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Kolumne von Neel Jani: Wie schnell dürfen die Privaten sein?

Porsche-Werksfahrer Neel Jani berichtet in seiner neuen Kolumne vom LMP1-Angriff mit Rebellion, den Abschied aus der Formel E und die Pläne mit dem 919

#1 Porsche Team Porsche 919 Hybrid: Neel Jani

#1 Porsche Team Porsche 919 Hybrid: Neel Jani

JEP / Motorsport Images

Liebe Motorsportfans,

es wird höchste Zeit, dass ich euch wieder auf den neuesten Stand in meiner Motorsport-Karriere bringe. Die vergangene Kolumne liegt schon rund drei Monate zurück. Seither ist ganz schön viel passiert. Die größten Geschichten waren ganz sicher, dass ich nach dem Formel-E-Auftaktwochenende in Hongkong an keinem weiteren Rennen der Serie teilgenommen habe, und dann natürlich das neue Rebellion-LMP1-Auto. Der erste Rennwagen aber, den ich im neuen Jahr fuhr, war der altbekannte Porsche 919 Hybrid. Von Ruhestand für den 919 kann also keine Rede sein – aber hierzu später mehr.

Das ganze Formel-E-Thema wurde in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen als ich gedacht hätte, und es hat überraschenderweise auch einiges an Polemik in sich gehabt. Es gab sofort wilde Theorien, warum ich nicht weiter für Dragon in der Formel E fahre. Dass es in Hongkong sportlich nicht sehr gut laufen würde, hatten wir erwartet, denn die Strecke passte nur schlecht zur Charakteristik des Autos. Hinzu kamen einige Personalsorgen – inklusive Abwesenheit meines Renn- und Dateningenieurs –, welche das Wochenende für das Team in Bezug auf Vorbereitung und Ablauf nicht wirklich einfacher machten.

Nach der Enttäuschung zum Auftakt war klar, dass wir eine neue Marschroute festlegen mussten, um voranzukommen. Wenn ich von "vorankommen" spreche, dann meine ich nicht die Aussicht auf Platz zehn. Meiner Ansicht nach muss man im Motorsport, oder eigentlich im Leben generell, immer das Ziel haben, das bestmögliche Ergebnis zu erreichen. Manchmal beinhaltet dies, Umwege zu gehen, aber viel Arbeit ist damit immer verbunden. Da kann ich sicherlich auch aus Erfahrung sprechen, denn in meiner Karriere gab es einige solche Momente!

Formel E: Lieber ein Ende mit Schrecken

So zum Beispiel 2009, als ich zusammen mit dem Team Rebellion (damals noch Speedy Team Sebah) erstmals in der LMP1-Klasse antrat. Es gab unglaublich viele Probleme zu lösen, aber Schritt für Schritt wurden konstruktive Lösungen gesucht und meistens auch gefunden. 2011 kam die Wende. Wir konnten uns langsam aber sicher mit Rebellion als eine ernstzunehmende Kraft in der WEC etablieren. Dieser Umstand und diese jahrelange intensive Zusammenarbeit war die Grundlage für immer besser werdende Resultate in der WEC und somit auch die Grundlage, dass ich 2014 den Umstieg zu Porsche schaffte.

 

Neel Jani,, Dragon Racing

Die Situation, sich aus einem Loch zu arbeiten, war also nicht ganz neu für mich. Deshalb war für mich klar, dass jetzt von allen Parteien viel Einsatz und Herzblut gefragt sein würde, um das Ruder nachhaltig herumzureißen. Leider haben sich durch Veränderung einiger Strukturen und Zukunftsaussichten im Team die Umstände so verändert, dass eine weitere Zusammenarbeit für beide Parteien nicht sinnvoll gewesen wäre. Ich würde es so formulieren: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Gerne hätte ich es mir anders gewünscht. Warten wir einmal, was die Zukunft für Neel Jani und die Formel E noch bereithält.

LMP1: Der Fluch der Startnummer 1?

