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Wie sieht die Zukunft der "riskantesten" Motorsport-Disziplin aus?

In der neuesten Episode unserer Interviewreihe #ThinkingForward spricht Paul Phillips von der Regierung der Isle of Man über die Zukunft der TT

Thinking Forward

Interviewreihe #ThinkingForward mit Führungspersönlichkeiten aus dem internationalen Motorsport.

Die legendäre TT ist nicht nur das älteste Motorradrennen der Welt, sondern beschert der Isle of Man alljährlich auch mehr als 7 Millionen Euro an Einnahmen und wirtschaftlichen Vorteilen. In diesem Jahr musste das Rennen wegen der Coronavirus-Krise abgesagt werden - zur großen Enttäuschung der 50.000 vor Ort erwarteten Zuschauer und der Millionen, die es rund um die Welt verfolgt hätten.

In der neuesten Episode unserer Interviewreihe #ThinkingForward sprechen wir mit Paul Phillips, der bei der Regierung der Isle of Man für den Bereich wirtschaftliche Entwicklung zuständig ist, über die Zukunft des berühmten Rennens im speziellen und einer der gefährlichsten Motorsport-Disziplinen im allgemeinen.

Paul Phillips and Bruce Anstey

Paul Phillips and Bruce Anstey

Foto: Stephen Davison

Frage: "Herr Phillips, lassen Sie uns grundsätzlich anfangen: Was macht das Roadracing für Fahrer und Fans so attraktiv?"

Paul Phillips: "Nun, ich denke die TT ist die größte Motorrad-Veranstaltung im Roadracing auf der ganzen Welt und ist aus einer Vielzahl von Grünen so attraktiv. Da ist zum einen das schiere Spektakel. Ich kann mir niemanden vorstellen, der die TT einmal erlebt hat und nicht vom Spektakel gepackt war. In den vergangenen Jahren haben wir viele Menschen aus Ihrer Welt, aus der Formel-1-Welt, kennen gelernt, und jeder einzelne wurde davon einfach umgehauen."

Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Geschichte. Die TT ist die älteste Motorsportveranstaltung, sie ist im Grunde die Geburtsstätte des Motorsports, und alles an der TT ist irgendwie in die DNA des Motorsports eingewoben: die ikonischen Ortsnamen, die Namen der berühmten Menschen, die hier an den Start gegangen sind, und die schiere Herausforderung, die sie darstellt.

Die Gefahr macht bei der TT einen Teil des Reizes aus

"Und dann die dritte Sache, denke ich, ist die schöne und einzigartige Kulisse. Die gewaltige Rennstrecke mit einer Länge von über 60 Kilometern, die durch Städte, Dörfer und über einen Berg führt. Und die Tatsache, dass die TT auf dieser wunderschönen kleinen grünen Insel mitten in der Irischen See stattfindet. Diese drei Dinge zusammengenommen machen meiner Meinung nach den Reiz der TT aus."

Frage: "Stellt Ihr Sport in einer Welt, die offensichtlich immer strenger reguliert wird, nicht im Grunde genommen Freiheit dar? Und einige der anderen wesentlichen Eigenschaften, die die Menschen im 20. Jahrhundert für den Motorsport begeisterten?"

Phillips: "Ich denke schon. Als ich vor mehr als zehn Jahren für die TT zu arbeiten begonnen habe, sah die Welt noch anders aus und es stand nicht gut um die Veranstaltung."

Und das Gefahrenelement - das offensichtlich immer da war und weiterhin da ist - wurde vielleicht nicht effektiv gehandhabt, sowohl was das Risikomanagement selbst betraf, aber auch die Art und Weise, wie es kommuniziert wurde. Ich glaube dass es wichtig ist, das Risiko nicht zu scheuen, sondern von Anfang an darüber zu sprechen und zu erklären, dass das Teil der Herausforderung und des Reizes ist. Und dann auch zu erklären, wie ernst wir die verantwortungsvollen Maßnahmen nehmen, mit denen wir versuchen, das Risiko so gut wie möglich zu minimieren.

"Aber wir müssen akzeptieren, dass es von außen betrachtet eines der riskantesten sportlichen Unterfangen ist, das man unternehmen kann. Und ich denke, dieser Ansatz hat uns wirklich geholfen, zusammen mit den Veränderungen, die sich mit der Verbesserung der Übertragungen und der Verbreitung in der digitalen Welt vollzogen haben. Unsere Inhalte und diese Art von spektakulärem, riskantem Kern unserer Veranstaltung kommen bei den Zuschauern sehr gut an und haben uns viel mehr Aufmerksamkeit verschafft."

