Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Franco Morbidelli
Franco Morbidelli fährt mit der Yamaha hinterher und steht klar im Schatten von Fabio Quartararo - Warum das so ist, wirft einige Fragen auf, auch für die Zukunft
Liebe MotoGP-Fans,
haben Sie am Portimao-Wochenende Franco Morbidelli wahrgenommen? Oder anders gefragt, haben Sie in dieser Saison überhaupt schon etwas von Morbidelli wahrgenommen? Nein? Dann geht es Ihnen genau wie mir. Man hat das Gefühl, der Italiener fährt gar nicht mit.
Und wir sprechen hier vom Moto2-Weltmeister 2017, vom dreimaligen MotoGP-Rennsieger und Vizeweltmeister 2020 und vom zweiten Yamaha-Werksfahrer. Dass Morbidelli derart im Schatten von Fabio Quartararo steht, wirft einige Fragen auf.
Während der Weltmeister in Portimao souverän seinen ersten Saisonsieg erobert hat, kam Morbidelli mit 33 Sekunden Rückstand als 13. ins Ziel. Sein bestes Ergebnis in diesem Jahr war der siebte Platz im Regenrennen von Indonesien.
Dass ein Andrea Dovizioso nach so vielen Ducati-Jahren Mühe hat, sich auf die Yamaha umzustellen und alles herauszuholen, ist zum Teil nachvollziehbar. Und von Moto3-Aufsteiger Darryn Binder darf man mit der älteren M1-Version keine Wunderdinge erwarten.
Warum tut sich Morbidelli so schwer?
Aber warum tut sich Morbidelli so schwer? Als er 2018 von der Marc-VDS-Honda auf die Petronas-Yamaha wechselte, brauchte auch er Zeit und stand im Schatten von Quartararo. Aber Morbidelli schaffte es, wie seine Erfolge von 2020 bewiesen haben.
In den letzten zehn Rennen schaffte der Italiener nur ein Top-10-Ergebnis
Foto: Motorsport Images
Damals fuhr er mit dem älteren Modell, während Quartararo mit der aktuellen Werksmaschine Höhen und Tiefen erlebte. Dann startete Quartararo im Vorjahr nach seinem Wechsel ins Werksteam durch. Morbidelli erlebte Anfang 2021 eine schwierige Phase mit dem alten Modell.
Dazu musste er fünf Rennen wegen einer komplizierten Knieoperation pausieren. Seit dem Herbst des Vorjahres fährt Morbidelli im Werksteam und wirkt seither wie ein Schatten seiner selbst. In diesen zehn Rennen im Werksteam schaffte er es nur einmal in die Top 10.
Warum ist er so viel langsamer als Quartararo? "Fabio hat viel Erfahrung mit diesem Motorrad", sagt Morbidelli selbst. "Er kennt das Paket sehr gut und weiß, wie er damit umgehen muss. Das ist bei mir momentan nicht der Fall."
Man muss natürlich festhalten, dass Morbidelli die Saison 2021 praktisch mit dem Motorrad von 2019 begonnen hat. Und nach seiner Verletzungspause ist er dann auf das aktuelle Bike umgestiegen. Die DNA der M1 ist gleich, aber es gibt Unterschiede.
Franco Morbidelli, Yamaha Factory Racing
Foto: Gold and Goose / Motorsport Images
"Dieses Motorrad hat mehr Leistung und ein besseres Potenzial auf der Bremse. Aber die Basisabstimmung passt noch nicht. Wir müssen sie noch finden. Ich muss wie mit dem alten Motorrad fahren, aber gleichzeitig die Vorteile des neuen Motorrads nutzen. Das wäre der Weg."
"Ich kenne die Probleme und kann sie mitteilen, warum die Rundenzeit nicht kommt", sagt Morbidelli. "Ich kann aber nicht sagen, was sie beim Motorrad machen müssen. Ich bin kein Techniker." Laut seiner Aussage verliert er bei der Beschleunigung und auf der Bremse.
Mit Patrick Primmer, einem ehemaligen Öhlins-Techniker, hat Morbidelli einen neuen Crewchief. Ramon Forcada ist im Satellitenteam geblieben und betreut Dovizioso. Ob es ein Fehler war, das Erfolgsgespann Morbidelli/Forcada zu trennen? Von außen schwierig zu beurteilen.
Droht Gefahr von Toprak Razgatlioglu?
Der 27-Jährige hat einen Zweijahresvertrag und gilt für 2023 im Werksteam als gesetzt. Lin Jarvis und Yamaha gelten als loyal. Ich glaube deswegen nicht, dass es zu einer vorzeitigen Trennung kommen wird. Vor allem, weil man ja weiß, dass Morbidelli mit einer Yamaha gewinnen kann.
Aber welche Alternativen gäbe es theoretisch? Der Name Toprak Razgatlioglu geistert immer wieder durch den Raum. Für den Sommer soll ein erster MotoGP-Test für den Superbike-Weltmeister anberaumt sein.
Toprak Razgatlioglu soll im Sommer einen MotoGP-Test erhalten
Foto: Motorsport Images
Dessen Manager Kenan Sofuoglu hat bisher immer festgehalten, dass ein MotoGP-Wechsel nur ins Yamaha-Werksteam in Frage kommen würde. Ich gehe davon aus, dass Quartararo einen neuen Vertrag unterschreiben wird. Somit gäbe es für Razgatlioglu gar keinen Platz.
Ein Wechsel vom "weichen" Superbike auf den "harten" MotoGP-Prototypen wäre sicher nicht einfach und sowohl für Razgatlioglu als auch für Yamaha ein Risiko. Vor allem, wenn man die hohe Leistungsdichte im derzeitigen Feld betrachtet.
Aber mal angenommen, Razgatlioglu hinterlässt bei einem MotoGP-Test nachhaltigen Eindruck und Morbidelli fährt auch bis zum Sommer hinterher und liefert keine Ergebnisse. Dann würden natürlich Spekulationen beginnen. Es ist klar, dass Morbidelli bald das Ruder herumreißen muss.
Ihr,
Gerald Dirnbeck
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Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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