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Interview

WRX-Chef Bellamy: Motorsport muss elektrisch werden, aber...

Paul Bellamy, Chefvermarkter der Rallycross-WM, spricht über die Zukunft des Motorsports: Für den Verbrennungsmotor gibt es weiter eine Plattform

Video: #ThinkingForward-Interview mit Paul Bellamy

An diesem Wochenende startet die Rallycross-Weltmeisterschaft (WRX) in Schweden endlich in die Saison 2020 über sieben Rennen. Ab Lauf drei in Lettland soll es sogar Zuschauer geben. Die Teams haben den COVID-19-Sturm ausgesessen und der Sport sieht positiv einer elektrischen Zukunft ab 2022 entgegen.

In unserem neuesten Interview der Reihe #ThinkingForward mit den wichtigsten Führungspersönlichkeiten des Motorsports sprechen wir mit Paul Bellamy, dem Hauptgeschäftsführer von IMG, dem Vermarkter der WRX.

Zwar glaubt er, dass der Motorsport schnellstmöglich elektrisch werden muss, um die Hersteller bei der Stange zu halten. Allerdings glaubt er auch, dass es eine Zukunft für den Verbrennungsmotor in privaten Klassen geben wird.

 

Frage: "Paul, die WRX 2020 startet dieses Wochenende in Schweden. Was macht Rallycross so einzigartig?"

Paul Bellamy: "Es ist blitzschneller Motorsport. Jedes Rennen dauert nur sechs Minuten. Vier Runden. Und es sind Kopf-an-Kopf-Rennen. Man muss kein Motorsport-Enthusiast sein, um den Sport zu mögen. Das ist gut, denn es ermöglicht uns, ein großes Publikum zu erreichen."

"Ich könnte den Fan jedes erdenklichen Sports vor den Fernseher setzen und ihm sagen: 'Schau, jedes Rennen dauert nur sechs Minuten", und ihn so als Fan gewinnen. Das macht Rallycross so aufregend."

Frage: "Wie haben Sie den Lockdown erlebt und welchen Einfluss hat das auf die Rennserie - von dem offensichtlichen Grund abgesehen, dass keine Rennen gefahren werden konnten?"

Bellamy: "Wir sind ein Sport, der wegen unserer Veranstalter auf Fans vor Ort angewiesen ist. Das ist natürlich für unsere Veranstaltungspartner eine schwierige Sache. Wir haben es geschafft, bei zwei Veranstaltern - Schweden und Finnland - hinter verschlossenen Türen zu fahren."

"Aber die größte Sache während dieser ganzen COVID-19-Pause war der E-Sport. Die WRX hat sich dem E-Sport ja bereits offen gegenüber gezeigt. Wir konnten eine eigene E-Sport-Serie abhalten und ein neues Publikum gewinnen, das dabei geholfen hat, Rallycross während der vergangenen drei, vier Monate in den Köpfen der Menschen zu halten."

Der E-Sport als Chance

Frage: "Sie haben in der von Motorsport Games gemanagten Serie gute Zahlen erzielt und viele Menschen sagen, dass von allen E-Sport-Serien, die während der "virtuellen Saison" gefahren sind, die WRX diejenige gewesen ist, die am authentischsten gewirkt hat. Es kamen auch große Namen von außen wie Charles Leclerc und Shane van Gisbergen. Aber es hat auch eine sehr geringe Einstiegshürde und sollte die Tür öffnen, um weitere Fans für den Sport zu begeistern. War das auch Ihr Feedback?"

Bellamy: "Ja. Menschen, die keine Rallycross-Fans waren oder noch nicht einmal ein Rallycross-Rennen gesehen haben, aber Gamer sind, konnten mit dabei sein. Das Schöne dabei ist, dass sie sich mit den Profis messen konnten."

"Weil es solch kurze Rennen sind und Codemasters einen fantastischen Job bei dem Spiel gemacht hat, konnten wir ein neues Publikum akquirieren. Wir hoffen, dass wir diese Menschen zu Fans machen können und ihnen dann den Weg vom E-Sport möglicherweise in eine Einstiegsklasse im realen Sport zu ebnen."

"Das ist die Brücke, vom E-Sport ins Rallycross-Einstiegslevel zu kommen und dann die Leiter durch die Rahmenserien hindurch aufzusteigen. Das hat sich für uns ausgezahlt. Und ich glaube, dass der E-Sport fantastisch dafür ist, eine Fanbase aufzubauen und die Menschen schon im frühen Alter abzuholen."

