmal nicht praktikabel, weil sich vor Engel und Gounon überrundete Fahrzeuge befanden, die ihren Boxenstopp schon erledigt hatten. Diese hätten nur Zeit gekostet.

Vor diesem Hintergrund werden Spielchen beim Losfahren im direkten Zweikampf, die eher selten auftreten, als das geringere Übel angesehen.

Mit Bildmaterial von Alexander Trienitz.

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