NASCAR-Finale in Homestead: Die Stimmen zum dramatischen Titelkampf
Crash Edwards/Logano und 7. Titel für Johnson: Wie dramatisch der Kampf um den NASCAR Sprint-Cup-Titel 2016 ausgefochten wurde und was die Beteiligten sagen.
NASCAR-Playoffs 2016
Alle Informationen zum Chase 2016, dem Titelkampf im NASCAR Sprint-Cup!
Die Art und Weise, wie der Kampf um den NASCAR Sprint-Cup-Titel 2016 entschieden wurde, war an Dramatik kaum zu überbieten. Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) setzte sich mit seinem völlig unerwarteten Rennsieg schließlich gegenüber Joey Logano (Penske-Ford; 4.), Kyle Busch (Gibbs-Toyota; 6.) und Carl Edwards (Gibbs-Toyota; Crash) durch.
Nachfolgend der Rennverlauf der 4 Titelkandidaten im Einzelnen:
Carl Edwards nimmt Schuld für Crash auf sich
Carl Edwards führte den Vierkampf um den Titel in der Anfangsphase des Rennens an, wenngleich er das Rennen selbst nicht von Beginn an anführte. In Runde 92 übernahm Edwards die Führung im Rennen von Logano und damit auch wieder das Kommando im Titelkampf. Dass er die Führung im Rennen zwischenzeitlich an Kyle Larson abgeben musste, änderte nichts daran, dass Edwards bis zur 3. Gelbphase (Runde 171) auf Titelkurs fuhr.
Beim Restart nach dieser 3. Gelbphase wurde Edwards von Logano überholt. Dabei ging es nicht um die Führung, sehr wohl aber um die Spitzenposition im Titelkampf. In Runde 2014 allerdings kehrte Edwards das Szenario wieder um, als er seinerseits wieder an Logano vorbeiging. Das Zepter im Titelkampf verlor Edwards aber nur wenige Runden später wieder an Logano, weil die Gibbs-Crew mit der Startnummer 19 während der 4. Gelbphase einen langsamen Boxenstopp hinlegte.
So fand sich Edwards beim Restart plötzlich nicht nur hinter Logano, sondern auch hinter seinem ebenfalls um den Titel kämpfenden Gibbs-Teamkollegen Kyle Busch wieder. Logano war für Edwards nicht die große Hürde und auch Busch war 25 Runden vor Schluss nach rundenlangem, teaminternem Zweikampf kassiert. Das alles spielte sich im Rücken von Spitzenreiter Kyle Larson ab, der im Titelkampf aber bekanntlich keine Rolle spielte.
Dann die dramatische Wende: Der Restart nach der 5. Gelbphase nach Mauerkontakt von Dylan Lupton (FAS-Ford) in Turn 2 brachte für Edwards nach 47 Führungsrunden und noch längerer Führung im Vierkampf um den Titel das abrupte Ende aller Sieg- und Titelträume. Im Kampf um Rang 2 hinter Spitzenreiter Larson setzte Edwards gegen Verfolger und Titelkonkurrent Logano einen Block. Es kam zur Kollision. Noch vor Turn 1 schlug Edwards innen in die Boxenmauer ein und anschließend in Turn 1 in die Außenmauer. Damit war für den Gibbs-Piloten Feierabend, während Logano weiterfahren konnte.
"Ich dachte, ich würde ihm genug Platz geben. Das geht komplett auf meine Kappe", so Edwards zu seinem etwas zu heftigen Blockademanöver gegen Logano, und weiter: "Ich dachte, es würde sich ausgehen, denn ich dachte, ich hätte noch etwas Luft. Er fuhr aber schon soweit nach innen wie es nur irgendwie ging. Aber ich hätte heute Nacht nicht einschlafen können, wenn ich Joey die Position einfach so überlassen hätte."
Joey Logano nach Crash mit Edwards noch Vize-Champion
Joey Logano zeigte sich früh im Rennen, beim Restart nach der 2. Gelbphase, als 1. der Titelkandidaten an der Spitze des Feldes. Wenige Runde später aber verlor der Penske-Pilot die Führung an Edwards. Diese Position holte sich Logano beim Restart nach der 3. Gelbphase (Runde 171) zurück, wenngleich es dabei "nur" um Platz 2 im Rennen hinter Spitzenreiter Kyle Larson ging. Nachdem sich Edwards kurzzeitig wieder an Logano vorbeigeschoben hatte, übernahm der Penske-Pilot beim Boxenstopp während der 4. Gelbphase kurzzeitig wieder das Zepter im Titelkampf.
