Jerez 2017: Als sich Markus Reiterberger vor Toprak Razgatlioglu behauptete
Rückblick auf ein denkwürdiges Rennwochenende: Markus Reiterberger traf beim Finale der Stock-EM 2017 auf prominente Namen und setzte sich klar durch
Am 22. Oktober 2017 feierte Markus Reiterberger einen seiner größten Triumphe. Als frisch gebackener IDM-Superbike-Meister trat Reiterberger beim Saisonfinale der Superstock-1000-EM an, die in Jerez im Rahmenprogramm der Superbike-WM fuhr. Reiterberger holte sich die Pole und den Sieg.
Damals bezwang der Deutsche eine Reihe großer Talente. Im über 30 Fahrer großen Feld mit dabei waren unter anderem der spätere Superbike-Weltmeister Toprak Razgatlioglu und der mehrfache WSBK-Laufsieger Michael Rinaldi. Wir blicken zurück auf die Saison 2017, das denkwürdige Wochenende in Jerez und die damaligen Konflikte.
Das Jahr 2017 begann für Reiterberger holprig. Der damals 22-jährige Obinger stand vor seiner zweiten Saison mit Althea-BMW in der Superbike-WM. Im Jahr zuvor deutete "Reiti" sein Talent mit guten Einzelergebnissen an, wurde dann aber durch einen schweren Sturz in Misano aus der Bahn geworfen.
Vorzeitiges Aus in der Superbike-WM und Neuanfang mit Werner Daemen
Bei Althea fühlte sich Reiterberger nicht mehr wohl und traf nach drei Wochenenden die Entscheidung, das Team in der laufenden Saison zu verlassen. "Bereits die Saison 2016 bei Althea verlief schwierig. Ich spürte bei den ersten Wochenenden in der Saison 2017, dass es eher ein gegeneinander als ein miteinander ist", erinnert sich Reiterberger im Gespräch mit 'Motorsport.com'.
"Nach Aragon traf ich die Entscheidung, das Team zu verlassen. Mir wurde klar, dass es nicht das ist, wofür ich jahrelang gekämpft habe. Danach war ich froh und erleichtert", berichtet Reiterberger, der sich für den Rest der Saison 2017 neu aufstellte: "Es war toll, dass ich wieder bei Werner Daemen unterkam. In seinem Team wurde ich neu aufgebaut, denn ich war damals wirklich am Boden."
Frust bei Althea: Markus Reiterberger trennte sich im Frühjahr 2017 vom Team
Foto: BMW AG
In der IDM fuhr Reiterberger der Konkurrenz um die Ohren und befand sich von Beginn an auf Titelkurs. Im Sommer absolvierte er eine WSBK-Wildcard beim Rennwochenende auf dem Lausitzring. Das Team um Werner Daemen baute dafür extra ein Motorrad auf.
Lausitzring 2017: Markus Reiterberger beim WSBK-Gaststart
Foto: LAT
"Noch in der Saison 2017 haben wir beim WM-Lauf einen Gaststart absolviert. Ich fuhr damals parallel in der Superbike-WM und in der IDM. Die Ergebnisse waren wirklich erfreulich. Im zweiten Rennen lag ich in Schlagdistanz zu Tom Sykes auf Platz fünf", erinnert sich Reiterberger an das Wochenende in Brandenburg.
Erinnerungen an Jerez 2017: "Motiviert wie die Sau!"
"Das Jahr ging mit einem Gaststart bei der Superstock-EM in Jerez zu Ende", bemerkt Reiterberger und fügt hinzu: "Es war ein Preis von Pirelli, weil ich die IDM gewonnen habe. Zusammen mit Werner trafen wir die Entscheidung, den Gaststart als Vorbereitung für die Saison 2018 anzugehen. Werner wollte ohnehin in die Superstock-Klasse wechseln."
Gaststarter Markus Reiterberger holte sich im Qualifying die Pole
Foto: BMW Motorrad
"Wir waren damals bis in die Zehenspitzen motiviert", weiß "Reiti", der mit seinem Team zeigen wollte, wozu er in der Lage ist: "Es handelte sich um die Crew, mit der wir zuvor in der IDM den Titel holten. Wir waren motiviert wie die Sau!"
"Durch die IDM-Erfolge und durch den erfolgreichen Gaststart in der WM hatten wir ein sehr großes Selbstbewusstsein. Uns war klar, dass wir Großes erreichen können. Meine Hoffnung war es, auf das Podium zu fahren und vielleicht um den Sieg zu kämpfen", schildert der mittlerweile 29-jährige Bayer.
Troy Corser besuchte Markus Reiterberger in der Startaufstellung
Foto: BMW Motorrad
Technisch war das Stock-Bike der IDM-Version sehr ähnlich. Doch die Reifen waren die große Unbekannte, denn in der Stock-EM wurde mit profilierten Reifen gefahren. "Wir wussten nicht, ob die Profilreifen mit unserer Abstimmung funktionieren. Deshalb arbeiteten wir an diesem Wochenende sehr intensiv mit den Reifen", erklärt Reiterberger.
Markus Reiterberger übernahm nach dem Start die Führung
Foto: BMW Motorrad
Von der Pole aus übernahm er die Führung und fuhr ein überlegtes Rennen. Zwischenzeitlich wechselte die Führung, doch als Reiterberger erkannte, dass die Reifen die Renndistanz überstehen, zog er das Tempo wieder an, übernahm die Führung und kam nach 15 Runden mit mehr als fünf Sekunden Vorsprung ins Ziel.
