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WEC-Highlight 2019: Das verwirrende Interview um den Erfolgsballast

Der WEC-Erfolgsballast machte alle fertig: Jose-Maria Lopez und mehrere Journalisten versuchten in Schanghai, das System Erfolgsballast auszuknobeln

Das Thema Erfolgsballast hat in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) 2019 für die eine oder andere Diskussion gesorgt. Und für einige frustrierende Momente bei uns Motorsportjournalisten. Missverständliche Interpretationen und immer neue Überraschungen führten zu einem Interview in Schanghai, in dem Jose-Maria Lopez und die beteiligten Journalisten völlig aneinander vorbeiredeten.

Zunächst ein kleiner Rückblick auf die scheinbar unendliche Geschichte von Irrungen und Wirrungen um die Einbremsungen in der LMP1-Klasse bei bisher jedem Rennen nach dem Saisonauftakt in Silverstone.

Jedes Rennen eine Überraschung

Die im Sommer publizierten Regeln waren eigentlich einfach und verständlich: Jeder LMP1 erhält eine Einbremsung, bis auf den Letzten der Klasse, der als Referenz herangezogen wird. Diese Einbremsung beläuft sich auf 0,008 Sekunden pro Kilometer und Punkt Vorsprung.

Wer also zehn Punkte Vorsprung hat, wird um eine knappe Zehntelsekunde verlangsamt. Maximal werden aber 40 Punkte Vorsprung bestraft. Mehr als 0,320 Sekunden pro Kilometer würden also nicht anfallen.

Doch schon zu den 6 Stunden von Fuji, dem zweiten Lauf zur WEC 2019/20, gab es eine Überraschung: Die Werte waren viel höher als vorausberechnet. Die Lösung: Der Koeffizient war kurzerhand auf 0,012 Sekunden pro Punkt und Kilometer angehoben worden. Alle zuvor erstellten Tabellen mussten angepasst werden. Nun, so dachte man, herrscht Ruhe.

Doch dann stimmten die vorausberechneten Werte für die 4 Stunden von Schanghai wieder nicht. Es wurde gerätselt, ob etwa Bonuspunkte aus dem Qualifying nicht zählen und bei halben Punkten gerundet wird - oder ob der 40-Punkte-Deckel aufgehoben wurde. Auf Anfrage erhielten wir dann die Antwort: Der Koeffizient lag für Schanghai bei 0,01255 Sekunden pro Punkt und Kilometer.

Und vor den 8 Stunden von Bahrain staunten wir wieder nicht schlecht. Wieder stimmten fast alle Werte nicht mit dem überein, was redaktionsintern vorausberechnet und in den Tabellen festgehalten wurde.

Charlie Robertson, Guy Smith

Ginetta hat als Referenzfahrzeug nach Schanghai ausgedient

Foto: LAT

Diesmal stimmte zwar der Koeffizient, doch erneut wusste die WEC zu überraschen: Hat ein Fahrzeug mehr als 40 Punkte Vorsprung auf den Letzten der LMP1, gilt nicht mehr das Schlusslicht als Referenz. Es wird ein neues, virtuelles Referenzfahrzeug mit eben genau 40 Punkten Rückstand auf den Tabellenführer herangezogen. Eine Regel, die allen Journalisten bis dahin völlig unbekannt war, weil sie nie offiziell bekanntgegeben worden war.

Das führte zu interessanten Anekdoten. So etwa, als bei den 4 Stunden von Schanghai (also bevor die Regel mit dem virtuellen Referenzfahrzeug publik wurde) Jose-Maria Lopez ein Interview zum Erfolgsballast gab. Alle Interviewer waren der Ansicht, dass beide Toyotas gleich schwer in Bahrain antreten würden, solange sie vor dem Ginetta #6 landen. Und dass Rebellion nach Schanghai nicht mehr gewinnen könne, weil sie nur noch mehr Erfolgsballast ins Auto bekämen, Toyota aber schon beim Maximum angelangt war.

Lopez sah das anders - und lag letztlich als einziger in der Diskussion richtig. Ob er nun wirklich als einziger über die Regel mit dem virtuellen Referenzfahrzeug bescheid wusste, oder es einfach von Beginn an "falsch" verstanden hat, entzieht sich unserer Kenntnis. Jedenfalls redeten Kollege Jamie Klein und weitere Journalisten im Interview mit Lopez völlig aneinander vorbei.

Als Hintergrund sei angemerkt, dass in Schanghai beide Toyotas mit exakt demselben Punktestand und damit auch demselben Erfolgsballast antraten.