Dieses Zepter verlor Logano aber sofort beim Restart wieder – allerdings nicht an Edwards, sondern an dessen Gibbs-Teamkollegen Kyle Busch. Wenig später war Logano in Reihen der Titelanwärter nur noch 3., weil auch Edwards wieder an ihm vorbeizog. Was folgte, war der ominöse Restart in Runde 258, bei dem es zur Kollision zwischen Edwards und Logano kam.
"Es war eine wilde Nacht, um es mal vorsichtig zu formulieren. Immer dann, wenn so viel auf dem Spiel steht und es einen späten Restart gibt, geht es wild zu. Es schmerzt, denn wir hatten eine großartige Chance. Ich hasse es, so knapp am Titel dran gewesen zu sein, ihn dann aber doch nicht gewonnen zu haben", so Logano.
Schwacher Trost: Weil Logano dank Reparatur infolge der Kollision mit Edwards in den Schlussrunden tatsächlich noch bis auf Platz 4 fuhr, ist er hinter Champion Jimmie Johnson der Vize-Champion der Saison 2016. "Wir hatten zu Saisonbeginn nicht die schnellsten Autos, haben aber sukzessive aufgeholt. Heute waren wir knapp dran, haben den Titel aber knapp verpasst. Das ist Motivation für nächstes Jahr, aber es schmerzt", so Logano. Der Schmerz trifft auch das Team Penske, das im Jahr des 50. Firmenjubiläums denkbar knapp am NASCAR-Titel dran war. So bleibt der IndyCar-Titel von Simon Pagenaud der größte Penske-Erfolg 2016.
Kyle Busch verpasst Titelverteidigung
NASCAR-Titelverteidiger Kyle Busch hielt sich in der Anfangsphase des Rennens dezent zurück, erlitt in Runde 136 aber einen Rückschlag. Mit einem rechten Vorderreifen, der massiv Luft verlor, musste der Vorjahreschampion einen außerplanmäßigen Boxenstopp unter Grün einlegen. Dabei ging eine Runde verloren, doch es hätte viel schlimmer kommen können für Kyle Busch. Einen Einschlag in die Mauer hatte er nämlich trotz des Reifenschadens verhindern können.
Im Zuge des 3. Durchgangs von Green-Flag-Stops um Runde 152 holte sich Kyle Busch seine verlorene Runde zurück, fuhr aber weiterhin "off sequence", weshalb die Position im Vergleich zu seinen 3 Titelkonkurrenten zu diesem Zeitpunkt keine echte war. Doch als es in Runde 171 eine sogenannte Debris-Caution aufgrund von Kleinteilen in Turn 1 gab, hatte Busch seinen Rundenrückstand auch boxenstoppbereinigt wettgemacht. Fortan war er im Titelkampf wieder voll dabei.
Beim Restart nach der 4. Gelbphase schlug die große Stunde von Kyle Busch. Hinter Spitzenreiter Kyle Larson knöpfte er Logano die 2. Position und damit die Spitzenposition im Vierkampf um den Titel ab. 25 Runden vor Schluss aber lag Busch nicht mehr auf Titelkurs, da Teamkollege Carl Edwards nach zuvor verpatztem Boxenstopp im Zuge seiner Aufholjagd den 2. Platz im Rennen und damit Platz 1 im Titelkampf übernommen hatte.
Während der 5. Gelbphase hatte Kyle Busch keinen optimalen Boxenstopp. Dadurch fiel er zurück, was sich rückblickend aber als Glück herausgestellt hat, denn anderenfalls wäre er mit großer Wahrscheinlichkeit in die Kollision Edwards vs. Logano verwickelt worden. Beim folgenden Restart lag Busch vor Johnson an 3. Stelle, doch nicht nur Johnson zog sofort vorbei. Logano kam nach Reparatur von Rang 8 und war eine Runde später schon wieder 3. während Busch die Felle davonschwammen.
