"Inakzeptabel" und "gefährlich": MotoGP-Fahrer kritisieren Streckenzustand
Nach dem MotoGP-Sprint in Aragon bemängeln zahlreiche Fahrer die Streckenbedingungen, insbesondere die Situation am Start
Ungleiche Bedingungen am Start: Wer auf der Innenseite stand, war im Nachteil
Foto: LAT Images
Schon am Freitag bereitete der neue Asphalt in Aragon vielen MotoGP-Fahrern Probleme. Die Strecke war noch "grün" und bot wenig Grip, wurde aber mit jeder Session und entsprechend mehr Gummiabrieb auf der Oberfläche etwas besser. Der nächtliche Regen machte das jedoch wieder zunichte.
Der Zustand der Strecke verschlechterte sich, und zwar so sehr, dass einige Fahrer ihn nach dem Sprintrennen als "inakzeptabel" und "gefährlich" einstufen.
Insbesondere die Situation auf der Start-Ziel-Geraden wird kritisiert. Denn während auf der rechten Seite durch die vorangegangenen Trainings nicht mehr so viel Dreck lag, war die linke Seite noch ziemlich schmutzig. Das erwies sich für eine Reihe von Fahrern, die ihre Startposition auf dieser Seite hatten, als Nachteil.
Bei Francesco Bagnaia wurde das am deutlichsten. Von Startplatz drei aus geriet der Ducati-Pilot direkt ins Schlingern und verlor wertvolle Positionen. Besonders ärgerlich: Bereits am Freitag hatte er diese Befürchtung und brachte diese auch zum Ausdruck.
"In der Sicherheitskommission gestern war es mein größter Wunsch, dass sie die Startaufstellung reinigen", verrät Bagnaia. "Vielleicht haben sie das auch getan. Doch dann regnete es erneut. Als ich in der Startaufstellung ankam, realisierte ich, wie schmutzig es ist. Ich versuchte, zu verhindern, was später geschah."
"Ich ließ die Kupplung etwas langsamer los, doch das änderte nichts. Ich hatte Glück, dass Alex (Marquez) ausweichen konnte. Denn das wäre wirklich gefährlich gewesen."
Alex Marquez ging von Position fünf ins Rennen und überholte Bagnaia am Start. "Die linke Seite war wirklich schmutzig. Das hatte ich im Hinterkopf, aber man darf sich davon nicht verrückt machen lassen. Ich für meinen Teil bin gut weggekommen und konnte reagieren, als er neben mir war", so der Spanier.
Aleix Espargaro: Kein Einsehen der Rennleitung
Einen noch schlechteren Start als Bagnaia hatte Aleix Espargaro, der von Platz elf überhaupt nicht vom Fleck kam, zurückfiel und in Kurve 1 mit Fabio Di Giannantonio kollidierte, dem er ins Heck fuhr. Diggia konnte weiterfahren, Espargaro stürzte.
"Das war ein beängstigender Moment. Von einem so erfahrenen Piloten einen solchen Fehler zu sehen, ist schon seltsam", sagt Di Giannantonio. Doch auch Espargaro wurden in dieser Situation die schwierigen Streckenverhältnisse zum Verhängnis.
"Als wir in der Startaufstellung ankamen, haben wir, also Maverick (Vinales) und ich, der Dorna signalisiert, dass es bei uns auf der linken Seite komplett schmutzig war. Es war klar, dass der Start eine Rutschpartie werden würde, und genau so ist es auch gekommen", erklärt der Aprilia-Fahrer die Problematik am Start.
"Ich verlor viele Positionen und am ersten Bremspunkt blockierte dann auch noch das Vorderrad. Ich bin ziemlich hart aufgeschlagen." Die Strecke sei in einem schlechteren Zustand als am Freitag gewesen, sagt Espargaro weiter. Das habe er vor dem Rennen auch klar artikuliert, doch niemand wollte auf ihn hören.
"Ich ging in der Startaufstellung zur Rennleitung und sagte, dass es am Start zu gefährlich sei, wenn die linke Seite der Strecke derart schmutzig ist, und sie sagten mir nur: 'Das wissen wir.'" Bereits nach dem Qualifying habe das Problem gegenüber "einer wichtigen Person der Dorna" angesprochen - ohne Erfolg.