Das Interview mit Jose-Maria Lopez

Frage: "Rebellion wird nur noch mehr Gewicht bekommen. Aber ihr seid schon am Maximum. Das heißt, für Rebellion wird es immer nur noch schwieriger ... "

Jose-Maria Lopez: "Aber wenn wir vor Rebellion landen, bekommen wir ein noch größeres Gewichtsdefizit [gegenüber ihnen]. Wir sind zwar schon am Maximum, aber im Vergleich zu Rebellion könnte es für das nächste Rennen sogar schlimmer werden, sollten wir sie hier schlagen."

Frage: "Aber das ist doch auf den Abstand zum letzten Platz bezogen. Es macht doch nichts aus, ob Rebellion vor oder hinter euch ins Ziel kommt, solange ihr alle vor Ginetta landet. Weil die doch der Bezugspunkt sind. Es ist so ein kompliziertes System ..."

Bruno Senna, Gustavo Menezes, Norman Nato

Rebellion Racing ist doch nicht mehr so chancenlos wie zunächst befürchtet

Foto: LAT

Lopez: "An unserem Auto wird nichts weiter passieren, weil wir schon am Maximum sind. Aber Rebellion könnte wieder etwas Gewicht raus bekommen, wenn sie Punkte auf uns verlieren."

Frage: "Nur, wenn sie Punkte auf Ginetta verlieren, würden sie weniger bekommen ... "

Lopez: "Ich glaube, unsere Punkte sind sehr verschieden. Aber bei diesem System blickt doch ohnehin keiner durch."

Frage: "Wahrscheinlich verstehen wir es auch nicht ... "

Lopez lacht an dieser Stelle nur noch.

Kurze Einigkeit, dann wieder Frustration

Wie verwirrend das Spiel mit dem Ballast wirklich ist, zeigt die nächste Frage. Denn nun begeht Kollege Jamie Klein den "Fehler" (der sich im Nachhinein als richtige Annahme herausstellte) selbst und rechnet mit dem System, das zu jenem Zeitpunkt noch nicht bekannt ist. Lopez scheint erleichtert, dass es endlich jemand blickt.

Frage: "Sagen wir, Rebellion gewinnt das Rennen. Wäre es eine Option, sich hinter das Schwesterfahrzeug zurückfallen zu lassen, um weniger Ballast in Bahrain zu haben?"

Lopez: "Na also, das meine ich ja die ganze Zeit. Wenn wir hier schneller als Fahrzeug #8 sind, sind wir in Bahrain langsamer. Ehrlich gesagt ist es schwer, die Motivation zu behalten. Denn wenn man hier gewinnt, ist man beim nächsten Rennen benachteiligt."

"Mit diesem System kann man nicht entkommen. Man kann sich nicht absetzen und einen Vorsprung herausfahren. Man muss immer wieder Punkte sammeln und darf keinen Ausfall riskieren. Das könnte einen richtig aus der Bahn werfen."

Der nächste Journalist schwenkt wieder auf das "alte" System ein, also auf den Vorsprung des Autos auf den letztplatzierten LMP1. Bei Lopez muss sich langsam Frustration breit gemacht haben.

Frage: "Kommt euch Bahrain von der Streckencharakteristik mehr entgegen? Wenn ihr denselben Ballast wie die #8 in Bahrain habt, könnt ihr dann um den Sieg kämpfen?"

Lopez: "Ja, aber wenn wir in diesem Rennen vor unserem Schwesterfahrzeug landen sollten, werden wir in Bahrain wieder langsamer sein als sie. Wir könnten nur Platz zwei oder drei erreichen."

Kazuki Nakajima

Das Feld ist durch den Erfolgsballast deutlich zusammengerückt

Foto: LAT

"Mit diesem System geht es nur darum, keine Ausfälle zu haben. Wenn man verliert, hat man im nächsten Rennen den Vorteil. Wenn man gewinnt, hat man einen Nachteil. Es ist alles miteinander verbunden."

Da alle Beteiligten von dieser Diskussion sichtlich genervt waren, wurde dann schnell das Thema gewechselt. Rebellion Racing gewann die 4 Stunden von Schanghai und holte daher nicht nur bei den Punkten, sondern auch beim Erfolgsballast für Bahrain auf Toyota auf. Toyota ging dann tatsächlich mit unterschiedlichem Ballast in Sachir ins Rennen.

Natürlich müssen wir Journalisten uns auch an die eigene Nase fassen, denn die Regel mit dem virtuellen Referenzfahrzeug besteht seit Jahresbeginn, wie uns in Bahrain versichert wurde. Es bleibt für die zweite Saisonhälfte und die kommenden Saisons zu hoffen, dass die Zeit der Überraschungen beim Erfolgsballast der WEC nun wirklich der Vergangenheit angehören.

Mit Bildmaterial von LAT.

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