Jetzt zu aktuelleren Themen. Das neue Auto von Rebellion wurde diese Woche beim Autosalon in Genf vorgestellt. Mir gefällt das Farbdesign vom Auto super-gut, auch wenn einige Ähnlichkeiten mit dem alten LMP1 von Audi zu sehen sind. Hoffentlich ist diese scheinbare Ähnlichkeit auch im Speed des Autos wiederzufinden!

Lotti, Bruno Senna und ich werden in der WEC ein Team bilden und die #1 erhalten. Beche, Laurent, Menezes sind unsere Kollegen im #3 Auto. Soll mich aber bitte keiner fragen, warum wir jetzt die Startnummer 1 erhalten haben, denn dies entzieht sich meiner Kenntnis!

Für die Abergläubischen gibt es ein interessantes Zahlenspiel: Bei Porsche war das Auto mit der #1 nie so richtig erfolgreich, es war immer ein Seuchenjahr mit Ausfällen oder sonstigen Problemen. Noch interessanter finde ich aber, dass seit Gründung der WEC/ILMC die Startnummer 2 – also jeweils das Schwesterauto der #1 – am erfolgreichsten war. Es ist interessant zu sehen, wie viele Le-Mans-Siege die Startnummer 2 seit 2011 geholt hat: fünf von sieben Siegen! Also bitte nicht abergläubisch sein ...

 

#1 Porsche Team Porsche 919 Hybrid: Neel Jani, Andre Lotterer, Nick Tandy

Der Kontakt zu Rebellion geht für mich weit über das normale Teamgeschehen hinaus. Dem Teambesitzer habe ich viel zu verdanken, und es gibt nach all den Jahren auch viele Freundschaften. Der Kontakt ist auch nach dem Wechsel zu Porsche niemals abgerissen. Ich bin extrem gespannt, was unser neues LMP1-Projekt bereithalten wird. Wenn man sich das gesamte Konzept inklusive Fahrerkader so anschaut, dann ist klar: Rebellion macht Ernst!

Le Mans: Wie schnell dürfen die Privaten fahren?

Die Chance in Le Mans, einmal wirklich ganz vorne zu landen, ist für Privatteams in dieser Saison sicherlich höher als in vielen Jahren zuvor. Aber natürlich ist Toyota der große Favorit. Ich könnte mir vorstellen, dass die sich einige Sicherheitspuffer einbauen, um mit solidem Tempo über die 24 Stunden zu kommen. Das garantiert ihnen nicht den Sieg, aber die Wahrscheinlichkeit ist doch ganz schön hoch. Wir können nur versuchen, stabil, fehlerlos und konstant zu sein. Aber falls wir es schaffen, irgendwie Druck aufzubauen, werden die Chancen für uns natürlich steigen! Zudem gilt immer noch: Le Mans kannst du nicht gewinnen, Le Mans lässt dich gewinnen.

Ein standfestes Auto ist die beste Grundlage für Le Mans. Da bin ich gespannt, denn fast alle privaten LMP1-Autos sind brandneu und noch nie in Le Mans gefahren. Da kann man kaum Prognosen abgeben. Allerdings finde ich den Weg, den Rebellion nun gewählt hat, ziemlich schlau. Man arbeitet eng mit Oreca zusammen, die 2017 ein richtig schnelles LMP2-Auto hatten, das in Le Mans Rundenzeiten von 3:25 Minuten gezeigt hat.

 

Rebellion R-13

Das ist erst einmal eine gute Basis, ganz abgesehen davon, dass Oreca einige Einblicke bei Toyota hatte und die Leute in Signes genau wissen, wie es geht. Hinzu kommt der Motor. Der Gibson-LMP2-Antrieb war im vergangenen Jahr nicht nur stark, sondern auch enorm standfest. Wenn wir also dort 60 bis 80 PS zulegen und Oreca uns ein schönes LMP1-Paket baut, dann sollte es interessant werden. Garantien gibt es aber keine, schon gar nicht für Le Mans.

