"Sehr gut", "interessant", "seltsam": MotoGP-Stars über 2025er-Vorderreifen
Beim MotoGP-Test in Misano gab es eine Sondersession, die für das Testen des neuen Michelin-Reifens für 2025 reserviert war - Unterschiedliche Meinungen der Fahrer
Als Reaktion auf die Aero hat Michelin einen neuen Vorderreifen entwickelt
Foto: LAT Images
Am Montag dieser Woche wurden beim offiziellen MotoGP-Test in Misano nicht nur die Testprogramme der einzelnen Hersteller und Teams abgearbeitet. Nebenbei wurden einige der Piloten damit betraut, die neueste Variante eines MotoGP-Funksystems zu testen. Und abgesehen davon gab es eine Sondersession, in der ein neuer Vorderreifen von Michelin nicht nur getestet werden konnte, sondern getestet werden sollte.
Der neue Vorderreifen soll in der MotoGP-Saison 2025 in Rennen eingesetzt werden. Dass er seit zwei Jahren entwickelt wird, ist eine Reaktion auf die gestiegenen Belastungen, deren Ursache in der Aerodynamik der Motorräder liegen.
"Das neue Design soll den Fahrern in der Bremsphase mehr Feedback geben. Die Auflagefläche soll auch größer sein, wenn man in die Kurve einbiegt", erläuterte Piero Taramasso von Michelin bereits im Herbst 2023, als die Entwicklung des neuen Reifens Fahrt aufnahm.
Bagnaia schwärmt vom neuen Vorderreifen
Die Eindrücke der MotoGP-Piloten nach dem Test am Montag in Misano sind unterschiedlich. "Ich liebe ihn!", schwärmt etwa der aktuelle Weltmeister Francesco Bagnaia und stellt heraus: "Wir sprechen hier von etwas, was wirklich notwendig war. Ich bin jemand, der bei der Einfahrt in eine Kurve sehr stark die Bremse nutzt. Und genau das geht mit diesem Reifen richtig gut."
"Mein Problem mit dem Reifen, den wir jetzt haben", erklärt Bagnaia, "ist es, dass ich nicht so bremsen kann wie ich eigentlich will. Wenn ich so bremse wie ich will, dann rutscht mir das Vorderrad weg". Das sei mit dem nun für 2025 getesteten Reifen viel besser gewesen: "Es sieht so aus als hätte ich mit diesem neuen Reifen viel mehr Spielraum, um dieses Problem zu vermeiden."
So hat es Bagnaia in der eigens für den Reifentest vorgesehenen Session am Montagmittag sogar zweimal darauf angelegt, zu stürzen: "In Kurve 2 und in Kurve 4, was beides langsame Kurven sind, habe ich die Bremse extrem heftig gezogen. Ich wollte bewirken, dass das Vorderrad blockiert. Und trotzdem bin ich im Sattel geblieben."
"Das ist bemerkenswert", schwärmt der zweimalige und aktuelle MotoGP-Weltmeister und spricht, wenn er an den Michelin-Vorderreifen für 2025 denkt, vom "größten Schritt, den ich in diesem Bereich jemals bei einem Test gespürt habe".
Zwar erkennt Bagnaia auch einen negativen Aspekt. Die positiven Aspekte aber überwiegen für ihn. "Die Richtungswechsel fallen ein bisschen schwerer, weil es mehr Gewicht gibt. Aber bezogen auf den Grip und bezogen darauf, wie man damit attackieren kann, gefällt mir dieser Reifen wirklich sehr gut", sagt der Ducati-Werkspilot. Aber sehen das auch Nicht-Ducati-Fahrer so?
Rins widerspricht Bagnaia und findet den Reifen "seltsam"
Honda-Werkspilot Joan Mir spricht beim Gedanken an seine Runden mit dem neuen Vorderreifen von einem "ganz anderen Fahrstil". Er erklärt: "Obwohl der Reifen gar nicht größer ist als der aktuelle, fühlt er sich irgendwie größer an. Funktioniert hat er gut, aber es braucht wahrscheinlich noch ein bisschen mehr Arbeit an der Abstimmung, um das Motorrad noch besser auf den Reifen anzupassen."