Zusammenarbeit über alle Motorsportarten hinweg

Frage: "Reden wir wieder über den realen Sport. Die WRX ist eine Weltmeisterschaft. Die Formel 1 war eine der ersten großen Sportarten, die neu gestartet ist und sich über Landesgrenzen hinweg bewegt. Was konnten Sie aus diesen Erfahrungen lernen?"

Paul Bellamy

Paul Bellamy kümmert sich beim Vermarkter IMG um die WRX

Foto: FIA World Rallycross

Bellamy: "Die FIA hat vernünftigerweise schon sehr früh die Motorsportveranstalter in regelmäßigen Telefonkonferenzen zusammengetrommelt. So konnten wir unsere Erfahrungen austauschen. Wir haben mit unseren Kollegen von Formel E, [Langstrecken-Weltmeisterschaft] WEC, [Rallye-Weltmeisterschaft] WRC und Formel 1 sprechen können."

"Wir haben die besten Praktiken miteinander geteilt, wie wir den Rennsport wieder aufnehmen konnten und was wir hinsichtlich der Testfahrten machen sollten. Ein dicker positiver Punkt der Pandemie ist, dass wir mit unseren Kollegen öfter zusammengetreten sind als einmal im Jahr wie sonst."

"Das ist sehr nützlich gewesen, weil es ein Zusammengehörigkeitsgefühl gegeben hat. Wir sind wie eine FIA-Familie, die gemeinsam da durch geht. Und wir haben uns gegenseitig geholfen, was sehr viel gebracht hat."

Elektro für Hersteller, Verbrenner für Private

Frage: "Reden wir ein wenig über die Hersteller, denn die Krise hat auch sie hart getroffen. Sie hatten bereits ihre eigenen Herausforderungen mit Herstellern im Jahr 2018. Generell, wie sehen Sie die Teilnahme von Herstellern im Motorsport in der Zukunft? Der Grundgedanke, in den Sport investieren, hat sich ja nicht verändert. Aber ihre Fähigkeiten und ihr Wille, das zu tun, wird sich kurzfristig verkleinern. Wie wichtig wird Ihrer Meinung nach Motorsport für sie sein?"

Bellamy: "Das hängt davon ab, wie der Motorsport in Zukunft aussehen wird. Wir haben während des gesamten Prozesses den Kontakt zu den Herstellern gehalten. Es ist kein Geheimnis, dass sie sich vor zwölf Monaten aus unserer Meisterschaft zurückgezogen haben."

"Und das war okay, weil ihre ganze Marketingstrategie darauf ausgelegt ist, neue Technologien einzuführen - sei es Hybrid oder Elektro. Wir waren zu dem Zeitpunkt nicht bereit für Elektro."

"Wenn wir in die Zukunft schauen, dann glaube ich schon, dass es einen Platz im Motorsport für den Verbrennungsmotor gibt - aber nur auf privater Ebene und vielleicht für die Rennsportromantiker unter uns und den Fans da draußen."

"Die Zukunft des herstellerbasierten Rennsports wird neue Technologie sein. Aus der Rallycross-Perspektive glauben wir, dass das Elektro und nicht Hybrid ist. Der Plan der FIA ist, dass unsere Meisterschaft 2022 elektrisch wird."

Rallycross-WM

COVID-19 hatte auch in der WRX lange die Ampeln auf rot gestellt

Foto: FIA World Rallycross

"Dann werden wir auch wieder Hersteller involviert sehen. Nach einen Jahr sehen die Leute dann, wie diese Meisterschaft läuft. Und dann werden die Marketing-Dollars zurückkehren. Die Strategie ist jedoch, den Verbrennungsmotor nicht komplett allein zurückzulassen."

Frage: "Hat es bereits positive Signale der Hersteller über eure Richtung gegeben?"

Bellamy: "Wir sprechen regelmäßig mit ihnen und geben ihnen Updates, in welche Richtung wir gehen. Sie freuen sich, von uns zu hören, und sagen uns, dass wir sie auf dem Laufenden halten sollen. Natürlich haben wir ihnen mitgeteilt, dass wir jetzt in Schweden mit dem elektrischen Rennsport beginnen werden."