Markus Reiterberger kam deutlich vor Toprak Razgatlioglu ins Ziel
Foto: BMW Motorrad
"Ich wusste nicht, wie sie sich über die Renndistanz verhalten. Uns fehlte die Erfahrung damit. Auf eine Runde war ich sehr schnell und schlussendlich funktionierte es auch über die volle Distanz. Dass wir mit einem großen Vorsprung gewinnen, hat uns dann doch überrascht", staunt Reiterberger.
Komplettiert wurde das Podium von den Kawasaki-Piloten Ilja Mikhalchik und Toprak Razgatlioglu. Michael Rinaldi kam mit seiner V2-Ducati auf P6 ins Ziel und stellte damit den Titel sicher.
Großer Triumph über Toprak Razgatlioglu und Michael Rinaldi
Reiterberger erinnert sich gut an Razgatlioglu und Rinaldi. "Diese beiden Fahrer haben bereits damals herausgestochen", erklärt er. "Schon damals konnte man sehen, wie schnell sie sind und wir hart sie kämpfen. Die Schule von Kenan Sofuoglu bringt man ohnehin immer mit großen Talenten in Verbindung, da ist Toprak Razgatlioglu keine Ausnahme. Auch Rinaldi war stark. Er fuhr bereits damals für das Aruba-Team."
Michael Rinaldi gewann mit Aruba-Ducati die Stock-EM 2017
Foto: Aruba Ducati
"Man kannte sich und hatte Respekt voreinander", berichtet Reiterberger, der sich nach wie vor über den Erfolg in Jerez freut: "Wir haben unsere Chance wirklich gut genutzt und waren stolz, dass wir diese Fahrer damals in Jerez so abgesägt haben."
Toprak Razgatlioglu wechselte nach dem Rennen in Jerez in die Superbike-WM
Foto: Motorsport Images
"Beide sind später für Werksteams in der Superbike-WM gefahren. Toprak kam über Puccetti-Kawasaki zu Yamaha und wurde später Weltmeister. Rinaldi landete direkt im Aruba-Team. Ich bin sehr stolz, dass ich damals auf Augenhöhe fuhr, teilweise besser, teilweise schlechter", erklärt Reiterberger.
Mit der Stock-BMW auf Profilreifen schneller als Althea in der WSBK
Der Erfolg beim Gaststart in Jerez war nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was im Jahr darauf passieren sollte. Reiterberger fuhr in beeindruckender Manier zum Superstock-1000-Titel und überraschte mit Fabelzeiten, die oft schneller waren, als die Rundenzeiten des Althea-BMW-Teams in der Superbike-WM, obwohl es große technische Unterschiede gab.
Markus Reiterberger ging als letzter Meister der Superstock-1000-Klasse in die Geschichte ein
Foto: Dominik Lack
"Zusammen mit dem Vizetitel in der Langstrecke war das sicher mein größter Erfolg", erinnert sich Reiterberger an den Titel 2018. "Das Jahr in der Superstock-EM war richtig gut. Wir waren sauschnell, teilweise schneller als BMW mit dem WSBK-Team."
"Mit unseren Rundenzeiten hätten wir in der Superbike-WM teilweise an den Top 10 gekratzt. Und das mit einem Stock-Motorrad mit profilierten Reifen. Das war ein brutales Jahr, echt gut! Es war für uns eine Genugtuung", blickt der BMW-Pilot zurück.
Loris Baz hatte große Mühe, die Rundenzeiten von Markus Reiterberger zu erreichen
Foto: LAT
Teilweise schneller zu sein als Althea mit dem WM-Superbike war eine Art Bestätigung, dass die Kritik am Team nicht ganz unberechtigt war. "Uns war immer klar, dass mehr möglich gewesen wäre bei Althea", bemerkt Reiterberger. "Es war die Bestätigung, dass wir nicht auf dem falschen Weg waren", erklärt er erleichtert.
Dass es die Stock-EM nicht mehr gibt, bedauert Reiterberger: "Es ist richtig schade und für mich unverständlich. Es war eine super Klasse, die viele Talente produziert hat. Diese Klasse war die perfekte Verbindung zwischen den nationalen Meisterschaften und der WM. Man fuhr an den gleichen Wochenenden auf den gleichen Strecken. Das war perfekt!"
Rückkehr in die Superbike-WM als BMW-Werkspilot
Nach dem Titel in der Stock-EM ging es für Reiterberger zurück in die Superbike-WM. Im neu aufgestellten BMW-Werksteam pilotierte Reiterberger eine der beiden S1000RR. Doch als Teamkollege von Tom Sykes hatte es der Deutsche schwer und wurde im Jahr darauf durch Eugene Laverty ersetzt.
Die WSBK-Saison 2019 war von einigen Rückschlägen geprägt
Foto: LAT
"BMW kam damals mit einem neuen Team zurück in die WM. Es war wirklich schwierig, im ersten Jahr Fuß zu fassen. Schade, dass ich keine weitere Chance erhielt", bedauert Reiterberger, der daraufhin in die Asiatische Meisterschaft (ARRC) wechselte und parallel für das BMW-Werksteam in der Langstrecken-WM fuhr.
Markus Reiterberger holte sich 2023 den Titel in der Asiatischen Meisterschaft
Foto: ARRC
In der vergangenen Saison dominierte Reiterberger die ARRC und holte sich vorzeitig den Titel. Parallel dazu feierte er mit dem BMW-Werksteam in der Langstrecken-WM zahlreiche Podestplätze. In diesem Jahr startet "Reiti" erneut für BMW in der Langstrecken-WM. Am 9. März 2024 feiert er seinen 30. Geburtstag.
Mit Bildmaterial von BMW Motorrad.
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