BMW: Cleverer Kniff für Razgatlioglu, Reiterberger agiert als Teamplayer
Bei der WSBK in Cremona setzt BMW einen zusätzlichen Motor ein, um eine spätere Strafe für Toprak Razgatlioglu zu vermeiden - Markus Reiterberger zeigt Größe
Markus Reiterberger nahm eine Strafe in Kauf, damit Toprak Razgatlioglu einen frischen Motor hat
Foto: BMW Motorrad by Speedbrain
Aus Sicht von BMW verlief der Samstag bei der Superbike-WM in Cremona ernüchternd (zum Rennbericht von Lauf 1). Michael van der Mark war als Siebter bester BMW-Pilot. Teamkollege Markus Reiterberger rettete trotz schwieriger Ausgangslage einige Punkte. BMW nutzte Reiterberger, um einen zusätzlichen Motor ins Aufgebot aufzunehmen. Damit soll verhindert werden, dass Toprak Razgatlioglu nach seiner Rückkehr eine Strafe erhält.
Denn die Strafe für die Nominierung eines weiteren Motors hat es in sich. Laut Artikel 2.4.8 des FIM-Regelwerks dürfen in der Saison sechs Motoren pro Fahrer verwendet werden. Wird bei einem Rennwochenende ein siebter Motor eingesetzt, dann muss der Fahrer in den Rennen vom Ende des Feldes starten und jeweils zwei Long-Lap-Penaltys absolvieren.
BMW hatte bereits drei Motoren aus Razgatlioglus Aufgebot zurückgezogen. Zwei Motoren waren im Einsatz und Razgatlioglu hatte dadurch nur noch einen frischen Motor. "Da wir im Laufe der Saison einige Ausfälle hatten, wollten wir einfach auf Nummer sicher gehen und Toprak Motorlaufleistung ersparen", erklärt BMW-Sportdirektor Marc Bongers den strategischen Kniff.
Toprak Razgatlioglu erhält dank der Maßnahme einen neuen Motor
Foto: WorldSBK.com
"Natürlich versuchen wir alles zu tun, um uns auf die Rückkehr von Toprak vorzubereiten und in der besten Form zu sein", bemerkt Bongers. "Wir haben uns entschieden, einen weiteren Motor einzubauen, für den Markus hier eine Strafe hinnehmen muss."
Starker Teamplayer: Markus Reiterberger zeigt wahre Größe
Laut Bongers war Reiterberger von Anfang an klar, dass er mit diesem Handicap fahren muss. "Es war ein klarer Auftrag, als wir ihn eingeladen haben, uns in der Meisterschaft zu unterstützen. Es ist natürlich schade für ihn persönlich, aber das war abzusehen. Er ist nicht enttäuscht", erklärt der BMW-Sportdirektor.
Markus Reiterberger musste vom Ende des Feldes starten und zwei Long-Lap-Penaltys absolvieren
Foto: BMW Motorrad
Natürlich wäre es BMW lieber gewesen, wenn Razgatlioglus Markenkollegen vor WM-Rivale Nicolo Bulega (Ducati) ins Ziel gekommen wären, um dem Italiener Punkte wegzunehmen. "Das war leider nicht der Fall", bedauert der BMW-Sportdirektor.
Sven Blusch und Marc Bongers trafen die Entscheidung, die Strafe in Kauf zu nehmen
Foto: BMW Motorrad
Mit Reiterbergers Performance in Cremona ist Bongers aber durchaus zufrieden. "Markus zeigte nicht nur auf der Strecke gute Leistungen. Er lieferte auch gute Rückmeldungen zu den Teilen, die bei ihm zum Einsatz kamen", lobt der BMW-Sportdirektor den 30-jährigen Deutschen.
Trotz Strafversetzung und Long-Laps: Markus Reiterberger sammelt Punkte
Im FT3 behauptete sich Reiterberger zwischenzeitlich in den Top 5 und befand sich auch in der Superpole auf Kurs zu einem überraschend starken Ergebnis. Doch auf Grund gelber Flaggen verlor der Deutsche seine schnellste Runde und rutschte von P7 auf P14.
