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Kolumne 24h Nürburgring 2021: Dieses neue Reglement ist ein Irrweg

Ein neues Reglement bei Roter Flagge sollte alles fairer gestalten, doch die Probleme wurden mit Ansage offensichtlich - Rückkehr zum ursprünglichen System jetzt!

Liebe Freunde der endlosen Nebelbänke,

insgeheim hatte ich gehofft, dass ich den Versuch, euch irgendwie halbwegs nachvollziehbar zu erklären, wie das neue Abbruchsreglement funktioniert, umsonst geschrieben habe. Leider kam es dann doch zum Abbruch und wir haben die neue Regel gebraucht. Und wie befürchtet gab es die komplette Konfusion.

Vorweg: Der Abbruch war richtig und gerechtfertigt. Natürlich wurde in den 1970er- und 80er-Jahren bei solchem Wetter weitergefahren. Aber da waren auch die Geschwindigkeiten in der Regel auf dem Niveau der langsamsten Fahrzeuge heute.

Mit 270 km/h kann man nicht sicher durch Nebelbänke knallen, bei denen die Sicht weniger als 50 Meter beträgt. Wenn da ein Fahrzeug quer auf der Strecke steht und dann erfasst wird, wäre dies womöglich das Ende dieses Rennens.

Denn, das müssen wir uns eingestehen, die Öffentlichkeit war gegenüber Unfalltoten bei einem Autorennen damals bei weitem nicht so kritisch eingestellt wie heute. Daumen hoch, dass die Rennleitung so umsichtig reagiert und nicht einen Start erzwungen hat, als es einfach noch nicht ging.

Warum stand der BMW so lange an der Box?

Dennoch ist das Rennen für Fans nach dem Restart schwer nachvollziehbar gewesen. Wie soll man dem normalen Zuschauer erklären, dass der Rowe-BMW #1 einen Boxenstopp von fast sechs Minuten absolvieren musste, während andere nach drei Minuten wieder rausfahren konnten?

Es ist die Folge des Bürokratiemonsters des Schreckens, das der ADAC Nordrhein uns allen in Form des Bulletins vom 31. Mai vor den Latz geknallt hat. Die Neuregelung, dass die Stintlängen bei Abbruch beibehalten werden, ist gut gemeint. Aber gut gemeint ist manchmal das Gegenteil von gut gemacht.

Nick Catsburg, John Edwards, Philipp Eng, Nick Yelloly

Der Rowe-BMW musste quasi einen Boxenstopp nachholen

Foto: Alexander Trienitz

Ich habe mit erfahrenen Journalistenkollegen, Teamchefs und Fahrern gesprochen, von denen einige schlicht und einfach nicht verstanden haben, was da konkret drinstand. Wie kann man keine Woche vor Rennstart ein dermaßen kompliziertes Reglement einführen, bei dem kaum mehr jemand den Durchblick behält?

Um es kurz zu erklären: Der BMW musste quasi zwei Boxenstopps auf einmal absitzen. Denn er hatte genau in der Runde vor dem Abbruch getankt. Diese zählt jedoch nicht, weil bei einem Abbruch zwei Runden zurückgerechnet wird. Dennoch hatte der BMW einen vollen Tank. Er musste nun seinen Stopp, der vorher nicht zählte, quasi nachsitzen.

Tatsächlich wollte man den BMW damit ungefähr auf die Position zurückschicken, die er vor dem Abbruch gehabt hat. Da lag er ungefähr eine Minute hinter dem führenden Mercedes-AMG. Tatsächlich aber wurde er durch den Boxenstopp rund zwei Minuten zurückbefördert. Und das soll jetzt fairer sein?

Und das zusätzlich um den Preis, dass zu dem Zeitpunkt kaum ein Zuschauer wirklich nachvollziehen konnte, warum das so war. Selbst in unserem Redaktionschat haben wir irgendwann vor dem Stopp die Kulis gegen die Wand geworfen. Es war zu kompliziert. Mein Mitgefühl gilt den Live-Kommentatoren, die das dem Fan erklären mussten. Und den Fans, die wenigsten versucht haben, das Reglement zu verstehen.

Ich kann die Empörung der Fans nachvollziehen, die die Länge des BMW-Boxenstopps als unfair ansahen. Schnell machten dann auch falsche Gerüchte die Runde in den sozialen Medien, etwa dass die lange Boxenstoppzeit Teil der BoP sei. Nein, sie war die Folge eines undurchsichtigen bürokratischen Irrsinns, der mehr Fairness schaffen soll und uns alle nur mit Fragezeichen zurücklässt - und am Ende doch nicht fairer ist.

Ein faires System hat es bereits gegeben

"Komplette Fairness wird es bei einem Abbruch nie geben", hieß es auf meine Anfrage, als ich auf mögliche unfaire Szenarien im neuen Reglement hingewiesen habe. Ich sage: Doch, das ist möglich. Und das hat es sogar schon gegeben. Über Jahrzehnte wurden nach einem Abbruch beide Rennhälften für jedes Auto zusammengerechnet.

