Erklärt: Der lange Weg zur Lamborghini Squadra Corse
Es ist schwer vorstellbar, doch die Lamborghini-Motorsportabteilung existiert erst seit elf Jahren - Wie es zur Gründung der Lamborghini Squadra Corse kam
Der Lamborghini Diablo GT1 Stradale war der erste werksseitig von Lamborghini in Auftrag gegebene Rennwagen
Foto: Archiv Archiv
Die Geschichte der GT-Autos bei Lamborghini ist vergleichsweise jung und ist eng verwoben mit dem Mann, der als Vater des heutigen GT-Sports gilt: Stephane Ratel. Seine Organisation SRO Motorsports Group organisierte ab 1995 die Lamborghini Diablo Super Supertrophy. Die erste Rennsaison war 1996. 32 Fahrzeuge wurden gebaut, der erste Lauf fand im Rahmen der 24 Stunden von Le Mans statt.
Ratel gehörte auch 1994 zu den drei Gründern der BPR Global GT Series. Neben ihm ging die Initiative von Jürgen Barth und Patrik Peter aus, die Anfangsbuchstaben der Nachnamen gaben der Serie ihre Bezeichnung. 1997 ging sie in der FIA-GT-Meisterschaft auf.
Der lange Weg zur Squadra Corse
Noch vor der Übernahme von Lamborghini durch Audi im Jahr 1998 gab das Werk einen Diablo GT1 Stradale in Auftrag, der bis auf den Motor kaum etwas mit der Serie teilte. Er war als Konkurrenz zum Porsche 911 GT1 oder dem McLaren F1 GTR gedacht.
Unter anderen bestand die Karosserie aus Kohlefaser. Das Projekt wurde von Signes Advanced Technology (SAT), einem Spezialisten zur Vorbereitung von Rennwagen aus Toulon in Frankreich, betreut. Doch dann bekam man bei Lamborghini doch Bedenken, sich mit dem Projekt finanziell zu überheben. Es kam nicht zu dem geplanten Einsatz. Ein Wagen blieb bei SAT, ein zweiter fuhr mehrere Jahre in der japanischen Rennserie JGTC.
Anders als etwa bei Porsche, wo die GT-Rennserien dafür sorgten, dass der Bereich Kundenmotorsport wieder Auftrieb erhielt, tat sich bei Lamborghini lange vergleichsweise wenig. Es war eine deutsche Firma, die die ersten GT-Wagen auf Basis eines Lamborghini bauen sollte, die auch zum Einsatz kamen. Reiter Engineering fertigte 2001 auf Basis des Diablos ein GT2-Fahrzeug.
Unvergessen: Die GT1-Version des Lamborghini Murcielago war einer der lautesten Rennwagen der Geschichte
Foto: motioncompany
2003 erschien der Murcielago R-GT. Hier gab die Audi Sportabteilung zum Start Unterstützung, Reiter setzte das Projekt um. "Er kam in der Spätphase der GT1 zum Einsatz und wurde Screamer genannt. Sein V12 besaß einen unglaublichen Sound", sagt Rouven Mohr. Der Murcielago habe nicht zu den schnellsten im Feld gezählt, aber einen spektakulären Auftritt gehabt und damit einen festen Platz im Herzen der Rennsportfans besessen.
2006 war es der Lichtenfelser Unternehmer und Rennfahrer Stephan Rösler, der mit Lambo-Racing mit Reiter erstmals den Gallardo auf die Rennstrecke, die Nordschleife, brachte. Aus dem Wagen entwickelte Reiter eine GT3-Version. 2006 trat auch Raeder Motorsport beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring mit einem Gallardo an.
Stephan Winkelmann wurde 2006 zum Chef von Lamborghini, mit ihm wurde das Thema Rennwagen Chefsache. Drei Jahre später kam in der Gallardo Super Trofeo der erste im Werk entwickelte Rennwagen zum Einsatz, ein noch recht seriennaher Ableger der Straßenversion.
