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Modernes MotoGP-Zeitalter: Es geht um mehr als nur schnell Motorradfahren

Wie wichtig im modernen MotoGP-Zeitalter die mentale Komponente geworden ist, beschreibt KTM-Teammanager Francesco Guidotti anhand von Vergleichen

Modernes MotoGP-Zeitalter: Es geht um mehr als nur schnell Motorradfahren

Der Wettbewerb in der Königsklasse der Motorrad-WM ist in den vergangenen Jahren enger geworden, die Leistungsdichte größer. Ein Blick auf die Zieleinläufe der 20 Rennen aus der MotoGP-Saison 2022 zeigt, dass der Abstand zwischen Erst- und Zweitplatziertem bei 13 Rennen weniger als eine Sekunde betrug. Bei zehn dieser Rennen war es sogar weniger als eine halbe Sekunde. Und bei zwei dieser Rennen war es weniger als eine Zehntelsekunde: Misano und Aragon.

Was für die Rennen gilt, gilt für die Qualifyings erst recht. Wenige Zehntel-, Hundertstel- oder gar Tausendstelsekunden entscheiden darüber, wer auf der Pole steht und wer nicht, oder wer es ins Q2-Segment schafft und wer nicht. Um dem damit einhergehenden Druck gewachsen sein zu können, dürfen sich die MotoGP-Piloten längst nicht mehr nur auf ihr Material und auf ihre körperliche Stärke verlassen. Die mentale Komponente wird immer wichtiger.

"Der technische Aspekt ist in der MotoGP-Szene natürlich immer noch wichtig. Der Unterschied zwischen den einzelnen Motorräder wird aber immer kleiner", beschreibt KTM-Teammanager Francesco Guidotti im offiziellen KTM-Blog und erklärt: "Wir erleben es Saison für Saison, wie die Bikes immer mehr an Performance zulegen. Das führt zu einer Situation, in der die Details den Unterschied machen. Und in diesem Zusammenhang wird es auch Jahr für Jahr wichtiger, welchen Beitrag der Fahrer leistet."

"Bis vor wenigen Jahren", erinnert sich Guidotti, "war die körperliche Verfassung vielleicht noch wichtiger als die mentale Komponente. Das kann man verstehen, denn die Motorräder sind nun mal seit jeher schwer zu fahren und zu beherrschen. Der Aspekt der Fitness ist da natürlich immer einfacher zu verstehen. Ein Fahrer spürt, wie sein Körper reagiert und er weiß, wo er Stärken und Schwächen hat."

"Die mentale Seite aber", so der KTM-Teammanager weiter, "ist ein bisschen kniffliger. Sie ist nicht so einfach zu verstehen." Aus seiner jahrzehntelangen Erfahrung im Grand-Prix-Sport, die er vor seinem Wechsel zu KTM unter anderem bei Pramac-Ducati eingebracht hat, weiß Guidotti: "Die Fahrer müssen an sich selber glauben. Aber wie stark? Und wie? Gerade in schwierigen Momenten fällt es nicht leicht zu akzeptieren, dass ein anderer genauso stark oder sogar stärker ist."

Gute Verbindung Fahrer/Team nicht nur an der Strecke wichtig

Die Umstände im modernen MotoGP-Zeitalter fordern nicht nur den Piloten, sondern auch den Teammanagern und Betreuern eine ganze Menge ab. Wie sieht Guidottis Rolle bei KTM genau aus? "Es geht darum, immer den richtigen Moment und die richtigen Worte zu finden. Das ist nicht einfach, sogar beinahe unmöglich. Du kannst im Grunde nicht viel mehr tun als [die Fahrer] auf einem angemessenen, aber nicht zu hohen, Level des Selbstvertrauens zu halten", erklärt er.

"Denn wenn sie zu viel Selbstvertrauen haben, dann suchen sie die Probleme immer auf Seiten der Technik, des Motorrads oder anderer Leute um sich herum. Und deshalb ist es so wichtig, eine gute Balance zu halten", sagt Guidotti.

Francesco Guidotti

Francesco Guidotti weiß, wei wichtig Kopfsache in der modernen MotoGP-Ära ist

Foto: Motorsport Images

Dabei ist die Arbeit mit den Fahrern direkt an der Rennstrecke gar nicht das Schwierigste, wie der KTM-Teammanager herausstellt: "Der wirklich schwierige Teil ist die Arbeit, wenn die Fahrer zu Hause sind. An der Strecke sehen wir normalerweise ihre Bestleistungen. Wir haben aber keine Kontrolle darüber, wie es ihnen an den Tagen vorher geht und inwiefern gewisse Dinge sie beeinflussen."

"Deshalb liegt der Schlüssel in einer guten Verbindung abseits der Rennstrecke. Wir dürfen ja nicht vergessen, dass sie zwar vier Tage lang mit uns an der Strecke sind, dann aber für die nächsten zehn Tage wieder verschwinden", bemerkt Guidotti.

Kein Platz für "Machos" in moderner MotoGP-Ära

Ob an oder abseits der Rennstrecke: Es geht darum, mit Drucksituationen umgehen zu können. Inwiefern sich das direkt auf der Rennstrecke zeigt, veranschaulicht Guidotti mit einem Blick in die Vergangenheit: "Der Druck ist heutzutage um ein Vielfaches größer. Wenn du vor mehr als zehn Jahren ein Werksfahrer warst und mal ein schlechtes Rennen hattest, dann konntest du immer noch in den Top 5 abschließen."

"Das lag einfach daran, weil die technischen Unterschiede zwischen den Werks- und den Satellitenmaschinen und auch den Reifen viel größer waren. Heutzutage hingegen operieren die meisten der Satellitenteams auf nahezu demselben technischen Level wie die Werksteams. Es ist einfach viel schwieriger und viel enger geworden", weiß der Italiener.

Und weil das so ist, spielen Mentaltrainer und Sportpsychologen seit einigen Jahren auch in der Motorrad-WM eine immer größere Rolle. Die Motorradrennfahrer galten lange Zeit als "Machos", die keinen oder nur wenig Wert auf mentales Training legten. Diese Zeiten sind vorbei, wie Guidotti klarstellt: "Das ist einfach ignorant. Es bringt nichts, das beste Bike und die beste körperliche Verfassung zu haben, wenn du deinen Kopf nicht auf diesem Level einsetzen kannst."

Barry Sheene in Silverstone 1977

Bild aus "Macho"-Tagen: Barry Sheene am Start zum 500er-Rennen in Silverstone 1977

Foto: Motorsport Images

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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