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Kolumne zum WEC-Auftakt: Goldene Zeitalter beginnen unscheinbar

Aller Hypercar-Anfang ist schwer: Was die LMh-Kategorie mit den Anfängen der Gruppe C gemeinsam hat - Potenzial ist da, wenn der ACO es richtig macht

Liebe Freunde des gepflegten Sportwagensports,

es war eine lange Durststrecke, die die Langstrecken-Weltmeisterschaft durchmachen musste. Es ist nur allzu verständlich, wenn sich einige Fans seit 2018 frustriert abgewendet haben- und das haben sie, wie unsere Aufrufzahlen bei diesem Thema belegen.

Doch die Talsohle sollte durchschritten sein, und die Zukunft sieht glänzend aus wie schon lange nicht mehr. Um ehrlich zu sein: Wie seit fast 40 Jahren nicht mehr. Konkret gleichen sich die Anfänge der Hypercars und die der Gruppe C frappierend. Und letztere betrachten wir heute noch als das Vorzeige-Zeitalter des Le-Mans-basierten Sportwagensports.

Ja, wir haben erstmal nur ein wirkliches Le-Mans-Hypercar (den Toyota GR010 Hybrid am Start, das in einen Topf mit einem Ex-LMP1 geschmissen wird. Und dann fangen jetzt auch noch die LMP2 an, diesen Fahrzeugen auf der Nase herumzutanzen. Es wäre einfach, in dieser Situation auf FIA, ACO und das ganze Reglement einzudreschen. Doch das würde dem, was hier im Entstehen ist, nicht gerecht werden.

Das Hypercar-Reglement wird seine Stärken nicht im ersten Rennen auf einer Strecke ausspielen, auf dem Fahrzeuge mit einem Le-Mans-Aerokit gewinnen können, wie es die LMP2 seit diesem Jahr verpflichtend verwenden müssen. Man kann einen Setzling nicht nach wenigen Tagen mit ausgewachsenen Pflanzen vergleichen. Die Stärken werden sich mit der Zeit zeigen.

Auch die Gruppe C begann schwach

Wir sollten uns vor Augen führen, dass auch die Gruppe C zu Beginn ein ziemlich zartes Pflänzchen war, das sich zunächst sehr schwertat. Viele Gruppe-C-Fahrzeuge waren 1982 noch gar nicht fertig. Selbst der Porsche 956 kam erst zum zweiten Rennen. Dieses Jahr hat es Glickenhaus nicht zum ersten Rennen geschafft. Das ist historisch betrachtet die Regel und nicht die Ausnahme.

Weitere Parallelen? Die alten Gruppe-5- und Gruppe-6-Boliden waren mindestens auf Augenhöhe und versägten die neuen Boliden vor allem in der DRM zunächst regelmäßig. "Grandfathering", was wir in diesem Jahr mit dem Alpine A480 sehen, ist kein neues Phänomen.

Es gab Zweifler hüben wie drüben, als Gruppe 5 und Gruppe 6 durch die neuen Boliden abgelöst werden sollten, die kaum schneller waren, aber nachhaltiger sein sollten. Ein Begriff, der Hardcore-Racern schon immer schwer zu vermitteln war, was nur allzu verständlich ist.

Riccardo Patrese

Die Anfänge der Gruppe C waren alles andere als glorreich

Foto: Motorsport Images

Hätte es 1982 die sozialen Medien bereits gegeben, wäre das Geschrei vermutlich groß gewesen. Zu schwer, zu wenig Wiedererkennungswert, und überhaupt, was soll das ganze Zeug mit der maximalen Spritmenge? Was hat das mit Rennsport zu tun?

Am Zahn der Zeit

Heute wissen wir, was daraus geworden ist. Das Gruppe-C-Reglement bot nicht nur kosteneffizienten Sport, sondern traf nach der ersten großen Ölkrise den Zeitgeist. Die Verbrauchsformel brachte die Hersteller zurück, die zuvor der Sportwagenszene den Rücken gekehrt hatten, die in den späten 1970er-Jahren nicht gerade ihre einfachste Zeit hatte - von der starken DRM einmal abgesehen.

Kommt einem bekannt vor, oder? Die Le-Mans-Szene liegt an der Spitze, von Toyotas tapferem Durchhalten abgesehen, seit drei Jahren am Boden. Die GT3-Szene hält den Sportwagensport insgesamt am Leben. Und das neue Reglement ist direkt am Zahn der Zeit: Nachhaltigkeit steht im Vordergrund, vor allem auf Kostenseite.

Die Zeiten der Maßlosigkeit sind vorbei. Rückblickend betrachtet muss man festhalten, dass schon die extremen LMP1-Hybridzeiten nicht mehr zeitgemäß waren. Die Zeiten, als Hersteller in Massen bereit waren, diese Beträge auszugeben, waren die 2000er-Jahre, als noch Tabakmillionen wie Milch und Honig flossen.

Folglich kollabierte die LMP1 der 2010er-Jahre schon nach drei bis vier Jahren. Der ACO griff nach den Sternen und stürzte grandios ab. Die Lektion sollte ein für alle Mal gelernt sein. Minimalismus ist das neue Leitprinzip.

Timo Bernhard, Mark Webber

Rückblickend war die LMP1 aufregend, aber schon damals nicht mehr zeitgemäß

Foto: Porsche

Kosteneffizient, klimaschonend und nachhaltig muss der Motorsport der 2020er-Jahre sein, will er im gegenwärtigen gesellschaftlichen Klima relevant bleiben. Auch das sind Schlagworte, die seit Jahrzehnten fallen, aber an denen Heerscharen von Reglements seit den späten 1980er-Jahren gescheitert sind.