Lamborghini nimmt GT3-Projekt in die Hand
Der erste Sportwagen von Lamborghini, der parallel auch in einer GT3-Version entwickelt wurde, war der Huracan - und da auch von einer eigenen Abteilung im Werk: Die Squadra Corse feierte 2023 ihr zehnjähriges Bestehen. Es gab ihn in drei Bauständen: "Die erste war noch recht nah am Audi R8 angesiedelt", erinnert sich Rouven Mohr.
Zum Einstieg habe auch noch ein erheblicher Teil der Entwicklung außer Haus stattgefunden, parallel mit dem Audi R8 der ersten Generation, aus Italien wurde zugearbeitet. Das änderte sich mit der ersten Evolutionsstufe des Huracan GT3: "Zu diesem Zeitpunkt haben sich die Autos begonnen auseinanderzuentwickeln."
Stelle man heute den Huracan GT3 Evo 2 neben den R8 LMS, finde man erhebliche Unterschiede: "Das fängt der Kinematik der Achsen an, die Aerodynamik ist ohnehin eine andere, dazu fahren wir heute ein Motorkonzept mit Einzeldrosseln, um das Ansprechverhalten noch einmal zu verbessern."
Stephan Winkelmann machte den Motorsport bei Lamborghini zur Chefsache
Foto: Tobias Kindermann
Das Chassis für den Huracan entsteht im Audi-Werk Neckarsulm und wird dann nach Italien gebracht, wo der Wagen gebaut wird. So läuft es auch für die GT3-Fahrzeuge. Ab einem bestimmten Zeitpunkt werden sie aus der Produktionslinie ausgesteuert und in der Motorsportabteilung komplettiert.
Vertrieb und Service übernimmt das Werk im Anschluss komplett in eigener Regie. "Ein eigenes Werksteam haben wir aber nicht, auch nicht in verkappter Form." Iron Lynx sei der Partner für die GT3-Einsätze in der WEC und teilweise in der IMSA, weil von diesem Team auch die LMDh-Prototypen betreut würden.
In der DTM etwa arbeite man mit weiteren Teams zusammen wie SSR, Grasser oder Paul. "Starke Partner sind für uns ein integraler Bestandteil. Entwicklungsseitig haben wir jedoch für den Motorsport die Gesamtsteuerung und volle Verantwortung in House, anders als andere Firmen, die am Ende dann nur noch ihr Markenlogo auf das Auto setzen."
GT3 nicht mehr seriennah
Die Art, wie GT3-Autos heute konstruiert würden, habe sich in den vergangenen fünf Jahren deutlich geändert. "Diese Serie ist ja einst als relativ seriennahes Format gestartet. Das war die ursprüngliche Idee."
Inzwischen habe sich die Szene geteilt. Auf der einen Seite befänden sich die Hersteller, die ohnehin Sportwagen bauen. Dazu zählten etwa Porsche, McLaren, Ferrari und Lamborghini. Da seien die Fahrzeuge noch nah am Serienwagen. Auf der anderen Seite Großserienhersteller wie BMW oder Ford, die Sportcoupes aus der Großserie an den Start bringen.
Doch selbst bei Sportwagenbauern sei die Achskinematik anders, zudem die Karosserien verstärkt, da die Überrollkäfige direkt auf die Fahrzeugdome gingen. Dazu kämen sequenzielle Getriebe. Worauf man bei Lamborghini - und damit auch Audi - besonders stolz ist: "Der Basismotor ist immer noch der aus dem Straßenauto."
Das Hellgrün ist längst zum Markenzeichen der Lamborghini-Rennfahrzeuge geworden
Foto: SRO
Der Huracan sei in seinen Grundzügen noch ein GT3-Auto der alten Generation. "Wir verwenden zwar viele Teile aus Kohlefaser, aber im Prinzip ist der Wagen noch wie ein konventionelles Auto aufgebaut."
Bei neuen Konstruktionen (etwa dem Ferrari 296 GT3) könne man zum Beispiel Front und Heck als ein Teil abnehmen. "Das ist wie bei den Prototypen. So etwas war früher nicht erlaubt."
Insgesamt hat Lamborghini 400 Huracan für die Super Trofeo aufgebaut, dazu kommen 200 Exemplare als GT3. Beide Angaben schließen den EVO und EVO2 ein.Diese Story teilen oder speichern
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