Spielberg-Schikane erntet überwiegend positives Urteil der MotoGP-Stars
Die erstmals befahrene Motorrad-Schikane auf dem Red-Bull-Ring kommt bei vielen Piloten gut an: Johann Zarco scherzt, Marc Marquez gespannt, Jack Miller begeistert
In puncto Durchschnittsgeschwindigkeit war der Red-Bull-Ring in Spielberg in den vergangenen Jahren regelmäßig die schnellste Strecke im MotoGP-Kalender. Das ist jetzt nicht mehr so. Denn für die 2022er-Auflage des Motorrad-Grand-Prix von Österreich hat man das Streckenlayout verändert.
Auf der langen Bergab-Passage, die sich an Kurve 1 anschließt, gibt es seit Ende März eine Rechts-Links-Schikane. Diese wird nur von den Motorrädern durchfahren. Die Formel 1, die im Juli in Spielberg zu Gast war, lässt die Schikane für ihren Grand Prix von Österreich aus.
Für die Motorrad-Piloten verlängert sich die Runde in Spielberg aufgrund der Schikane um 30 Meter, nämlich von 4,318 auf 4,348 Kilometer. Und weil die Schikane hart angebremst werden muss, ist die Durchschnittsgeschwindigkeit auf der Strecke nun deutlich niedriger als früher.
"Dank" Schikane: Spielberg nicht mehr schnellste MotoGP-Strecke
Zum Vergleich: Der im vergangenen Jahr von Jorge Martin (Pramac-Ducati) aufgestellte MotoGP-Streckenrekord in Spielberg lag dank einer Pole-Zeit von 1:22.643 Minuten bei 188,096 km/h. Am Freitag, dem Trainingstag zum diesjährigen Österreich-Grand-Prix, waren die Streckenbedingungen zwar nicht perfekt, können aber für einen ersten Vergleich herangezogen werden.
Als Johann Zarco am Nachmittag die FT2-Bestzeit markierte, war er mit 1:29.837 Minuten mehr als sieben Sekunden langsamer als Teamkollege Martin im Vorjahr. Die Durchschnittsgeschwindigkeit ist aufgrund der Schikane auf 174,236 km/h zurückgegangen. Damit ist Spielberg Stand Freitag nur noch die siebtschnellste Strecke im aktuellen MotoGP-Kalender:
Dass die Schikane für die Motorräder überhaupt gebaut wurde, daran hat Zarco unfreiwillig Anteil. Denn der Horrorcrash vor zwei Jahren, bei dem Valentino Rossi und Maverick Vinales nur durch Riesenglück einer Katastrophe entgangen sind, wurde ausgelöst, nachdem es im schnellen Linksknick eine Berührung der Bikes von Zarco und von Franco Morbidelli gegeben hatte. Genau dieser Linksknick wird jetzt durch die Schikane ersetzt.
Johann Zarco mit Scherz zum Namen der Schikane
Als Zarco in Spielberg darauf angesprochen wird, entgegnet er: "Ich bin ein bisschen traurig, dass die Schikane nicht nach mir benannt wurde." In aller Ernsthaftigkeit sagt der Franzose, nachdem er die Schikane mehrmals durchfahren hat: "Ich finde, sie ist sehr langsam. Das gibt uns mehr Möglichkeiten, die Stärken unseres Bikes auszuspielen."
Zarco glaubt noch nicht, dass die Schikane ein Vorteil für Quartararo ist
Foto: Motorsport Images
Dass die Schikane ein Vorteil für Fabio Quartararo sein könnte, weil er und die Yamaha bei Richtungswechseln bekanntermaßen stark sind, glaubt Zarco nicht: "Ich finde, sie ist nicht schnell genug dafür, dass sie ein Vorteil für Fabio sein könnte."
Quartararo selber sagt mit einem Grinsen: "Im ersten Sektor war ich heute Zweitschnellster. Also ist es eine Verbesserung. Nein im Ernst: Das alte Layout hat mir persönlich besser gefallen. Aber unterm Strich bevorzugt man das, was einem mehr entgegenkommt. Für uns ist es mit der Schikane viel besser. Ich fahre sie im ersten Gang, denn ich hätte nicht gedacht, dass sie so langsam ist."