Nach einem letzten Reifenwechsel in Gelbphase 6 brachte Kyle Busch schließlich Platz 6 ins Ziel. Damit hat er die erfolgreiche Titelverteidigung verpasst und ist im Titelkampf 2016 Gesamtdritter hinter Johnson und Logano. "Wir hatten mit Handlingsproblemen zu kämpfen. Auch die Restarts waren nicht die besten. Deshalb haben wir uns in der letzten Gelbphase nochmals für frische Reifen entschieden. Ich wünschte, wir hätten noch ein paar Runden mehr zur Verfügung gehabt. Letzten Endes hat es nicht sollen sein für uns, nachdem wir heute Nacht ein paar Mal in aussichtsreicher Position lagen", so Busch.
Jimmie Johnson und der unerwartete 7. NASCAR-Titel
Für Jimmie Johnson begann die Jagd auf NASCAR-Titel Nummer 7 mit einem herben Rückschlag. Nachdem er bereits im Qualifying am Freitag der langsamste der 4 Titelkandidaten gewesen war und von Startplatz 14 hätte losfahren müssen, musste Johnson aufgrund einer unangemeldeten Modifikation an der A-Säule seines Hendrick-Chevrolet von ganz hinten starten.
Es dauerte jedoch keine 30 Runden, da hatte Johnson die Top 10 geknackt. Um ganz nach vorn zu fahren, reichte es für Johnson allerdings lange Zeit nicht. Im Gegenteil: Abgesehen vom Rundenrückstand, den sich Kyle Busch mit seinem außerplanmäßigen Boxenstopp einfing, war Johnson bis zur 258. von letztlich 268 Runden stets Letzter im Vierkampf um den Titel. 20 Runden vor Schluss hätte der zu diesem Zeitpunkt sechsmalige Champion sein Auto mit Handlingsproblemen um ein Haar aus der Kontrolle verloren. Danach wendete sich das Blatt entscheidend.
Die Kollision Edwards vs. Logano brachte Johnson auf Rang 4 im Rennen. Plötzlich hatte er im Titelkampf nur noch Kyle Busch vor sich. Nachdem er sich den Vorjahreschampion beim Restart nach dem Edwards-Crash auch deshalb sofort schnappte, weil Crewchief eine späte Setup-Veränderung vornehmen ließ, gab es nochmals Gelb. Den darauf folgenden Restart erwischte Johnson perfekt, er zog an Langzeitspitzenreiter Kyle Larson vorbei und kreuzte keine 2 Runden später als erstmaliger Homestead-Sieger und siebenmaliger NASCAR-Champion die Ziellinie.
"Einfach unglaublich! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll", so Johnsons initiale Reaktion auf den, gemessen am Rennverlauf, völlig unerwarteten Titelgewinn, der ihn in der ewigen Titelstatistik der höchsten NASCAR-Liga auf eine Stufe mit den Legenden Richard Petty und Dale Earnhardt stellt.
"Wir hatten heute das Glück auf unserer Seite. Vielen Dank an alle, die an mich geglaubt haben. Einfach nur Danke!", richtete Johnson erste Danksagungen in Richtung Rick Hendrick, für den es der insgesamt 12. NASCAR-Titel ist, an Crewchief Chad Knaus, für den es wie für Johnson der 7. Titel ist und an Jeff Gordon, der Johnson einst den Einstieg bei Hendrick Motorsports ermöglicht hatte, indem er als Teilhaber des vorher nicht existenten Autos mit der Startnummer 48 auftrat.
Übrigens: Der tragische Held Carl Edwards, der nach dem Vizetitel 2011 im Tiebreak gegen Tony Stewart, nun die 2. Riesenchance auf seinen 1. NASCAR-Titel verpasst hat, ging nach dem Crash beim Restart sofort zum Penske-Kommandostand von Joey Logano.
Was sagte Edwards zu Loganos Crewchief Todd Gordon? "Es war keine Entschuldigung. Ich wollte einfach sagen, 'Hey, das ist Racing'", so Edwards, der damit vor allem bewirkte, dass es kein persönliches Nachspiel zwischen ihm und Logano gab. Die entscheidende Aussage von Edwards war jedoch: "Ich dachte wirklich, ich hatte es diesmal in der Hand."
Das dachte nicht nur Edwards...
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