Ferrari-Bilanz 2023: Mit Performance happy, mit BoP nach Le Mans nicht
Bei Ferrari lässt man die erste WEC-Saison mit dem 499P Revue passieren, sieht für 2024 noch Luft nach oben und hofft vor allem auf Einlenken von ACO und FIA
Mit dem brandneuen 499P ist Ferrari nach jahrzehntelanger Pause in die Topklasse des internationalen Langstreckensports zurückgekehrt. Während man bei den 24 Stunden von Le Mans im Juni einen triumphalen Sieg feierte, hatte man im Titelkampf über die gesamte Saison der Langstrecken-WM (WEC) letztlich keine ernsthafte Chance gegen Platzhirsch Toyota.
Mit dem im dritten Jahr im Einsatz befindlichen GR010 Hybrid hat Toyota in der WEC-Saison 2023 alle Rennen mit Ausnahme von Le Mans gewonnen. Ferrari war, obwohl das Auto neu war, in der ersten Saisonhälfte konkurrenzfähiger als in der zweiten.
Mit der eigenen Performance im Jahr 2023 ist man im Langstreckenprogramm von Ferrari zufrieden, mit der Balance of Performance (BoP), wie sie nach den 24h Le Mans angewandt wurde, allerdings nicht. Mit Blick auf die WEC-Saison 2024, die am 2. März in Katar beginnt (WEC-Kalender 2024), erhofft man sich bei Ferrari von den Regelhütern mehr Ausgeglichenheit und damit mehr Chancen auf Siege.
"Was unser Team betrifft, so ist es normal, dass wir uns hinsichtlich des Managements der Rennen noch steigern müssen", sagt Antonello Coletta, Leiter des Langstreckenprogramms bei Ferrari, und merkt an: "Wir müssen unser Auto noch besser verstehen. Das ist aber ein normaler Prozess."
"Wir müssen uns dahingehend verbessern, wie wir uns als Team die Reifen und die Rennen überhaupt einteilen. Das aber Teil der Aufgaben jedes Teams, nicht nur bei Ferrari. Man darf nicht vergessen, dass unsere Konkurrenten seit Jahren in dieser Rennserie fahren. Da ist es normal, dass sie wahrscheinlich ein bisschen mehr Konstanz an den Tag legen."
Der Ferrari 499P absolvierte 2023 seine erste WEC-Saison
Foto: Motorsport Images
Ausfälle wurden sowohl im Lager von Toyota als auch im Lager von Ferrari in der WEC-Saison 2023 nur jeweils einer verbucht. Ferrari verlor bei den 6h Spa einen der beiden 499P durch Unfall. Toyota passierte das Gleiche mit einem der beiden GR010 Hybrid bei den 24h Le Mans.
Ferrari mit eigener Performance zufrieden
"Das war unsere erste Saison", sagt Ferrari-Technikchef Ferdinando Cannizzo. "Dass wir alle Rennen ohne größere Zuverlässigkeitsprobleme beendet haben, das ist bemerkenswert. Wir waren von Beginn an konkurrenzfähig, vor allem im Qualifying, und haben das Auto sehr rasch kennengelernt. Dass wir dieses Auto in so kurzer Zeit so schnell gemacht haben, darauf dürfen wir wirklich stolz sein. Und das sind wir."
Ferraris einziger Saisonsieg: Calado/Giovinazzi/Pier Guidi in Le Mans
Foto: Motorsport Images
"Natürlich", merkt Cannizzo mit Blick auf die BoP in der zweiten Saisonhälfte an, "gibt es gewisse Umstände, die dafür gesorgt haben, dass wir letzten Endes nicht ganz oben abgeschlossen haben. Aber wie ich schon gesagt habe, wir können uns selber guten Gewissens in die Augen sehen."
Auf Nachfrage, was genau man im Verlauf der Debütsaison über den 499P gelernt habe, antwortet der Ferrari-Technikchef: "Das sind tausend Dinge. Sicherlich, wir haben bei den Testfahrten vor Saisonbeginn jede Menge Kilometer zurückgelegt. Aber am meisten lernt man nun mal im Wettbewerb. Jedes Mal, wenn man auf der Strecke gegen die anderen antritt, lernt man etwas dazu."
"Diese Lernkurve ist wirklich eine steile und die Lernphase hält meiner Meinung nach immer noch an", sagt Cannizzo und stellt heraus: "Das ist gut, denn das bedeutet, dass wir für die kommende Saison noch Raum für Verbesserungen haben."
Ferraris Hoffnung für 2024: Guter Kampf aller Hersteller in allen Rennen
Verbessern muss sich Ferrari nach Ansicht des Langstrecken-Projektleiters Antonello Coletta aber nicht nur in den eigenen vier Wänden. Verbesserungen müsse es seiner Ansicht nach eben auch auf Seiten des ACO und der FIA geben, um eine BoP-Situation wie sie in der zweiten Saisonhälfte 2023 herrschte, nicht noch einmal zu erleben.
Ab den 6h Monza im Juli kam Ferrari an Toyota nicht mehr vorbei
Foto: Motorsport Images
"Wenn wir die Möglichkeit haben, auf korrekte Art und Weise einen echten Kampf zu liefern, so wie wir das in Le Mans gesehen haben, dann liegt es an uns, die Situation richtig zu managen", sagt Coletta und ist überzeugt: "Dann ist es nicht unmöglich, [den Sieg in] Le Mans zu wiederholen."
"Ferrari hat ja gezeigt, dass es unter den richtigen Bedingungen möglich ist, mit den anderen Herstellern zu kämpfen. In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass in Le Mans nicht nur Ferrari und Toyota in Führung lagen, sondern alle Hersteller. Leider aber haben wir in den Rennen nach Le Mans eine andere Situation erlebt", so Coletta.
"Ich glaube, ich spreche für alle, wenn ich sage, dass die zweite Saisonhälfte hinsichtlich der Qualität der Rennen nicht gut gemanagt wurde", unterstreicht Coletta seine Kritik an der BoP im Anschluss an Ferraris einzigen Saisonsieg. Für die WEC-Saison 2024 hofft er auf "einen guten Kampf aller Hersteller in allen Rennen, denn das ist es, was diese Meisterschaft braucht".
Mit Bildmaterial von Ferrari.
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