Marc Marquez gespannt auf das Rennen vom Sofa aus
Und auch Marc Marquez, der die Schikane selber noch gar nicht ausprobieren konnte, da er sich weiterhin von seiner Armoperation von Anfang Juni erholt, hat eine Meinung. "Zum Layout und zum Rhythmus der Strecke passt diese neue Schikane natürlich nicht. Sie ist einfach nicht natürlich", so Marquez gegenüber 'MotoGP.com', um aber sofort anzufügen: "Bezogen auf die Sicherheit ist es so meiner Meinung nach deutlich besser."
Marc Marquez war am Freitag im Fahrerlager in Spielberg
Foto: Motorsport Images
"Und", so Marquez weiter, "es sollte jetzt eine zusätzliche Überholmöglichkeit geben. Ob das tatsächlich so sein wird, werde ich mir am Sonntag vom Sofa aus ansehen. Was ich jetzt schon sagen kann ist, dass es eine Stelle ist, an der man Fehler machen kann. Die Schikane ist eng. Dort kann einem schnell mal das Vorderrad wegrutschen oder es kann passieren, dass man geradeaus rodelt."
Raul Fernandez: Erster MotoGP-Pilot mit Sturz in der Schikane
Der erste MotoGP-Pilot, der am Freitag in der Schikane gestürzt ist? Raul Fernandez. In den Schlussminuten des Nachmittagstrainings ging der Tech-3-KTM-Pilot beim Richtungswechsel zu Boden.
"Das erste Einlenken gefällt mir, aber beim Umlegen gibt es eine Bodenwelle", sagt Fernandez und weiter: "Möglicherweise ist die der Grund, weshalb ich gestürzt bin. Ich wahr wohl ein bisschen zu schnell und dann ist mir auf der Bodenwelle das Vorderrad weggerutscht."
Raul Fernandez (Vordergrund) stürzte im FT2 in der Schikane (Hintergrund)
Foto: Motorsport Images
Fernandez' Tech-3-Teamkollege Remy Gardner meint: "Der Grip am Eingang der Schikane ist unglaublich. Es wäre toll, wenn sie die gesamte Strecke mit diesem neuen Asphalt überziehen würden."
Jack Miller begeistert - Francesco Bagnaia hinterfragt Auslauf
Ducati-Pilot Jack Miller findet großen Gefallen an der Schikane. "Am Eingang ziehe ich die Hinterradbremse so stark wie es nur geht. Dann lasse ich das Motorrad rutschen, bevor direkt darauf der aggressivste Richtungswechsel im gesamten Kalender kommt. Das macht jede Menge Spaß. Und mehr Sicherheit gibt es jetzt auch. Meiner Meinung nach ist sie ein klarer Gewinn", so Miller.
Jack Miller ist vom neuen Spielberg-Layout überaus angetan
Foto: Motorsport Images
KTM-Pilot Miguel Oliveira ist ebenfalls angetan und sagt: "Ich mag die Schikane. Von außen sah sie wirklich langweilig und langsam aus. Aber es macht tatsächlich Spaß, sie zu fahren. Ich fahre sie im Moment im ersten Gang, vielleicht probiere ich es morgen im zweiten.
Oliveiras KTM-Teamkollege Brad Binder hat beide Gänge schon probiert. "Ich fahre sie im ersten Gang. Ich musste sowohl den als auch den zweiten Gang ausprobieren, um herauszufinden, welcher besser geeignet ist. Im Moment ist es der erste", so Binder.
Einer der wenigen, die von der Schikane noch nicht so recht überzeugt scheinen, ist Francesco Bagnaia. Der Ducati-Pilot denkt an die Wettervorhersage für Samstag und sagt: "Für regnerische Verhältnisse ist die Auslaufzone auf der linken Seite vielleicht ein bisschen zu klein."
Weitere Co-Autoren: Oriol Puigdemont. Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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