"Es ist, wie es ist. Ich habe jedenfalls nicht gesehen, dass die Strecke gesäubert worden wäre. Und wenn man sich die Rundenzeiten anschaut, ist Marc (Marquez), der hier in einer eigenen Welt unterwegs war, 1:48er-Zeiten gefahren. 2022 sind wir 1:46er-Zeiten gefahren. Viel mehr muss man nicht sagen", so Espargaro.
Marquez: Unmöglich, von dort gut zu starten
Marc Marquez, der von der Poleposition ins Rennen ging und damit auf der weniger schmutzigen Seite stand, hatte am Start zwar selbst keine Probleme, bestätigt aber: "Auf der schmutzigen Seite zu starten, das war vor allem heute im Sprint ein Problem."
"Ich glaube, morgen im langen Rennen wird es kein Problem sein. Heute aber war es so, dass bis zum Sprint niemand auf der linken Seite gestartet ist, weder Moto3, noch Moto2, noch Rookies-Cup. Okay, sie haben die Strecke gesäubert, aber nach dem Sturm in der Nacht war es unmöglich, (gut von dort zu starten)."
Alex Rins geht in seinem Urteil noch einen Schritt weiter: "Das ist inakzeptabel", kritisiert der Yamaha-Pilot und erklärt: "Ich hatte extremes Spinning am Hinterrad."
"Ich stand auf der Innenseite und es war sehr schmutzig. Pecco, Aleix, Morbidelli, ich - wir waren alle auf der schmutzigen Seite. Darüber werden wir mit Loris (Capirossi, Sicherheitsbeauftragter) besprechen. Sie sagten, dass sie die Strecke säubern würden, aber ich weiß nicht, ob sie heute Morgen genug Zeit dafür hatten."
Auch Franco Morbidelli moniert: "Auf jeden Fall war es gefährlich, gerade wenn dir so etwas passiert wie mir heute Morgen beim Übungsstart passiert. So ähnlich war es ja dann auch bei Pecco. Das ist nicht normal, nicht ideal und ganz gewiss nicht sicher."
Bei besagtem Übungsstart nach dem zweiten Freien Training am Vormittag brach Morbidelli das Heck aus. Einen Sturz konnte der Pramac-Pilot da aber noch verhindern. Im Sprint stürzte er zwar nicht am Start, dafür jedoch in Runde zwei. Neben ihm und Espargaro sah auch Johann Zarco die Zielflagge nicht.
Marini: Streckenbedingungen waren "am Limit"
Luca Marini schätzt die Sturzgefahr im Rennen aufgrund des Streckenzustands insgesamt als groß ein. "Die Bedingungen waren sehr schwierig", sagt der Honda-Pilot. "Man konnte nicht wirklich pushen. Vor allem die ersten zwei Runden waren gefährlich, denn sobald man die Ideallinie verließ, war es ein Desaster."
"Man verlor viel Zeit und das Risiko zu stürzen war hoch. Wir hatten Glück, dass nichts Schlimmeres passiert ist", betont er und zieht einen Vergleich zum Wüstenrennen in Katar: "In der ersten Runde war alles voller Staub. Der Helm war voll davon, schlimmer als in Katar. Es waren sehr schwierige Bedingungen."
"Selbst für ein Überholmanöver die Ideallinie zu verlassen, war sehr gefährlich und mit einem hohen Risiko verbunden, zu stürzen. Es war am Limit", erklärt Marini weiter.
Auch er verrät, dass bereits in der Sicherheitskommission am Freitag viel darüber gesprochen worden sei. "Ich denke, sie haben die Strecke daraufhin ein wenig gesäubert. Aber gestern hat es geregnet und heute Morgen war es nass, insofern denke ich, dass sie sie nicht noch einmal gesäubert haben", so Marini.
Für den Rennonntag müsse deshalb nachgebessert werden, fordert der Spanier. Und tatsächlich waren am Samstagabstand Kehrmaschinen auf der Start-Ziel-Geraden zu sehen. Bleibt nur zu hoffen, dass es in Aragon über Nacht nicht erneut regnet.Diese Story teilen oder speichern
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