LCR-Honda-Pilot Takaaki Nakagami sagt: "Ich fand ihn eigentlich ganz positiv. Das Gefühl damit war ähnlich wie mit dem aktuellen Medium-Reifen, auch wenn das Feedback ein anderes ist. Positiv für mich war, dass er beim Bremsen in Geradeausfahrt für mehr Stabilität sorgt. Was das Kurvenverhalten betrifft, kann ich aber nicht viel sagen, denn unserer Motorrad lenkt nicht gut ein."
Das erste Wort, das Yamaha-Pilot Alex Rins zum neuen Reifen einfällt, ist: "Seltsam." Der Spanier schildert seine Eindrücke, die denen von Ducati-Pilot Bagnaia widersprechen: "Die Richtungswechsel gehen damit richtig gut, weil das Motorrad regelrecht umfällt. Das Hineinfahren in eine Kurve aber war etwas schwieriger."
"Von der Rundenzeit her war ich damit weder schneller noch langsamer. Mein Gefühl aber war nicht besonders gut. Vielleicht braucht es einfach noch ein bisschen mehr Arbeit", so Rins.
Acosta gefällt der neue Reifen "überhaupt nicht"
Miguel Oliveira, der in der aktuellen Saison 2024 im Trackhouse-Team eine Aprilia fährt, bevor er ab 2025 im Pramac-Team eine Yamaha pilotieren wird, sagt über den neuen Vorderreifen: "Das Gefühl war damit ein ganz anderes als gewohnt. Anfangs fühlte es sich so an, als hätte der Reifen jede Menge Grip. Es dauerte aber trotzdem lange, bis er soweit war, dass ich ihn pushen konnte."
Pedro Acosta, der im Tech3-Team auf einer KTM sitzt und ab 2025 dann im Werksteam ebenfalls eine KTM RC16 fahren wird, sagt: "Um ehrlich zu sein gefällt mir der neue Reifen überhaupt nicht. Auf der Flanke ist der Grip zwar nicht schlecht. Beim Bremsen aber fühlt sich der Reifen irgendwie weich an. Ich würde sagen, weicher als der Reifen, den wir im Moment haben."
VR46-Ducati-Pilot Marco Bezzecchi bezeichnet den neuen Vorderreifen als "interessant", gibt aber zu: "Leider konnte ich nur acht Runden damit fahren. Deshalb war es schwierig, ein klares Bild zu bekommen. Ich werde ihn noch häufiger testen müssen."
"Mein Eindruck", so Bezzecchi, "war der, dass das Bremsen in Geradeausfahrt sehr gut möglich ist. Weil die Mischung an sich ein bisschen weicher zu sein scheint, ist die Auflagefläche größer, wenn du richtig heftig bremst. In Schräglage hingegen kam mir der Reifen steifer vor."
Marc Marquez wünscht sich agileren Reifen
Marc Marquez, der im Gresini-Team derzeit eine GP23 fährt (wie Bezzecchi im VR46-Team), der aber in den MotoGP-Saisons 2025 und 2026 der Teamkollege von Francesco Bagnaia im Ducati-Werksteam sein wird, spricht beim neuen Vorderreifen für 2025 von "einem großen Schritt".
Ganz so begeistert wie Bagnaia äußert sich Marquez aber nicht: "Es war seltsam, vor allem auf den ersten Runden. Je mehr Runden man damit fährt, desto mehr Vertrauen baut man auf. Meiner Meinung nach war die Stabilität sehr gut. Ich finde aber, sie müssen noch ein bisschen an der Agilität arbeiten."
Warum? "Mit diesem Reifen wird das Motorrad als Ganzes nochmals schwerer. Das hat zur Folge, dass die Richtungswechsel noch schwerer fallen", sagt Marquez und fügt hinzu: "Es stimmt aber, dass der Reifen hinsichtlich der Stabilität in der Bremsphase besser ist."
Und "Pecco" Bagnaia, der vom neuen Vorderreifen schwärmt, merkt abschließend noch an: "Ich glaube außerdem, dass mit diesem neuen Reifen beim direkten Folgen eines anderen Fahrers das Problem mit dem Reifendruck nicht mehr so ausgeprägt ist. So fühlte es sich zumindest an. Es wäre natürlich eine gute Sache, wenn das tatsächlich so wäre."
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