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Kolumne zum NLS-Auftakt: Kundenfreundlichkeit wird nicht einfach

Zum Start der NLS-Saison 2023 ist vieles neu, doch die alten Probleme bleiben - Das Schlagwort "Kundenfreundlichkeit" kann nämlich schnell nach hinten losgehen

Kolumne zum NLS-Auftakt: Kundenfreundlichkeit wird nicht einfach

Liebe Freunde der "Grünen Hölle",

Über den Winter ist in der VLN kaum ein Stein auf dem anderen geblieben und doch ist irgendwie alles wie immer: Aufgrund des Wetters fielen die meisten Test- und Einstellfahrten am vergangenen Wochenende ins Wasser, pardon, in den Schnee, die GT3-Teams kommen in Scharen zum Saisonauftakt und die Vorfreude ist groß wie eh und je.

Leider bleibt das Problem mit den Starterzahlen insgesamt bestehen. 124 Nennungen sind schon ein Negativrekord für einen NLS-Auftakt im 21. Jahrhundert, erfahrungsgemäß wird das Starterfeld somit bei 110 bis 120 Fahrzeugen liegen.

Zaubern kann niemand. Die NLS-Teilnehmerkrise wird nicht von heute auf morgen verschwinden. Aber man kann froh sein, dass es nach all den politischen Erdbeben überhaupt wieder sportlich losgeht.

Ehemalige Führung widerspricht VLN-Darstellung

Denn es war ein wahrlich unruhiger Winter in der Eifel, und damit sind nicht die Bagger gemeint, die die Auslaufzonen auf der ersten Hälfte der Nordschleife mit dem dringend benötigten Digitalisierungspaket ausstatteten. Politisch war es einer der heftigsten Winter überhaupt.

Die alte NLS-Führung ging nicht freiwillig. Ralph-Gerald Schlüter, Michael Bork, Frank Taller und Volker Strycek wollten noch zwei, drei Jahre weitermachen, doch die Gesellschafter entzogen ihnen das Vertrauen.

Wie so oft in Machtzirkeln geschah dies durch politische Intrigen, die sich im Kreis der neun Gesellschafter der VLN Sport GmbH & Co. KG bildeten - also den neun Ortsclubs, die die VLN-Läufe veranstalten. Mike Jäger wurde spätestens ab April vom MSC Adenau gepusht, auch mit Gerüchten, dass Schlüter Ende 2022 aufhören würde.

Nach unserem Artikel nach dem 12-Stunden-Rennen (den Schlüter als "schlecht recherchiert" bezeichnete) waren die VLN-Gesellschafter offenbar bereit, sich den Bemühungen des MSC Adenau anzuschließen und Schlüter abzuberufen.

Anscheinend hatten sie aber nicht bedacht, dass bei einer Abberufung Schlüters auch Bork, Taller und Strycek gehen würden. Sonst wären deren Posten nicht anschließend zum Teil wochenlang unbesetzt geblieben.

Hinzu kam die in meiner journalistischen Laufbahn bisher einmalige Situation, dass die alte Führungsriege der offiziellen Pressemitteilung der VLN offen widersprach (siehe Bild). Die Schockwellen dieses Erdbebens ebben derzeit noch ab.

 

Stellungnahme der ehemaligen VLN-Führung

Stellungnahme der ehemaligen VLN-Führung

Foto: smg/Stritzke

Es wäre falsch zu sagen, dass unter Schlüter und Co. nur Schlechtes passiert wäre, auch wenn die Kritik der Teilnehmer am Führungsstil deutlich war. Im Gegenteil, einige Probleme wurden erfolgreich angegangen. "Vor Schlüter war der Problemberg einen Meter hoch. Jetzt sind es nur noch 50 Zentimeter", sagte mir ein NLS-Teamchef.

Wenn Kundenfreundlichkeit nach hinten losgeht

Der neue NLS-Chef Mike Jäger hat nur wenige Tage nach seiner Berufung zum Geschäftsführer bei der NLS-Jahressiegerehrung gleich das Schlagwort in den Mund genommen, das am "Ring" seit einiger Zeit die Runde macht und von vielen als zu wenig vorhanden angeprangert wird: Kundenfreundlichkeit.

Das ist ein sehr dehnbarer Begriff. Und sicher hatte die alte Geschäftsführung das auch im Sinn. Ein Beispiel: Volker Strycek. Er war mit dem edlen Ziel angetreten, dem "Wildwuchs" kreativer Fahrwerkslösungen in den V-Klassen Einhalt zu gebieten und so für mehr Chancengleichheit auch für Neueinsteiger zu sorgen.

Das daraus resultierende Reglement war so streng, dass sich die Teilnehmer gegängelt fühlten und die Kosten in die Höhe schnellten. Nicht nur einmal wurde Strycek im Fahrerlager verbal heftig angegangen - teilweise weit unter der Gürtellinie.

Das zeigt, dass auch die besten Absichten manchmal ganz unerwartete Reaktionen hervorrufen können. Eine Erfahrung, die die neue NLS-Führung sicher bald machen wird. Übrigens hat Strycek noch etwas Gutes bewirkt, denn dass die Kostenbombe FT3-Sicherheitstank in den V-Klassen vorerst weiter verschoben wurde, ist auf seine Bemühungen zurückzuführen.

Wie schwer er zu ersetzen ist, zeigt die Tatsache, dass seine Aufgabe nun auf drei Köpfe verteilt wurde. Und bei Michael Bork war es wie so oft: Während seiner Amtszeit war die Kritik groß, doch als er nicht mehr im Amt war, fielen bei unseren Recherchen plötzlich Sätze wie: "Mit dem hätten wir gut weitermachen können".