Ich bin wirklich gespannt, was wir für Rundenzeiten in Le Mans sehen werden. Dass die privaten LMP1-Autos eine ansprechende Performance haben, wurde neulich beim Test in Aragon deutlich. Die Rundenzeiten des SMP-Dallara konnten sich sehen lassen. Topspeed von über 350 km/h gibt schon einen Vorgeschmack, der Rennsportherzen höher schlagen lässt (auch wenn in Aragon viel Rückenwind herrschte). Die Frage ist, wie schnell uns der ACO fahren lässt. Ich denke schon, dass man dafür sorgen wird, dass wir Toyota nicht bis an die Grenzen oder darüber hinaus treiben werden, aber ein bisschen Spannung wäre für alle gut.

"Lex Alonso" in der WEC: Wenn andere Fahrer leiden

Apropos Toyota: Mein Kollege und Landsmann Sebastien Buemi bekommt jetzt einen neuen Kollegen an die Seite. Ein Fahrer mit großem Bekanntheitsgrad, wie bei Fernando Alonso definitiv der Fall, zieht die Aufmerksamkeit auf sich und damit auch auf die Serie, in der er fährt. Zuschauer möchten Vergleiche, mögen das Diskutieren über die Performance und die Konkurrenz. Es wird spannend zu beobachten sein, wie er sich einlebt. Den Speed hat er zweifelsohne, aber der Umstand Verkehr ist nicht zu unterschätzen.

In der WEC muss man mit dem Verkehr der verschiedenen Kategorien umgehen können, also die weniger PS-Starken einkalkulieren, einschätzen. Ein Umstand, welchen es im Formelsport nicht gibt, deshalb kann dieser Faktor über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Unfälle im Verkehr waren meines Erachtens nach einer der Hauptgründe, weshalb Toyota im vergangenen Jahr die Teamwertung gegen Porsche verloren hat.

 

#7 Toyota Gazoo Racing Toyota TS050-Hybrid: Fernando Alonso

Die polarisierende Entscheidung, das Rennen in Fuji zugunsten von Alonso und Team Toyota zu verschieben, war natürlich auch bei uns Fahrern ein Thema. Man muss sich da wirklich die Frage stellen, ob es sich lohnt, ein Rennen wegen eines einzelnen Fahrers zu verschieben, wenn ich gleichzeitig zehn anderen Piloten damit vor den Kopf stoße. Mehr noch: Da gibt es einige Fahrer, die auf die verschiedenen Serien und Teams angewiesen sind, um Ihr Einkommen zu sichern, welches nicht in die Millionen geht.

Anderseits ist es für Toyota wichtig, im eigenen Land mit Prominenz aufzuwarten. Und die WEC erhofft sich natürlich neue Fans, die Alonso hoffentlich in die WEC folgen. Hoffen wir, dass Alonso auch wirklich jedes Rennen fahren kann, denn die Supersaison geht ja bis Le Mans 2019 – und für 2019 besteht noch kein Formel-1-Kalender. Sebring und der Grand Prix von Australien kommen sich jedenfalls schon dieses Jahr bedrohlich nahe.

Tribute-Tour mit dem Porsche 919

Zurück zu Porsche: Wie schon oben erwähnt, war das erste Auto, welches ich 2018 fuhr, der eigentlich ins Museum verfrachtete 919 Hybrid. Neben dem Engagement bei Rebellion werde ich noch viele interessante Termine als Werksfahrer von Porsche wahrnehmen. Ich darf auch schon mal verraten, dass ich in diesem Jahr noch an einzelnen Rennen in einem GT-Auto teilnehmen werde. Eine ganz neue Erfahrung für mich!

Außerdem gibt es die Tribute-Tour mit dem 919 Hybrid. Wir werden das Auto vor der wirklichen Fahrt ins Museum nochmals auf verschiedenen Strecken vorführen. Das wirklich Schöne und Interessante dabei ist natürlich der Fakt, dass wir jetzt keine reglementarischen Leistungsbegrenzungen befolgen müssen. Also endlich einmal solange elektrisch boosten wie wir wollen und kein Benzin sparen! So können wir erstmals das wahre Potenzial des Hybrid-Antriebs aufzeigen.

In diesem Sinne: volle Fahrt voraus in die Saison 2018!

Bis bald,
Neel Jani

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