"Weiß nicht, was das soll": BoP-Frust bei Schubert-BMW nimmt Oberhand
Nach der abermaligen Einbremsung des BMW M4 GT3 im ADAC GT Masters platzt dem Schubert-Team langsam der Kragen: "Weiß gar nicht, woran die das festmachen!"
"Weiß nicht, was das soll": BoP-Frust bei Schubert-BMW nimmt Oberhand
Mittlerweile sind es 110 Millibar: Erneut ist dem BMW M4 GT3 im ADAC GT Masters Ladedruck gestrichen worden - zum mittlerweile vierten Mal in diesem Jahr. Zusätzlich gibt es noch fünf Kilogramm obendrauf. 'Motorsport.com Deutschland' sprach mit verschiedenen Beteiligten aus dem BMW-Lager, wo der Frust mittlerweile riesig ist. Alle Infos zum Family-&-Friends-Festival 2022
"Ich weiß nicht, was das soll", sagt Torsten Schubert. "Jetzt laufend etwas zu ändern und danach zu beurteilen, weil hier auf einer anderen Streckenvariante mit dem BMW dominiert wurde ... Ich weiß nicht, ob das so das Richtige ist." Die Balance of Performance (BoP) wird von der GT3-Mutterorganisation SRO festgelegt.
Niklas Krütten, der sich mit seinem Teamkollegen Ben Green mitten im Titelkampf befindet, wundert sich: "Ich weiß gar nicht, woran die das festmachen. Ich persönlich finde auch, dass das ein Witz ist, weil wir nie wirklich ganz vorne mit dabei sind - außer am Red Bull Ring. Und da wurde in der BoP bereits reagiert."
"Wir sind nie ganz vorn mit dabei, scheinen aber die einzigen zu sein, die wirklich Änderungen an der BoP erfahren. Andere bekommen fünf Kilo mehr, fünf Kilo weniger, aber das macht bei diesen Autos kaum einen Unterschied."
Das Gewicht des BMW M4 GT3 ist im ADAC GT Masters 2022 immer weiter angestiegen
Foto: smg/Stritzke
Dass Schubert in der DTM mit Sheldon van der Linde auf dem Lausitzring dominiert hat, will er nicht gelten lassen: "Die Strecke war komplett anders. Natürlich hat die Variante mit der langen Kurve 1 sehr geholfen, weil der BMW in langen, schnellen Kurven immer sehr stark ist. Und die Gegengerade war länger. Man kann die zwei Streckenvarianten nicht miteinander vergleichen."
Jesse Krohn meint: "Das ist ein wenig der Trend in dieser Saison. Jedes Wochenende haben wir ein wenig Leistung verloren. Es liegt auf der Hand, dass es irgendwann zu viel wird. Das bringt uns in ein sehr kleines Fenster, in dem wir überhaupt noch Resultate holen können."
Er betont auch, dass es andere Fahrzeuge gäbe, die sehr stark seien, aber nicht ständig angerührt werden. Krohn hatte zu Beginn der Saison bereits angeboten, dem BMW in der Spitze Leistung zu nehmen und ihm dafür etwas mehr "Bums" aus den Ecken zu geben.
Sämtliche Leistungsverluste in dieser Saison gingen aber ohne Kompensation einher. Der BMW M4 GT3 ist naturgemäß als brandneues Auto großen Schwankungen in der BoP unterzogen. Und auch die Lernkurve der Teams mit dem Auto ist noch entsprechend steil.
Kompensation über Set-up nur bedingt möglich
Kann Schubert also irgendetwas über das Set-up machen? "Wir geben immer unser Maximum, da ist nicht mehr zu holen", entgegnet Krohn. "Man kann nur so schnell wie möglich fahren mit der Leistung, die man hat. Und wenn die Leistung reduziert wird, wird man langsamer."
Der maximale Ladedruck des BMW M4 GT3 ist im ADAC GT Masters 2022 immer weiter gesunken
Foto: smg/Stritzke
"An einem Punkt wird es frustrierend. Um jetzt noch ein Podiumsresultat oder gar einen Sieg zu holen, müssen die anderen schon Fehler machen und wir perfekt sein. Es ist sehr ärgerlich für das Team."
"Natürlich werden wir versuchen, das Auto jedes Mal noch ein bisschen schneller zu machen. Aber an einem Punkt können wir einfach nicht mehr mithalten. Wenn man immer nur [Leistung] verliert, dann kommt man in diesem harten Sport nicht mehr weiter."
Man könne sich nur noch auf eines konzentrieren: keine Fehler zu machen. "Es gibt keinen Raum für Fehler. Man muss perfekt arbeiten. Aber wenn man nichts mehr in der Hinterhand hat, dann kann man da nichts mehr kompensieren. Wir müssen also auf operativer Ebene alles maximieren und dürfen niemandem durch Fehler unsererseits einen Vorteil einräumen."