Der Fehler wurde schon vor Jahren gemacht, als man aufgehört hat, beide Rennhälften zu addieren. Begründung damals: Das Auto, das als Erstes über die Linie fährt, soll auch das Rennen gewinnen. Das würde Transparenz für den Zuschauer schaffen, weil es schlecht sei, wenn ein Auto als erstes über die Linie fährt, aber ein anderes durch die Addition der Rennhälften zum Sieger erklärt wird.

Dabei ist die Regel hochgradig unfair. Beispiel 1: Der siegreiche Manthey-Porsche hatte vor dem Abbruch schon mehr als eine Minute Rückstand auf den HRT-Mercedes #4. Durch den Abbruch wurde dieser Vorsprung eingeschmolzen.

Ich bin mir sicher: Bei einer Addition beider Rennhälften wäre der AMG #4 nicht verunfallt, weil man dann weniger Risiko im Nebel hätte gehen können. Noch unfairer wäre es gewesen, wenn der Porsche eine Runde später als der Mercedes getankt hätte: Dann wer er durch den Abbruch sogar virtuell an die Spitze gespült worden. Und es gab Fahrzeuge, die später gestoppt hatten, deshalb tauchte beispielsweise plötzlich der Rutronik-Porsche ganz vorne auf.

Beispiel 2: Wochenspiegel. Der Ferrari hatte sich nach einem Reifenschaden wieder auf Platz drei in der Klasse SP9 Pro-Am gekämpft und war nicht mehr weit weg vom Zweiten. Doch beim Abbruch lag der Führende genau zwischen diesen beiden Fahrzeugen. Platz eins und zwei in der Pro-Am kamen gerade noch durch, der WTM-Ferrari war das allererste überrundete Auto.

Folge: Der WTM-Ferrari verlor eine komplette Runde, weil die Zeitabstände, aber nicht die Rundenabstände annulliert werden. In früheren Zeiten wäre es bei einer Addition der Zeiten niemals zu so einem Szenario gekommen.

Nun sollte mit dem neuen Reglement an dieser Stelle angesetzt werden und beim Abbruch der jeweilige Klassenführende als Referenz herangezogen werden statt der Gesamtführende. Doch die SP9 Pro-Am wird nicht als eigene Klasse geführt. Auch hier wurde das neue Bulletin wieder nicht in letzter Konsequenz zu Ende gedacht.

Das totale Chaos war nicht mehr weit weg

Glücklicherweise haben wir das absolute Horrorszenario gar nicht erlebt: Ein Neustart ab etwa zwei Stunden vor Schluss hätte uns die richtig üble Situation eingebrockt, dass nach dem letzten Boxenstopp mit Strafzeiten gearbeitet worden wäre, ebenfalls ls Folge des neuen Reglements. Die Begründung möchte ich euch an dieser Stelle ersparen, wir haben das Szenario hier schon einmal erklärt.

24h Nürburgring, Safety-Car

Zum Glück erfolgte der Neustart nicht noch später

Foto: Alexander Trienitz

Jedenfalls wäre dann kein Auto mehr auf der Position gefahren, auf der es wirklich gelegen hätte. Und plötzlich hätten wir genau das Szenario gehabt, mit dem ursprünglich das fairste aller Reglements beerdigt wurde.

Warum musste man ein funktionierendes System überhaupt kippen? Meines Erachtens ist dem Publikum am Nürburgring, das sich durch Fachwissen auszeichnet, eine Addition zweier Rennhälften durchaus zu vermitteln. In jedem Fall deutlich besser als das, was jetzt geschaffen wurde.

Warum muss man dieses durch ein Neues zu ersetzen, das ein kleines Problem beheben mag, aber Hundert neue schafft? Und diese Hundert neuen Probleme dann versuchen, durch Hundert neue Verordnungen in den Griff zu bekommen, bis überhaupt niemand mehr durchblickt?

Bitte, liebe Regelmacher beim ADAC Nordrhein: Gesteht euch ein, dass die Regelung, die beiden Rennhälften zusammenzuaddieren, doch nicht so falsch gewesen ist. Oder geht den anderen Weg, kippt die Fairness, aber macht es wenigstens so, dass man noch durchblickt.

  • Wenn ihr ein faires Rennen möchtet, addiert die beiden Rennhälften zusammen wie früher!
  • Wenn ihr Unterhaltung im NASCAR-Stil wünscht, dann macht es beim Abbruch wie in den vergangenen Jahren!

Wer versucht, das Beste aus zwei Welten zusammenzumischen, erhält oft einen Mix mit dem Schlechtesten von beidem.

Euer

Heiko Stritzke

Mit Bildmaterial von Alexander Trienitz.

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