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Interview: Der Arzt von Marc Marquez erklärt Details zur vierten Operation

Joaquin Sanchez-Sotelo hat die vierte Armoperation bei Marc Marquez geplant und durchgeführt - Im Interview spricht der Doktor über die Komplexität des Eingriffs

Interview: Der Arzt von Marc Marquez erklärt Details zur vierten Operation

Der lange Leidensweg von Marc Marquez scheint nun überwunden zu sein. Aber selbst nach drei Operationen des rechten Oberarms war seine körperliche Verfassung nicht wieder vollständig hergestellt. Der Arm behinderte ihn im alltäglichen Leben, aber auch beim Fahren der MotoGP-Honda.

In der neuen Amazon-Prime-Dokumentation "All In" wird enthüllt, dass ein komplettes Karriereende tatsächlich im Raum gestanden ist. Aber im Juni 2022 entschied sich Marquez für eine vierte Operation, die die Situation deutlich verbessert hat.

Für diese Operation war Doktor Joaquin Sanchez-Sotelo verantwortlich. Er ist Chirurg in der Mayo-Klinik in Minnesota (USA), wo der Eingriff erfolgreich durchgeführt worden ist. Die spanische Edition von 'Motorsport.com' hat sich mit dem Spezialisten unterhalten.

Frage: "Wie kam es dazu, dass Marquez mit Ihnen Kontakt für eine Operation gesucht hat?"

Joaquin Sanchez-Sotelo: "Marc hatte zuvor drei Operationen in Spanien. Zwei in Barcelona und eine in Madrid. Die letzte wurde von Doktor Samuel Antuna durchgeführt, der in Europa und in den USA sehr bekannt ist. Er hat mich angerufen und gesagt, dass Marc Probleme mit der Mobilität hatte, obwohl die Sache mit der Infektion bereinigt worden war."

"Im ersten Moment habe ich den Ratschlag gegeben, dass er noch einige Monate warten soll, um zu sehen, wie gut es sich noch verbessert. Nach dieser Phase hat er mir gesagt, dass er das Motorrad in den Kurven immer noch nicht kontrollieren kann. Er hatte auch Schwierigkeiten in der Bremsphase."

"Marc hat mir einen Computertomographie-Scan beider Arme geschickt. Im 3D-Druck haben wir beide Oberarmknochen in Plastik nachgebildet. Den linken und den verletzten rechten, der eine deutliche Rotation hatte. Wir hatten eine Videokonferenz und ich zeigte ihm beide Knochen. Er meinte: 'Ich werde eine Operation haben'."

Frage: "Warum ist er dafür in die USA gereist?"

Sanchez-Sotelo: "Aus orthopädischer Sicht ist es wichtig jemanden zu finden, der in diesem speziellen Bereich viel Erfahrung hat, je komplexer die Operation ist. Einzigartig an der Mayo-Klinik ist die Spezialisierung. Ich mache nur Schulter und Ellbogen, und ich mache viele."

"Aber ich habe auch viele Geräte und Ressourcen zur Verfügung, die sonst schwierig zu bekommen sind. Der Bereich 3D-Druck ist spektakulär. Ich setze mich mit einem Ingenieur zusammen. Wir planen und designen die Operation am Computer."

Frage: "Wie viele Operationen dieser Art wurden schon durchgeführt?"

Sanchez-Sotelo: "Marcs Operation ist selten. Ich mache das nur ein- oder zweimal im Jahr. Das liegt prinzipiell daran, dass sich Patienten mit dieser Rotation im Knochen im täglichen Leben daran gewöhnen. Wäre er ein Fußballspieler, dann würde er mit so einem Arm spielen. Aber es hätte ihn zum Beispiel bei einer einfachen Bewegung wie beim Haarewaschen behindert."

Frage: "Was ist die Spiegeltechnik genau?"

Sanchez-Sotelo: "Der menschliche Körper ist sehr symmetrisch. Der rechte Oberarmknochen ist identisch mit dem linken. Für eine Operation wie bei jener für Marc ist es sehr nützlich, einen Scan der gesunden Seite zu machen. Das Computerprogramm erstellt ein Spiegelbild davon. Das wird dann 3D gedruckt."

