"Wir sind nicht die Formel 1": Quartararo über MotoGP-Risiko im Regen
Sehr viele Stürze beim verregneten MotoGP-Wochenende in Portimao - Wie gehen die Fahrer mit diesem Verletzungsrisiko um und denken sie daran?
Die verregneten Trainingstage sorgten beim Grand Prix von Portugal für zahlreiche Zwischenfälle. In den Klassen Moto3, Moto2 und MotoGP wurden am Freitag und Samstag zusammengerechnet 76 Stürze gezählt. Schwierig war vor allem das erste Qualifying der Königsklasse.
Q1 begann auf noch feuchter Strecke. Der Asphalt war zwar nicht mehr richtig stark nass, aber noch nicht bereit für Slicks. Es wurde auch zu einem Reifenpoker. Francesco Bagnaia war einer der Ersten, die Slicks riskierten. Prompt stürzte der Ducati-Fahrer in seiner ersten fliegenden Runde.
Da Bagnaia bis dahin keine Rundenzeit aufgestellt hatte, landete der Portimao-Sieger vom vergangenen Herbst auf dem 25. und letzten Startplatz. Enea Bastianini (Gresini-Ducati) stürzte mit Slicks in seinem letzten Versuch. Der WM-Führende steht deshalb auch nur auf Startposition 18.
Beide zogen sich keine schweren Verletzungen zu. Bastianini hat sich das rechte Handgelenk geprellt. Bagnaia hat sich auch keine Knochen gebrochen. Er fuhr aber nach Portimao in ein Krankenhaus für genauere Untersuchungen seiner rechten Schulter. Er klagte über Schmerzen.
Sonntagvormittag wird entschieden, ob Bagnaia am Rennen teilnehmen kann. Auch Moto2-Fahrer Keminth Kubo wurde nach einem Sturz im Qualifying zu weiteren Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht. Auch seine Rennteilnahme wird am Sonntag entschieden.
Haben MotoGP-Fahrer das Verletzungsrisiko im Kopf?
Denken MotoGP-Fahrer bei so schwierigen Verhältnissen an das Verletzungsrisiko? "Nein, überhaupt nicht", winkt Fabio Quartararo (Yamaha) ab. "Im vergangenen Jahr habe ich mir bei einem Sturz einen Knöchel angeschlagen. Das kann passieren. Es sind Kleinigkeiten."
Mit 21 geplanten Rennen ist 2022 die längste MotoGP-Saison aller Zeiten. Verletzt sich ein Fahrer, könnte er bei dem dichten Programm mehrere Rennen verpassen und somit auch jegliche Chance auf den WM-Titel. Aber laut Quartararo darf man so nicht denken.
Laut Fabio Quartararo denkt man beim Fahren nicht an das Risiko
Foto: Motorsport Images
"Wenn man schon im fünften Rennen daran denkt, dass man bei solchen Bedingungen keinen Fehler machen darf, dann wird es kein gutes Qualifying. Man muss Gas geben", sagt der Franzose. "Das habe ich im Vorjahr gemacht. Man darf nicht an das Risiko denken."
"Natürlich darf man nicht unnötiges Risiko eingehen, aber wenn man pushen muss, dann muss man das Risiko eingehen. Wir sind nicht die Formel 1. Dort ist es sehr selten, dass sich ein Fahrer verletzt oder ein Schlüsselbein bricht. Heute hätten vier Stürze vier Knochenbrüche sein können."
Kleine Fehleinschätzungen mit großen Konsequenzen
In Portimao fiel bisher nur ein Fahrer durch eine Verletzung aus. Moto3-Fahrer Adrian Fernandez brach sich am Freitag zwei Finger der linken Hand. Die restlichen Stürze gingen soweit bekannt mit blauen Flecken und Prellungen glimpflich aus.
Kleine Fehleinschätzungen können im Motorradrennsport große Konsequenzen haben. Jack Miller glaubt, dass sein Teamkollege Bagnaia in Q1 eine falsche Taktik gewählt hat. "Er war mit den Slicks um eineinhalb Runden zu früh dran", meint "Regenspezialist" Miller.
"Meiner Meinung nach braucht man eine Runde mit Regenreifen, die natürlich Zeit kostet, aber dadurch kann man herausfinden, wo die nassen Flecken sind." Bagnaia fuhr mit den Regenreifen auf die Strecke, kam sofort wieder an die Box und wechselte auf das andere Bike mit Slicks.
"Also ist er Kurve 1 mit den Regenreifen nicht gefahren", weist Miller auf den eigentlichen Fehler hin. Denn Bagnaia stürzte in Kurve 2. "Mit Slicks ist es sehr schwierig. Man muss geduldig bleiben und darf nicht sofort pushen", beschreibt der Australier.
"Man muss natürlich so viel attackieren, damit man die Reifentemperatur hält. Man baut langsam die Temperatur auf und bekommt ein Gefühl, wie das Motorrad auf den nassen Stellen reagiert. In Q1 waren es sehr schwierige Bedingungen, während es in Q2 klar für Slicks war."
Das Reifenmanagement ist in der MotoGP eine Kunst. Auch Bastianini gibt sich selbst die Schuld für den Fehler, der letztendlich zum Sturz geführt hat: "Ich glaube, das lag an einem zu kalten Reifen. Davor bin ich zwei langsame Runden gefahren und dann die schnelle Runde."
"In meiner letzten Runde musste ich pushen. In Kurve 5 ist mir das Hinterrad weggerutscht, als ich das Gas zugedreht hatte. Ich habe Schmerzen, aber es ist nichts gebrochen. Ich kühle das Handgelenk mit Eis und hoffe, dass es morgen besser ist."
Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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