WEC-Hypercars 2020: So sehen die Regeln aus
Der ACO hat die Regeln für die LMP1-Nachfolge festgelegt: "Hyper Sport" kommt mit unterscheidlichen Konzepten, einer BoP und optionalem Hybridantrieb daher
Ein halbes Jahr später als geplant hat der Le-Mans-Veranstalter ACO die endgültigen Rahmenbedingungen für die neue Topklasse in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) und bei den 24 Stunden von Le Mans bekannt gegeben.
Ab der Saison 2020/21 löst eine völlig neue Generation von Fahrzeugen die jetzige LMP1-Kategorie ab. Die neue Klasse nennt sich "Hyper Sport" und ermöglicht den Einsatz sogenannter Hypercars.
Diese können entweder nach den vom ACO bereits im vergangenen Winter verkündeten Regularien als Prototypen aufgebaut oder direkt vom Serienderivat abgeleitet werden. Für letzteren Weg müssen mindestens 20 Straßenfahrzeuge über einen Zeitraum von zwei Jahren gebaut werden. Die Fahrzeuge werden für fünf Jahre homologiert.
Die ursprünglichen Regularien der Prototypen im Hypercar-Look bleiben damit unverändert bestehen. Sie waren bei den Herstellern auf wenig Gegenliebe gestoßen. Sie wollten ihre Le-Mans-Fahrzeuge lieber direkt vom Straßenfahrzeug ableiten. Der ACO hat nun beides ermöglicht.
Hybridantrieb nicht obligatorisch
Des Weiteren ist ein Hybridantrieb nur noch optional. Die Leistung der Hybridsysteme wird auf 200 Kilowatt, also 270 PS gedrosselt. Die Systemleistung der Boliden soll nur noch 750 PS betragen - deutlich weniger als in der alten LMP1-Hybridgeneration, die vierstellige PS-Zahlen realisieren kann. Es ist auch deutlich weniger als die im Dezember 2018 veranschlagten 950 PS. Hybridboost kann auf die Vorder- und Hinterachse abgegeben werden.
Wie in den Jahren 2011 bis 2013 darf der Boost erst ab 120 km/h bei trockener Fahrbahn abgefeuert werden. Bei Regen wird noch ein Wert zwischen 140 und 160 km/h bestimmt, hier konnte man sich bislang noch nicht einigen. Bei den Prototypen wird die Vorderachse angetrieben, bei den Serienderivaten wird auf die Achse geboostet, auf die der Hybridboost auch beim Serienfahrzeug wirkt.
Nachdem der Hybridantrieb nun optional ist, können auch hybridlose Hypercars wie der McLaren Senna in der neuen Hyper-Sport-Kategorie starten. Rein theoretisch wäre es so auch möglich, einen "GTE Plus" zu entwickeln, wie es Ford mit dem GT angeregt hat - sofern der ACO das Fahrzeug dann als Hypercar anerkennt.
Balance of Performance wird eingeführt
Um all die verschiedenen Konzepte unter einen Hut zu bringen, wird es erstmals in der Top-Kategorie der WEC eine Balance of Performance (BoP) geben. Die Fahrzeuge werden also einzeln aneinander angepasst und nicht wie bislang die Fahrzeugkonzepte (Equivalence of Technologies - EoT).
Aston Martin hat sich als erster großer Hersteller zur neuen Kategorie bekannt
Foto: Aston Martin
Um die Probleme der derzeitigen LMP1-Kategorie mit völlig unterschiedlichen Beschleunigungskurven zu umgehen, wird die Leistungskurve der Motoren genau homologiert werden müssen. Damit nähert man sich den GT-Klassen an. Verbrennungsmotoren dürfen entweder vom Straßen-Hypercar abgeleitet oder als Rennmotor aufgelegt werden. Es gibt Einheitskraftstoff.
Die Fahrzeuge werden mit 1.100 Kilogramm wesentlich schwerer als die bisherigen LMP1, die bis zu 816 Kilogramm leicht sind (Saugmotor ohne Hybrid). Im Dezember-Entwurf waren 1.040 Kilogramm festgehalten.
Deutlich langsamer als LMP1
Dadurch werden die Rundenzeiten gewaltig ansteigen. Der ACO hat die alte Marke von 3:30 Minuten auf dem Circuit de la Sarthe im Renntrimm wieder hervorgekramt. Um die Einhaltung dieser Zeit zu gewährleisten, ist erstmals ein Einheitsreifen vorgeschrieben.
Bislang gilt freier Wettbewerb, auch wenn nur noch Michelin in der LMP1 vertreten ist. Allerdings bekam in der Vergangenheit jeder (große) Hersteller individuelle Reifen. Damit ist jetzt Schluss.
Hybrid für Allradler erst ab 120 km/h: Diese Regel ist nicht neu
Foto: Audi
Somit ist auch klar, dass die derzeitigen LMP2-Boliden, die im Renntrimm deutlich unter 3:30 Minuten fahren können, eingebremst werden müssen. Dazu hat sich der ACO noch nicht geäußert.
Kosten bleiben vage
Verschwunden ist auch die Festlegung auf eine konkrete Budget-Summe. Einst waren 20 Millionen Euro für eine Saison mit einem Zwei-Wagen-Team angedacht. Die Kosten werden jedoch in der Präsentation mit keinem Wort mehr erwähnt. Es heißt lediglich: "Hohe Ausgaben werden keinen Performance-Vorteil mit sich bringen."
‘¿’FIA-Chef Jean Todt sagt zu den neuen Regeln: "Sie wurden in einem positiven Prozess zwischen FIA, ACO, Herstellern und Teams ausgearbeitet. Sowohl werden sie langfristig eine stabile Plattform garantieren, als auch ein kosteneffizientes Versuchsfeld für Automobil-Technologien der Zukunft bieten."
Richard Mille, Vorsitzender des FIA-Langstreckenkomitees, fügt hinzu: "Die Leitlinien der Regeln sind ein garantierter [fairer] Wettbewerb zwischen den Teilnehmern, ein überschaubares Budget und spektakulärer Motorsport. Diese Regularien werden alle drei Prinzipien erfüllen. Es gibt großes Interesse von Herstellern und Fans."
Mit Bildmaterial von FIA WEC.
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