"Der Chirurg sieht dadurch, wie der Knochen vor dem Bruch ausgesehen hat. Das ist sehr nützlich, wenn man den Knochen wieder wie vor der Verletzung rekonstruieren will. Diese Technik ermöglicht es auch, sterile Schnittvorlagen aus Plastik herzustellen, die an den Knochen angebracht werden. Es wird alles sehr präzise."

Frage: "Gibt es auch Einschränkungen?"

Sanchez-Sotelo: "Marc hat so eine tolle Aufopferungsgabe, dass ich nicht glaube, dass er Einschränkungen hat. Ich glaube, dass die vorangegangenen Schulteroperationen mehr Probleme machen als diese Operation. Aus medizinischer Sicht ist der Oberarmknochen jetzt genau wie vor seinem Sturz. Der einzige Zweifel ist, ob er sich auf dem Motorrad Sorgen macht. Aber wenn man ihn kennt, dann scheint die mentale Seite unter Kontrolle zu sein."

Frage: "Was ragt an ihm als Patienten hervor?"

Sanchez-Sotelo: "Er hat zwei gute Charaktereigenschaften. Zunächst vertraut er der Meinung von Profis. Er verlangt direkte und klare Kommunikation. Und dann legt er sein Herz in alles, was er tut. Wenn man ihm Liegestütz erlaubt, dann macht er nicht einen sondern hundert. Er hat mir gesagt, dass ich ihm nur bestimmte Dinge erlauben darf, wenn ich überzeugt sei, dass er sie sicher tun kann."

Marc Marquez Narben

Die Narben am rechten Oberarm sind deutlich zu sehen

Foto: Motorsport Images

Frage: "In der neuen Filmdokumentation wird klar, dass die Wurzel des ganzen Problems war, dass er nach der ersten Operation überhastet in Jerez fahren wollte. Zu welchem Grad hatten Sie das im Hinterkopf?"

Sanchez-Sotelo: "Ich habe Marc gesagt, dass ich diese vierte Operation nicht gefährden würde, weil ich in Eile wäre. Und er hat zugestimmt, weil er es verstanden hat. Gleichzeitig hat er mir klargemacht, dass er alles tun wird, sobald ich ihm dafür die Erlaubnis gebe."

Frage: "Hatten Sie jemals Zweifel daran, dass diese vierte Operation die beste Lösung sei?"

Sanchez-Sotelo: "Als er die 3D-Bilder der beiden Oberarmknochen gesehen hat, hat er realisiert, dass die beste Option die Operation wäre. Das waren sichtbare Beweise. Als ihm klar wurde, dass es die Chance auf eine Verbesserung gibt, hat er mir gesagt, dass er sofort ins Flugzeug steigt und herkommt. Er war sehr mutig. Wenn man einem Patienten nach einem Armbruch sagt, dass man ihn wieder abschneiden wird, dann heißt es, man sei verrückt. Aber das war der einzige Weg."

Frage: "Habt ihr auch über die Möglichkeit gesprochen, dass es schiefgehen könnte?"

Sanchez-Sotelo: "Mir hat geholfen, dass ich den Fall sehr sorgfältig planen konnte. Andere Chirurgen, die ihn gesehen haben, hatten mir geraten, dass ich den Knochen an der Stelle des ursprünglichen Bruches aufschneiden soll. Das war aus meiner Sicht riskanter, weil es eine Infektion im Knochen gegeben hat."

"Ich suchte nach einer Methode, um die Operation so minimalinvasiv, so wenig riskant wie möglich zu gestalten. Der Knochen ist ein Zylinder. Also machte ich den Schnitt ein bisschen höher, um das Risiko von Komplikationen zu minimieren. Natürlich kann es im Operationssaal immer Probleme geben. Aber ich hatte das Gefühl, dass es funktionieren wird. Natürlich habe ich in der Nacht davor kaum geschlafen. Ich habe ständig gedacht, dass hoffentlich alles gut wird."

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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