Ein neuer Anstrich muss her

Wie dem auch sei, eine deutliche Wende muss her, und Jäger scheint die Zeichen der Zeit auch erkannt zu haben. Immerhin benutzt er das Wort "Empathie", für die am Nürburgring bislang wahrlich nicht viel Platz war.

Ein Blick in die Geschichte der NLS/VLN zeigt das: 1977 für den Breitensport gegründet, war sie lange Zeit eine raue Männergesellschaft, in der natürlich auch Platz für toughe Frauen wie Sabine Schmitz war. Ralph-Gerald Schlüter verweist gerne auf den rennfahrenden Metzgermeister von damals.

Das war eine Klientel, die sich nicht viel aus einem rauen Umgangston machte, vielleicht sogar an ihn gewohnt war. Doch um die Jahrtausendwende änderte sich die Kundschaft langsam. Der Anteil der Bäcker-, Metzger- und Werkstattmeister ging sukzessive zurück, dafür kamen immer mehr Firmenchefs, für die ein zuvorkommender Umgang mit Kunden überlebenswichtig ist und die ein Anblaffen entsprechend abschreckt.

Das mag bis etwa 2015 noch funktioniert haben, weil die VLN damals in einer Position war, in der sie sich das leisten konnte. Bei 220 Nennungen brauchte man nichts zu ändern. Aber die Zeiten haben sich geändert. Bei 120 Startern muss man um jeden Teilnehmer kämpfen.

Die Bemühungen um Kundenfreundlichkeit sind bereits sichtbar: Michel Pathe, seit 2022 Geschäftsführer der VLN-Vermarktungsgesellschaft VV, hat mit seiner kumpelhaften Ruhrpott-Art bei vielen Teilnehmern einen Stein im Brett. Diesen Geist soll Jäger nun auch auf sportlicher Ebene vermitteln.

Nicht nur die VLN muss an Kundenfreundlichkeit arbeiten

Das wird nicht einfach. Denn Kundenfreundlichkeit hört nicht bei der VLN auf. Am Nürburgring sind weitere Parteien involviert. Prominentestes Beispiel war der Umgang eines DMSB-Verantwortlichen mit dem Teamchef des Proom-Caymans, der ihm zu verstehen gab, dass er seine Vereinbarungen mit DMSB-Technikern zerreißen könne.

So mit einem jahrzehntelangen Kunden umzugehen, mag juristisch korrekt sein, ist aber zwischenmenschlich eine Katastrophe. Niemandem ist geholfen, wenn die NLS mangels Teilnehmer zu Grabe getragen werden muss und die Verantwortlichen am Grab darauf verweisen, dass sie immer Recht hatten.

Ein Fall wie Proom Racing darf sich nicht wiederholen, dazu ist der gesamte Motorsport nicht mehr in der Position, schon gar nicht im aktuellen gesellschaftlichen Klima. Der Cayman ist übrigens wieder am Start, jetzt aber offiziell als Baureihe 982.

Achim Wawer, Claudius Karch

Ein Beispiel, wie Kundenfreundlichkeit nicht aussieht, war der Umgang mit Proom Racing

Foto: Jochen Merkle

Der dringendste Punkt ist, die Einstiegshürden auf der Nordschleife zu senken. Die Komplexität ist vor allem für ausländische Teams viel zu hoch. Das betrifft sowohl die Abläufe vor dem Rennen als auch die Komplexität des DMSB Permit Nordschleife (DPN).

Und das Reglement gehört komplett auf den Prüfstand. Wer 2023 in die NLS einsteigen will, muss sich durch 139 Seiten Ausschreibung plus Anhänge kämpfen, beim BMW M2 CS Cup kommen noch einmal 18 Seiten dazu, bei der Porsche Endurance Trophy Nürburgring sogar deren 71. Hinzu kommen allgemeine Regeln wie das DMSB-Rennstreckenreglement und der Internationale Sportkodex der FIA.

So viel Komplexität schreckt potenzielle Teilnehmer ab, bevor sie überhaupt einen Fuß in die Eifel setzen. Doch mit dem ADAC Nordrhein, der die sportliche Hoheit über die SP-Klassen hält, sitzt beim NLS-Reglement ein weiterer Akteur mit im Boot, der bisher beim 24-Stunden-Rennen ebenfalls mehr auf den eigenen Geldbeutel als auf das Wohl der Teilnehmer geachtet hat. Das Thema Kundenfreundlichkeit bleibt eine komplexe Angelegenheit.

Von Tag 1 an unter Beschuss

Gleichzeitig muss Jäger sein Revier verteidigen. Kurz nach seiner Ernennung zum Geschäftsführer gab es Berichte über einen Abrechnungsskandal in einer Brauerei, in der er als Logistikchef tätig war. Nach unseren Recherchen wird aber nicht direkt gegen Jäger ermittelt.

Gleichzeitig wurde sein Auftreten in den sozialen Medien an den Pranger gestellt. Mehrfach fiel der Begriff "Vollproll". Dass schon vor den ersten Amtshandlungen erste Angriffe gestartet werden, zeigt bereits, dass nicht jeder mit der Entscheidung, Jäger zum Geschäftsführer zu machen, zufrieden zu sein scheint. Eine Schonfrist wird es nicht geben.

Euer

Heiko Stritzke

Mit Bildmaterial von VLN.

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