Nach WorldSSP-Crash und Abbruch: Mahias nicht der Buhmann! Regeln überdenken!
Federico Caricasulo war am Sonntag auf dem Lausitzring nach einem harten Manöver von Kenan Sofuoglu gestürzt, sein Teamkollege Lucas Mahias konnte nicht mehr ausweichen und überfuhr den Italiener. Anschließend schwang er sich auf sein Motorrad und fuhr weiter.
Crash von Federico Caricasulo, GRT Yamaha Official WorldSSP Team, Lucas Mahias, GRT Yamaha Official WorldSSP Team
Toni Börner
In den Sozialen Medien – und vor allem im Fan-Lager von Federico Caricasulo – ist Lucas Mahias gerade der Buhmann, da er nach dem Sturz, bei dem er den Italiener überrollte und dieser in der Wiese liegen blieb, weiter fuhr.
Was war passiert?
Kenan Sofuoglu ging Eingangs der vorletzten Runde in der ersten Kurve an Caricasulo vorbei, gab dem Italiener beim Umlegen auf die nächste Rechts- und Linkskurve keinen Platz. Der Yamaha-Pilot steckte aber auch nicht zurück.
Caricasulo klappte das Vorderrad ein und er rutschte auf der Strecke in Kurve 3 hinein. Dort konnte sein Teamkollege Mahias nicht mehr ausweichen und fuhr ihm über den Oberkörper. Caricasulo wurde unter den beiden Werks-R6 von sich selbst und Mahias eingeklemmt, Mensch und Maschinen lösten sich erst in der Wiese.
Caricasulo blieb liegen, Mahias ging zu seinem Motorrad. Wenig später fuhr der Franzose weiter, ohne sich nach dem Befinden seines Teamkollegen zu erkundigen.
Letzteres wird ihm nun zum Vorwurf gemacht.
Als die rote Flagge kam, hatten noch nicht alle Piloten die 18. der 19 Runden begonnen, damit war die letzte vollständig absolvierte Runde die 16., nach der auch gewertet wurde.
Rein sportlich und regulatorisch hat Mahias dabei aber das absolut richtige gemacht: Im Regelwerk der FIM Superbike, Supersport & Supersport300 Weltmeisterschaften steht in Paragraf 1.26.1: Innerhalb von 5 Minuten, nachdem die rote Flagge gezeigt wurde, werden Fahrer, die nicht in der Boxengasse zurück sind – schiebend oder fahrend auf ihrem Motorrad –, nicht in die Wertung genommen.
Mahias schaffte dies und kam damit in die Wertung – und als Dritter sogar auf das Podest. Und das eben auch, weil Caricasulo nicht weiterfahren konnte und ins Medical Center kam. Der Italiener steht im Ergebnis unter "Retired" – nach 16 Runden mit 0,056 Sekunden Rückstand auf Morais. Also eigentlich auf Platz 2.
Sinn und Unsinn der 5-Minuten-Regel
Nüchtern betrachtet macht diese Regelung Sinn. Immerhin war Caricasulo derjenige, der den Sturz auslöste und damit den Abbruch verursachte.
Mahias konnte nichts für den Sturz und machte daher das Richtige, zur Box zurückzufahren.
Was ihm jetzt "menschlich" vorgeworfen ist, dass er sich nicht nach dem Befinden seines Teamkollegen erkundigte.
Was aber hätte er tun können? Die Rettungssanitäter waren schnell beim Italiener und versorgten ihn. Mahias selbst hätte sowieso nichts tun können, war sich der Schwere des Sturzes bewusst – und aber eben auch, dass er die Punkte für Rang 3 nach Hause bringen musste, gerade, um die WM-Führung vor Sofuoglu zu verteidigen.
Selbst Teammanager Filippo Conti sieht das so. "Lucas war sehr clever", sagte er. "Er hat die Konzentration behalten, als er gestürzt war und die rote Flagge raus kam und ist mit dem Motorrad zurück in die Box gekommen und hat damit den dritten Platz gesichert."
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