Die TT muss mit der Zeit gehen

Frage: "Motorsport gehörte schon immer zu den ursprünglichen Extremsportarten. Aber wenn man sich jetzt die Formel 1 ansieht, scheint es nicht wie ein Extremsport zu sein. Zumindest wenn man es mit Leuten vergleicht, die mit einem Wingsuit von Bergen springen und solchen Sachen. Die TT ist so extrem und emotional. Was bedeutet das für ihre Attraktivität? Zieht sie ein jüngeres Publikum an?

Isle of Man TT

Das Risiko ist Teil der TT-DNA, meint Paul Phillips

Foto: Honda

Phillips: "Der Silberstreif am Horizont der COVID-19-Pandemie war die Tatsache, dass wir zum ersten Mal Zeit hatten, um den Fuß vom Gas zu nehmen und alles zu überdenken, was wir in Zukunft machen wollen. Wir präsentieren eine Menge Forschungsinformationen. Jeder hätte im Sportbereich gerne eine Kristallkugel, aber niemand hat eine. Das ist eine Tatsache. Die Pandemie zeigt uns, dass die Welt sich superschnell verändern kann."

"Ich denke, wir müssen uns alle wirklich gut auf eine neue Art von Zukunft vorbereiten. Und ich denke, dass es bei der zukünftigen Entwicklung der TT keine Denkverbote geben sollte. Es gibt definitiv Raum für mehr Veränderung und mehr Innovation. Wir haben eine interessante Fangemeinde. Auf der einen Seite eine sehr loyale, traditionelle Fangemeinde, nach der viele Sportarten schreien würden."

"Auf der anderen Seite ist die Veranstaltung für die "Bucket-List-Brigade" interessant, wir haben jedes Jahr 30 Prozent neue Besucher. Insgesamt wächst unser Publikum, was auch an der zunehmenden Berichterstattung im Rundfunk und den digitalen Medien liegt."

Frühe Absage der TT war wichtig

Frage: "Der Kehrseite der Medaille ist aber: Es gibt dieses Jahr keine Veranstaltung und damit keine Einnahmen für die Isle of Man, die Fahrer und die Teams. Wie fangen Sie diese negativen Auswirkungen auf?"

Phillips: "Nachdem sich die Pandemie nach Nordeuropa ausgebreitet hatte, war uns ziemlich schnell klar, dass wir die TT in diesem Jahr nicht durchführen können. Uns wurde gesagt, dass die Politik die Entscheidung treffen wird, die Grenzen der Isle of Man zu schließen, um das Gesundheitssystem hier zu schützen."

"Damit war klar, dass die TT nicht stattfinden kann. Zum einen waren wir über die Absage zwar traurig, zum anderen aber froh, dass wir diese Entscheidung so früh getroffen haben. Die TT ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Isle of Man, daher ist es ein massiver Verlust. Aber der Tourismussektor ist für dieses Jahr ohnehin erledigt."

"Wir brauchen öffentliche Mittel, um die Zukunft zu sichern. Die Bedeutung der TT für die lokale Wirtschaft wird jetzt durch die Absage vielleicht besser verstanden. Wir haben Unternehmen auf der Isle of Man gesehen, die nur wegen der TT profitabel sein können. Die TT war vorher in einem ziemlich guten Zustand, und ich bin aufgrund all der Arbeit, die wir in der Zwischenzeit geleistet haben, ziemlich zuversichtlich, dass sie aus sportlicher Sicht stark zurückkommen wird.

Sponsorensuche wird lange Zeit schwierig sein

"Wir haben mit den Teams gesprochen, dort ist die Stimmung recht gut. Es liegt auf der Hand, dass beim Sponsoring für den Motorsport - sowie für alle anderen Sportarten - in absehbarer Zukunft harte Zeiten anbrechen werden. Aber die Jungs, die ihren Lebensunterhalt mit der Teilnahme an der TT verdienen, wurde im Handumdrehen um ihr Einkommen gebracht."

Isle of Man TT

Die TT bringt alljährlich 50.000 Besucher auf die Isle of Man

Foto: Honda

"Im Moment haben wir hier vor Ort die Situation der Reisebeschränkungen; Sie können jetzt aus- und einreisen, müssen aber zwei Wochen lang in Quarantäne gehen. Hoffentlich werden die Grenzen bald wieder geöffnet und der Besucherverkehr wieder in Gang gebracht. Und dann freuen wir uns hoffentlich darauf, unsere Motorsportveranstaltung im nächsten Jahr wieder durchzuführen."