Markus Reiterberger setzt sich bei der Superbike-WM in Cremona stark in Szene
Foto: BMW Motorrad
"Der Tag war insgesamt ganz gut", bilanziert Reiterberger. "Wir haben in FT3 einen Riesenschritt gemacht. Ich war auf Anhieb wesentlich schneller und war lange in den Topplätzen dabei. Am Ende haben die meisten anderen einen neuen Reifen aufgezogen, wir aber nicht. Daher fiel ich ein bisschen zurück."
"In der Superpole sind uns gute Runden gelungen, doch meine beste Runde war leider unter gelber Flagge", ärgert sich Reiterberger, der auf Grund der Strafe ohnehin ans Ende des Feldes rückte. "Es ist mir ganz gut gelungen, mich durch das Feld wieder nach vorn zu arbeiten", so Reiterberger.
"Ich hatte nur das Problem, dass ich die Long-Lap-Penalty-Warnung nicht deaktivieren konnte. Ich wusste also nicht, welche Rundenzeiten ich fahre und wo ich bin", schildert der BMW-Ersatzpilot, der auf P14 gewertet wurde und somit zwei Punkte kassierte.
"Das Team ist recht zufrieden mit mir, daher bin ich auch happy. Das Wichtigste ist, dass ich meine Aufgaben erfülle, um Toprak zu helfen. Und das hat bisher gut geklappt", erklärt Reiterberger nach seinem ersten WSBK-Rennen seit 2019.
Markus Reiterberger wirkte trotz der Rückschläge sehr happy
Foto: BMW Motorrad
Der Samstag in Cremona hat unterstrichen, wie wichtig Razgatlioglu für BMW ist. Ohne den türkischen Ausnahmekönner kann BMW nicht um Siege oder Podestplätze kämpfen. "In Magny-Cours und Portimao sahen wir besser aus. Hier haben wir zu kämpfen", bemerkt Sportdirektor Marc Bongers.
Mit Michael van der Mark Renn-Performance war Bongers aber zufrieden. "Mickey hat sein Mojo im Rennen zurückgefunden. Garrett (Gerloff) fuhr direkt hinter ihm. Aber das sind nicht die Positionen, auf denen wir sein möchten. Doch von Markus konnten wir nicht erwarten, dass er mit Bulega kämpft. Deshalb haben wir entschieden, ihn für andere Themen zu nutzen", begründet Bongers die Strategie.
Kann Toprak Razgatlioglu in Aragon wieder fahren?
Durch Bulegas zweiten Platz am Samstag schrumpfte Razgatlioglus Vorsprung auf 35 Zähler. Bei BMW ist man sich bewusst, wie wichtig Razgatlioglus Comeback in Aragon ist, damit der sicher geglaubte Titel nicht durch die Finger rutscht.
"Wir hatten gehofft, dass er hier fahren kann. Doch der Pneumothorax entwickelte sich nicht wie erhofft", kommentiert Bongers. "Die Behandlungen werden so intensiv fortgesetzt, wie es nur möglich ist. Wir haben große Hoffnung, dass er in Aragon zurück sein wird."
BMW hofft, dass Toprak Razgatlioglu am kommenden Wochenende wieder fit ist
Foto: Motorsport Images
"Toprak fühlt sich gut. Er würde gern sofort wieder fahren. Doch der Pneumothorax ist der limitierende Faktor", schildert der BMW-Sportdirektor. "Er muss die Rennen im TV verfolgen, was ihn verärgert, weil er dabei zusehen muss, wie seine Führung in der Meisterschaft kleiner wird."
"Es besteht das Risiko, dass die Lunge kollabiert, solange das Problem mit dem Pneumothorax besteht", bestätigt Bongers das, was BMW-Rennleiter Sven Blusch bereits am Donnerstag erklärte. "Die Ärzte müssen das beurteilen. Solange das Problem besteht, kann er nicht fahren."
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