IndyCar-Test in Phoenix: Hohes Tempo und kritische Stimmen
Helio Castroneves nach zwölf Teststunden in Phoenix der Schnellste – Will Power, Juan Pablo Montoya und Michael Andretti äußern Bedenken zum Verhältnis Motorleistung vs. Abtrieb.
Foto: IndyCar Series
Im Rennkalender der IndyCar-Serie taucht in dieser Saison erstmals seit 2005 wieder der Phoenix International Raceway. Seit dem bisher letzten Gastspiel – damals noch unter dem Banner der Indy Racing League (IRL) – wurde das Ein-Meilen-Oval in der Wüste von Arizona umfangreich umgebaut. Im Rahmen von zweitägigen Testfahrten schossen sich die Piloten in dieser Woche auf die neuen Gegebenheiten ein. Renntermin für das Phoenix-Comeback der IndyCars ist Samstag, der 2. April, unter Flutlicht.
Die Bestzeiten in den vier einzelnen Testsessions am Freitag und Samstag über jeweils drei Stunden gingen an Helio Castroneves (Penske-Chevrolet; 19,586 Sekunden), Marco Andretti (Andretti-Honda; 19,604 Sekunden), Simon Pagenaud (Penske-Chevrolet; 19,288 Sekunden) und erneut Castroneves (19,274 Sekunden).
Somit schlägt die von „Spiderman“ Castroneves in Session 4 gefahrene Rundenzeit als Testbestzeit zu Buche. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beläuft sich auf stolze 190,894 Meilen pro Stunde, was umgerechnet 307,148 km/h entspricht – für ein Oval von gerade einmal 1,6 Kilometern Länge eine bemerkenswerte Marke. Erste Verfolger Castroneves' waren unterm Strich Penske-Teamkollege Pagenaud sowie Josef Newgarden und Ed Carpenter (beide Carpenter-Chevrolet).
Bildergalerie: IndyCar-Testfahrten in Phoenix
Die Rundenzeiten waren beeindruckend, doch die Stimmen der Beteiligten klingen nach den zwei Testtagen nicht uneingeschränkt positiv. Neben dem Kennenlernen des seit Sommer 2011 bestehenden, aktuellen Phoenix-Layouts gingen es den 21 anwesenden IndyCar-Piloten am Freitag und Samstag darum, die für die Saison 2016 überarbeiteten Aero-Kits von Chevrolet beziehungsweise Honda kennenzulernen.
Penske-Pilot Will Power und auch dessen Teamkollege Juan Pablo Montoya sind sich nach den insgesamt zwölf Teststunden einig: Um am 2. April ein lebhaftes Rennen zu erleben, in dessen Verlauf die Piloten auch fahrerisch Akzente setzen können, ist das Abtriebslevel der Boliden gegenwärtig zu hoch – beziehungsweise im Umkehrschluss die Motorleistung zu gering.
„Wenn wir statt mit unserer Motorleistung für die Ovale die Motorleistung für die Rundkurse zur Verfügung hatten und gleichzeitig den Abtrieb um die Hälfte reduzieren würden, wäre das großartig“, regt Will Power an. Der Australier, seines Zeichens IndyCar-Champion 2014, spricht damit auf die Tatsache an, dass den Piloten auf kurzen Ovalen wie Phoenix 600 PS Motorleistung zur Verfügung stehen, während es auf den Rundkursen (und den Superspeedways) bis zu 750 PS sind.
Power, der den Zwei-Tages-Test auf Platz sieben abschloss, wünscht sich, dass man am Phoenix-Rennwochenende Anfang April statt den minimal angepassten Aero-Kits für die Rundkurse jene für die Superspeedways – die sogenannten Speedway-Kits – verwendet: „Es stimmt einfach nicht, dass wir nicht mit den Speedway-Flügeln fahren könnten. Das würde durchaus funktionieren. Wir müssen diesen Schritt halt einfach gehen.“
Fotostrecke: Die Aero-Kits für die IndyCar-Saison 2016
„Es hängt davon ab, was wir unter Beweis stellen wollen“, so Power, und weiter: „Wollen wir zeigen, dass man die ganze Runde mit Vollgas fahren kann? Toll... Ich würde es lieber sehen, wenn der Fahrer wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt wird.“ Penske-Teamkollege Montoya, in der kombinierten Zeitenliste der vier Testsessions auf Platz zehn zu finden, stimmt zu. „Lasst uns den Heckflügel kleiner gestalten“, lautete am Samstag der Rat des Kolumbianers in Richtung des neuen IndyCar-Technikchefs Bill Pappas. Dieser lud Montoya daraufhin umgehend in den IndyCar-Transporter und versprach: „Ich werde mich dieses Themas annehmen.“
Auch Ex-IndyCar-Champion Michael Andretti, der mit seinem Team Andretti Autosport in der Saison 2016 vier Piloten (Carlos Munoz, Marco Andretti, Ryan Hunter-Reay und Alexander Rossi) an den Start schickt, macht sich mit Blick auf das Phoenix-Rennwochenende Sorgen. „Ich fürchte, dass die Situation eintreten wird, in der der Führende beim Überrunden einfach im Verkehr hängen bleibt“, so Andretti gegenüber Motorsport.com.
Um das im Raum stehende Überholproblem zu lösen, plädiert der Andretti-Teambesitzer allerdings anders als die Penske-Piloten Power und Montoya für mehr statt für weniger Abtrieb. „Ich bin dafür, dass der Abtrieb erhöht wird, um besseres Racing zu ermöglichen. Mit dem aktuellen Abtriebslevel werden wir keine gute Show abliefern können. Deshalb wollen wir für das Rennen mehr Abtrieb.“
Andrettis Aussagen sind nicht ganz uneigennützig. Schließlich hinkte die Performance der Honda-Piloten über weite Strecken der Testfahrten wieder deutlich hinter jener der Chevy-Piloten zurück. Marco Andretti, der nach zwölf Teststunden als Fünftschnellster unterm Strich bester Honda-Pilot war, erzielte seine Bestzeit in Session 2 mit einem Qualifying-Setup.
Michael Andretti hat abschließend noch einen Seitenhieb für die Penske-Piloten Power und Montoya parat: „Gewisse Leute wünschen sich weniger Abtrieb, aber sie kümmern sich nicht um die Show. Ich hingegen sehe das große Ganze. Ich betrachte es aus der Perspektive der Fans.“ So könne es sich die IndyCar-Serie nach Aussage des 53-jährigen Teambesitzers von Andretti Autosport, „nicht erlauben, bei der Rückkehr nach Phoenix nach zehn Jahren Pause eine solche Show abzuliefern. Es gibt schließlich hohe Erwartungen an ein gutes Rennen“, so Andretti.
Mit Informationen von David Malsher
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