"Wir sind sehr gespannt auf Projekt E. Wir haben Ken Block an Bord, was uns sehr helfen wird. Er ist ein großer Name und brennt für elektrischen Motorsport. Ich habe das Gefühl, dass wir auf dem richtigen Weg und die Hersteller sehr erpicht darauf sind. Natürlich ist bei Ken Ford stark involviert. Wir haben mit ihnen in Großbritannien ausgiebig darüber gesprochen, wie es uns helfen kann."

Ziel: Junges Publikum noch mehr ansprechen

Frage: "Wenn wir noch ein bisschen weiter in die Zukunft blicken, welche weiteren Schritte sind geplant, um die Meisterschaft vorwärts zu bringen, Innovationen zu etablieren, aber gleichzeitig das Kernpublikum zu halten, die richtige Balance zwischen Elektro- und Verbrennungsmotor zu finden und so weiter. Was sagt Ihr Gefühl?"

Bellamy: "Im Rallycross können wir uns glücklich schätzen. Wir haben an die 80 Rennen pro Wochenende, weil wir auch eine Reihe von Rahmenserien haben. Um in Zukunft den Sport weiter voranzubringen, können wir beides kombinieren."

"Unsere Vision ist, dass die Weltmeisterschaft 2022 vollelektrisch wird. Aber die Rahmenserien werden den Verbrennungsmotor behalten, weil es viele Privatiers da draußen gibt und Autos, die irgendwo gefahren werden wollen."

"Das wäre unser Weg - das Alte mit dem Neuen kombinieren. Ich bin mir sicher, dass traditionelle Rallycrossfans sich nicht dafür interessieren werden, wenn es keinen Motorensound gibt."

"Andererseits gibt es da dieses natürliche menschliche Element, das sagt: 'Ich mag es nicht, aber ich werde es mir ansehen, um mir zu beweisen, dass ich es nicht mag.' Und ich glaube, wenn sie die Technologie hinter diesen Autos verstehen, und sehen, dass diese Autos mit ihrem gewaltigen Drehmoment schneller sind und es nach wie vor Kontaktsport ist, dass sie dann doch [dauerhaft] dabei sind."

"Und dann gibt es die jüngere Generation, die sich Elektroautos kaufen möchte. Und der Markt für diese Menschen sind 'Hot Hatches', also kraftvolle Kompaktwagen. Genau die fahren im Rallycross, sei es Peugeot, Volkswagen oder Ford. Sie können sich mit diesen Autos auf der Rennstrecke identifizieren."

"All die jungen Leute aus der Generation meiner Kinder, mit denen ich gesprochen habe, reden über Elektroautos, da schauen sie hin. Wenn man heute in eine Innenstadt fahren möchte - und ich rede nicht mehr nur von Hauptstädten - braucht man ein Elektroauto, um überhaupt reinzukommen."

"Ich denke, die Autohersteller hatten eine harte Zeit, die neuen Autos einzuführen. Das wird die Veränderungen in Richtung der Zukunft beschleunigen. Und meines Erachtens werden die Konsumenten mehr und mehr Elektroautos oder andere Autos, die nicht diesel- oder benzingetrieben sind, kaufen, wenn sie verstehen, dass die Zukunft kommt und dass sie schnell kommt."

"Wenn man sich die Verkaufszahlen von elektrischen Motorrädern ansieht, die sind während des Lockdowns durch die Decke geschossen. Das bedeutet, dass die Gesellschaft Elektrofahrzeuge wesentlich schneller akzeptiert als sie es [ohne die Pandemie] getan hätte."

Neue Interaktionsmöglichkeiten durch digitale Plattformen

Frage: "Zurück zu dem Problem, wie man die Leute wieder an die Strecke bekommt. Was glauben Sie, wie 2021 aussehen wird? Werden wir zu einem Zeitpunkt 2021 wieder zurück im Normalbetrieb sein? Wird es länger als 2021 dauern? Was sagen Ihre Fachleute?"

Bellamy: "Ich denke, es wird eine Übergangsphase geben. Ich glaube nicht, dass wir 2021 sofort wieder zur Normalität zurückkehren werden. Ich denke, alles wird davon abhängen, wie schnell wir einen Impfstoff finden und wie schnell die Menschen sich wieder dem Motorsport zuwenden wollen."