Frage: "Wir haben mit führenden Vertretern des Motorsports über das Thema Reduzierung der Emissionen gesprochen. Die Elektrifizierung schreitet voran, und es gibt einige extrem schnelle Elektro-Motorräder. Können Sie sich vorstellen, dass sie letztlich die ganze Show übernehmen?"

Phillips: "Wir haben seit fast einem Jahrzehnt elektrische Motorräder bei der TT. In diesem Jahr sollte es ein kleine Pause geben. Die Auto- und die Motorradindustrie scheinen sich im Moment in Sachen 'Clean Tech' an unterschiedlichen Orten zu befinden."

"Offensichtlich ist das Ende für den Verbrennungsmotor in der Autowelt nahe. Viele Autohersteller werden die Produktion von Benzin- und Dieselautos einstellen. Es gibt bereits viel mehr Hybrid- und Elektrotechnik in der Autowelt, während die Motorradindustrie sie nur relativ langsam aufnimmt. Und die großen Akteure, die japanischen Marken und die großen europäischen Marken, tun noch nicht viel in dieser Richtung.

Motorradbranche hat beim Thema Elektro Nachholbedarf

"Ich wage zu behaupten, dass irgendwo hinter den Kulissen an dieser Technologie gearbeitet wird. Ich denke, der Grund dafür liegt vielleicht darin, dass der Druck auf die Motorradindustrie viel geringer ist als auf die Automobilindustrie. Ich habe einfach das Gefühl, dass wir mindestens zehn Jahre hinter der Autowelt zurückliegen."

Isle of Man TT

Spektakuläre Bilder wie dieses begeistern TT-Fans auf der ganzen Welt

Foto: Honda

Frage: "Sie haben dieses spektakuläre Event, das älteste Motorradrennen der Welt mit weltweiter Anerkennung und so viel Potenzial. Sehen Sie es jemals als Teil einer Serie? Wenn ich es von außen betrachte, sehe ich dieses unglaubliche Kronjuwel, und dann sind die Rennen darum sehr zersplittert. Wenn man sich Le Mans ansieht, dann wird eine Serie darum herum gefahren, so wie beim Indy 500. Wäre es nicht erstrebenswert zu versuchen, eine Roadracing-Serie rund um die TT zu erschaffen?"

Phillips: "Dies wurde schon früher und auch vor kurzem versucht. Und das ist nicht gut gelaufen. Um Motorrad-Straßenrennen auf gesperrten öffentlichen Straßen ist es im Moment nicht gut bestellt. Sie stehen an einer Art Scheideweg, was für die TT aber nicht zutrifft. Würde uns eine Serie nützen? Die Durchführung einer Veranstaltung, die einmal im Jahr stattfindet, kann eine Herausforderung sein, wenn es darum geht, das Interesse 52 Wochen im Jahr aufrechtzuerhalten und Geschichten zu erzählen."

"Aber wir sind eine einzigartige Veranstaltung, die von einer Regierungsabteilung organisiert wird. Im Vergleich zur Geschäftswelt macht es das schwieriger, gewisse Entscheidungen zu treffen. Ich denke viele andere Personen, mit denen Sie gesprochen haben, können da flexibler agieren. Ich denke nicht, dass das ein Thema ist, erst recht jetzt nicht. Kurzfristig wird das nicht passieren, da gibt es bei der TT andere Baustellen."

Hoffnung auf TT-Comeback im Jahr 2021

Frage: "Wie sieht es für 2021 aus? Sind Sie einigermaßen zuversichtlich, dass die TT wieder über die Isle of Man fahren wird?"

Phillips: "Wie alle anderen verfolgen wir gespannt, was im auf der Welt und insbesondere im Sektor der Live-Veranstaltungen passiert. Die MotoGP fährt wieder, die Superbike-WM geht am Wochenende wieder los. Wir alle werden in den nächsten Wochen eine Menge lernen."

"Ich kann mir vorstellen, dass die Welt beim Jahreswechsel völlig anders als jetzt aussehen wird. Und hoffentlich können wir dann bald unser Planungen für 2021 verkünden, denn das sind spannende Pläne. Ich hoffe, dass nächstes Jahr alle für die TT auf unsere Insel kommen können."

Atemberaubende Action-Videos der TT gibt es zum Download oder als DVD bei Duke Video, der offiziellen Video-Quelle der Isle of Man TT.

Mit Bildmaterial von Honda.

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