Heute gibt es Stellschrauben auf Reglementseite, diese Prinzipien auch dauerhaft einzuhalten. Dass eine Rennserie an ihren Kosten scheitert, sollte mit der LMP1 zum letzten Mal passiert sein. Scheitert Hypercar, wird der Grund wahrscheinlich von außen gekommen sein - der Blick geht auf mögliche Verbrennungsmotorverbote in der Zukunft.

Selbst die Formel 1 hat diese Zeichen der Zeit erkannt und führt die Budgetobergrenze ein. Der ACO setzt es noch konsequenter um: Le-Mans-Hypercars sind um den Faktor drei bis fünf kostengünstiger als die LMP1-Hybriden. Die LMDh werden das noch in den Schatten stellen.

"Instant Gratification" für alle Hersteller

Die Homologation auf fünf Jahre tut ihr Übriges. Wozu noch Abermillionen investieren, um ein paar Zehntel auf der Strecke zu finden? Technische Überlegenheit gegenüber anderen Herstellern zu beweisen, ist kein Antrieb mehr, schließlich gleichen sich die Serienmodelle der Hersteller ohnehin immer weiter an. Die Marke steht im Vordergrund, und die kann mit entsprechendem Styling hervorgehoben werden.

Die Balance of Performance schiebt Exzessen einen Riegel vor und ermöglicht schnelle Siege. Es passt zu unserer Gesellschaft, die immer mehr nach sofortiger Bedürfnisbefriedigung strebt, dass man einem Hersteller den Le-Mans-Sieg schon im ersten Jahr schmackhaft machen kann. Die Tugend, sich Erfolg über viele Jahre zu erarbeiten, verschwindet an vielen Stellen - auch in den Führungsetagen der Automobilkonzerne.

Porsche-LMDh-Projekt, Porsche LMDh, Rendering

2023 wird das Hypercar-Karussell richtig Fahrt aufnehmen

Foto: Porsche

Damit hört es nicht auf: Die neuen Fahrzeuge werden auch für Kunden erschwinglich sein. Genau das war das Geheimnis der Gruppe C. Es gab einen Businesscase für Hersteller, die ihre Fahrzeuge in Kundenhand geben konnten. Mit Rennautos Geld verdienen statt auszugeben - da kann der Vorstand schlecht nein sagen. Mit den superkomplexen Zauberlehrlingen der LMP1-Hybridära war daran nicht zu denken.

Der Motorsport geht den richtigen Weg, Hybridtechnologie für jeden erschwinglich zu machen. Selbst wenn ein Werk sich zum Ausstieg entscheiden sollte, können Kunden mit dem Fahrzeug bis zum Ende des Homologationszyklus um Siege fahren. Das sorgt für Abwechslung und Diversität an der Spitze - noch ein Schlagwort unserer heutigen Gesellschaft.

Was kann schiefgehen?

Ich bin selten zum Beginn einer neuen Ära so optimistisch gewesen wie jetzt. Als 2014 mein Vorgänger Roman Wittemeier vom großen Angriff der WEC auf die Formel 1 schrieb, hallte stets im Hintergrund mit: "Aber die Kosten dürfen nicht ausarten ..." Sie arteten aus und zerstörten die Klasse in Windeseile.

Diese Gefahr ist beim Hypercar-Reglement gebannt, egal ob LMH oder LMDh. Was kann also schiefgehen? Nun, den mahnenden Zeigefinger muss man immer heben: BoP bedeutet immer Politik. Und jetzt steht der größte Triumph im weltweiten Motorsport zur Debatte. Der Le-Mans-Sieg darf zu keinem BoP-Geschacher an den Höchstbietenden verkommen. Das wäre das Ende des Sports.

Und das große politische Spiel muss von einem ACO gestemmt werden, der nicht mehr wiederzuerkennen ist. Wer im Fahrerlager in Spa 2021 unterwegs ist, wird so viele neue Gesichter sehen, dass man glauben mag, sich in der Rennserie verirrt zu haben. Kaum ein Stein ist gegenüber den Supersaisons, und wie sie alle hießen, auf dem anderen geblieben.

Zieldurchfahrt 24h Le Mans 1989

Gruppe C auf dem Höhepunkt 1989: Wiederholung in den 2020er-Jahren möglich

Foto: Motorsport Images

Eine neue, unerfahrene Führung muss nun gleichzeitig die Kinderkrankheiten der neuen Hypercar-Klasse heilen als auch Vorbereitungen treffen, wenn der große Hypercar-Zug spätestens 2023 so richtig ins Rollen kommt. Und dann wartet da noch der Patient GTE. Keine einfachen Aufgaben für die neue ACO-Spitze rund um Frederic Lequien.

Und was sollten wir Fans beim Auftakt tun? Ich schlage vor: genießen! Dass die LMP2 die Hypercars ärgern, wird nur eine kurzzeitige Episode sein. Wir sollten uns an dieser kurzen Momentaufnahme erlaben, wenn heute eine Anzahl von Autos für den Sieg in Frage kommt, die es seit den großen Zeiten von Audi, Porsche und Toyota nicht mehr gegeben hat.

Und vielleicht werden wir eines Tages an die vielleicht letzte große Ära des verbrennungsmotorbasierten Motorsports in den 2020er-Jahren zurückdenken und mit Recht sagen können: Ich war dabei, als diese großartige Ära mit drölfziglionen Herstellern aus dem zarten Pflänzchen in Spa 2021 entstand. So, wie es die Gruppe C anno 1982 tat.

Euer

Heiko Stritzke

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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