"Der Motorsport hat hier den großen Vorteil, dass er auf weitläufigem Gelände stattfindet und nicht in einem vollgestopften Stadion. Die Fans können hier wahrscheinlich schneller zurückkehren als im Fußball oder Rugby."

Frage: "Schauen wir auf die Art und Weise, wie dieser Sport mit dem Publikum interagiert. Sie wissen, die WRX ist schnell, dynamisch, fesselnd, bereits den digitalen und sozialen Medien zugewandt. Doch welche weiteren Innovationen erwarten Sie in den kommenden Jahren, wenn es darum geht, die Fans miteinzubeziehen?"

Bellamy: "Wir haben mit unserem Hauptsponsor Monster bereits darüber gesprochen. Traditionelles Sponsoring wird seine Probleme bekommen. Das Sponsorenmodell hat sich ohnehin schon gewandelt - weg vom Vorsitzenden, der einen bestimmten Sport mag, hin zu einem 'Return-of-Investment'-Modell."

Kevin Hansen, Reinis Nitiss

Die Rallycross-WM bietet spektakulären Motorsport

Foto: Red Bull Content Pool

"Wir haben herausgefunden, dass Sponsoren sehr viel Engagement vor Ort wollen. Wegen der Pandemie können sie das momentan nicht. Daher werden wir dieses Jahr keine Fanzonen haben. Wir mussten neue Wege finden, um es ihnen zu ermöglichen, ihre Marke nach da draußen zu bekommen und für Interaktion zu sorgen."

"Vieles davon wird über Content funktionieren. Wir haben mit Monster während der Lockdown-Phase an einer OTT-Show gearbeitet, die sie präsentieren. Sie gibt den Fans mehr, als sie ursprünglich hatten."

"Es geht nicht bloß um [Hintergrund-] Content und Bewegtbilder vom Rennen, denn das haben schon unsere Übertragungspartner. Es geht darüber hinaus. Es ist eine Art, mit den Fans zu interagieren. Es wird kostenlos empfangbar sein. Das Ziel ist, das Publikum noch enger an den Rallycross zu binden, aber auch neue Menschen dafür zu begeistern."

"Wir werden dieses Format am Sonntagabend erstmals ausstrahlen und eine 30-Minuten-Show zeigen. Sie wird auf der WRX-Plattform gezeigt. Und sie wird für unsere Übertragungspartner und andere Plattformen ebenfalls verfügbar sein."

Black Lives Matter und Co.

Frage: "Die letzte Frage, Paul: Wir haben in diesem Sommer verstärkt Messages gesehen, in denen es darum geht, für einen bestimmten Grund Rennen zu fahren. Wir haben zahlreiche Kampagnen für Diversität und Zugänglichkeit gesehen. Wir haben bereits über Nachhaltigkeit gesprochen. Glauben Sie, dass der Sport eine Art Zweck demonstrieren muss, um eine Zukunft zu haben?"

Bellamy: "Ja, das glaube ich stark. Und wir sind in einer guten Position, um das zu leisten. Es wurde bereits von der FIA begonnen. Und ich denke, die Menschen werden durch den Sport deutlich aufmerksamer darauf gemacht. Es ist eine andere Art, ihre Aufmerksamkeit zu bekommen."

"Wir können von Glück reden, dass der Rallycross als Weltmeisterschaft noch relativ neu ist. Wir müssen also nicht viele Hürden abbauen. In den vergangenen drei Jahren haben jeweils Frauen als Teamchefs den Pokal für die Weltmeisterschaft am Ende des Jahres mitgenommen: Susann Hansen und Pernilla Solberg. Das ist fantastisch."

"Der Rallycross setzt sich dafür ein, dass Fahrzeuge angepasst werden können. Wir konnten es einer Reihe behinderter Fahrer ermöglichen, an Rallycross-Wettbewerben teilzunehmen, indem wir ihre Autos angepasst haben; Mats Ohman wird dieses Jahr die ganze Saison fahren."

Und es ist kein teurer Sport für den Einstieg. Wir hoffen, dass Innenstadt-Kids, die Talent haben, aber wahrscheinlich sonst nicht die Möglichkeit hätten, einzusteigen, über den E-Sport und andere Plattformen abzuholen. Es gibt Raum für talentierte Menschen aller möglichen Hintergründe, sich im Sport zu engagieren und davon zu leben. Das versuchen wir zu fördern."

Mit Bildmaterial von FIA World Rallycross.

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