Schubert wird etwas konkreter: "Sicherlich versuchen wir, auf der Bremse etwas zu finden und ein Stück noch raus aus den Kurven mitzunehmen. Aber es ist unwahrscheinlich schwer, denn die Reifen haben dieselben Probleme über die Distanz. Auch gestern haben wir gesehen, dass alle ähnlich abbauen. Es wird ganz schwer, im Rennen nach vorne zu fahren, wenn man nicht ganz vorne steht."
Und genau dort fehlt es: "Wir versuchen, das optimal umzusetzen, und arbeiten jetzt mit diesem Auto immer mehr. Aber die fünf, sechs Zehntel, die dir dann wieder fehlen ... Das reicht einfach nicht, um da vorne reinzugehen."
Der Ladedruck des BMW M4 GT3 in Oschersleben (blau) und am Lausitzring (orange) im Vergleich
Foto: smg/Stritzke
Krütten sieht noch Fortschritte in einem konkreten Fenster: "Wir versuchen, dass das Auto gut durch die langsamen Ecken geht. Da haben wir seit gestern auch gute Fortschritte erzielt." Doch auch hier sind die Erwartungen gesunken: "Wenn wir so weitermachen, haben wir eine Chance, zumindest in den Top 10 mitzufahren." Die Favoritenrolle sieht er bei Audi und Mercedes-AMG.
Effekt des neuen Lambda-Wertes bei Mercedes-AMG unklar
Nicht nur BMW, auch Mercedes-AMG hat in der BoP Veränderungen erfahren. Gegenüber dem Nürburgring sind die Mercedes-AMG GT3 wieder sechs Kilogramm schwerer. Bekanntermaßen macht Gewicht dem AMG relativ wenig aus.
Interessanter ist daher die Änderung des Lambda-Werts beim Gemisch. Der Mercedes-AMG GT3 muss magerer fahren als in allen Rennen der vergangenen Jahre. Das stöchiometrische Verhältnis beträgt bei benzingetriebenen Motoren 14,7 Kilogramm Luft zu einem Kilogramm Kraftstoff. Das wird durch den Lambdawert 1 gekennzeichnet.
Werte über 1 bedeuten einen Luftüberschuss, Werte darunter einen Kraftstoffüberschuss. Bislang fuhr der Mercedes-AMG mit einem Wert von 0,92. Dieser wurde für den Nürburgring auf 0,91 herabgesetzt, die Motoren liefen also fetter. Plötzlich war der AMG das dominierende Fahrzeug auf einer Strecke, auf der er zuvor nie herausragend gewesen ist.
So wurde für den Lausitzring der Wert nun auf 0,93 erhöht. Damit läuft der Motor nun magerer als er es bislang tat. Ottomotoren erreichen ihre höchste Leistung bei einem Lambdawert von rund 0,85. 'Motorsport.com Deutschland' fragte im AMG-Lager nach.
Der Mercedes-AMG GT3 läuft am Lausitzring mit einem magereren Gemisch als bisher
Foto: Alexander Trienitz
Landgraf-Neuzugang Daniel Juncadella versucht, den Effekt herunterzuspielen: "Das spielt eine kleine Rolle bei der Performance des Autos. Nürburgring war ein sehr starkes Wochenende für Mercedes-AMG, von daher glaube ich, sie haben darauf reagiert. Letztlich gibt es nichts zu sagen. Wenn wir fahren, dann spürt man das nicht. Es fühlt sich im Prinzip gleich an im Auto. Das wird schon okay sein."
Auch ZVO-Teamchef Philipp Zakowski sieht keinen großen Gamechanger darin: "Ob es einen großen Effekt hat, ist immer die Frage und schwer zu sagen. Mit Sicherheit hat es irgendeinen Effekt, aber wie groß er final wirklich ist, ist schwer zu sagen. Im Grunde haben wir die gleiche BoP wie im vergangenen Jahr, wenn ich mich nicht irre." Und damals hat AMG einen Laufsieg geholt.
Marvin Dienst, neuer Teamkollege von Jan Marschalkowski bei ZVO, ist nicht überrascht: "Von außen betrachtet hat Mercedes [am Nürburgring] schon dominiert. Von daher war zu erwarten, dass es eine Reaktion geben würde. Das ist ja Sinn und Zweck der BoP. Wobei ich bislang nicht das Gefühl hatte, dass die Mercedes unbedingt die stärksten Fahrzeuge im Fahrerlager sind. Wir werden es im Qualifying sehen."
Mit Bildmaterial von ADAC Motorsport.
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