Legenden der Rallye-WM: Die Gruppe B und Henri Toivonen
Geliebt und gefürchtet: Die Gruppe B hat die Geschichte der Rallye-WM entscheidend geprägt. Henri Toivonen, einer der größten Helden dieser legendären Ära, wäre heute 60 Jahre alt geworden.
Sie galt als goldene Ära der Rallye-Weltmeisterschaft: die Gruppe B. Die Autos kamen optisch spektakulär daher und waren schwierig zu fahren. Wobei der Begriff "Autos" diesen Monstern auf Rädern nicht wirklich gerecht wird. Bis zu 600 PS brachten die Gruppe-B-Modelle, unter anderem von Audi, Ford, Lancia, MG und Peugeot, auf die Asphalt- beziehungsweise Schotterpisten der Rallye-WM der frühen 1980er-Jahre.
Im Zeitraum von 1982 bis 1986 wurden in Reihen der genannten Hersteller der Audi Quattro S1, der Ford RS200, der Lancia 037 und der Lancia Delta S4, der MG Metro 6R4 und der Peugeot 205 T16 eingesetzt. Parallel fuhren auch Autos der deutlich zahmeren Gruppen A und N im Wettbewerb der Rallye-WM.
Vier Fahrer krönten sich am Steuer eines Gruppe-B-Autos zum Rallye-Weltmeister: Hannu Mikkola 1983 mit dem Audi Quattro S1, Stig Blomqvist 1984 ebenfalls mit dem S1, Timo Salonen 1985 mit dem Peugeot 205 T16 und Juha Kankkunen 1986 ebenfalls mit dem 205 T16.
Doch so spektakulär die Autos der Gruppe B waren, so gefährlich waren sie auch. Juha Kankkunen, der in der Rallye-WM insgesamt vier Titel gewann, sagte einmal: "Die WRC ist für Jungs. Die Gruppe B war für Männer."
Henri Toivonen, der tragische Held der Gruppe-B-Ära
Einer der größten Helden der Gruppe B war Henri Toivonen. Der Finne galt als einer der schnellsten Piloten seiner Zeit. Als Toivonen seinen Lancia Delta S4 beim Saisonfinale 1985 in Großbritannien zum Sieg prügelte und zwei Monate später auch den Saisonauftakt 1986, die legendäre Rallye Monte Carlo, für sich entschied, war er an der Spitze der Rallye-WM angekommen.
Einen Namen gemacht hatte sich Toivonen aber schon vorher. So gewann er mit dem Talbot Sunbeam Lotus völlig überraschend die Rallye Großbritannien 1980 und holte sich damit seinen ersten WM-Sieg. Nach zwei Jahren bei Opel (1982 und 1983) wechselte Toivonen zur Saison 1984 zu Lancia.
Bei seinem neuen Arbeitgeber driftete Toivonen zunächst knapp zwei Jahre lang mit dem 037 um die Ecken der Rallye-Welt. Das Saisonfinale 1985 markierte das Debüt des Delta S4 und bei diesem fuhr der schnelle Finne direkt zum Sieg.
Nach seinem Sieg bei der "Monte" im Januar 1986 kam Toivonen als WM-Spitzenreiter zum zweiten Saisonlauf in Schweden. Dort fiel er aus. Bei der anschließenden Rallye Portugal kam es zu einem schweren Unfall. Joaquim Santos verlor seinen Ford RS200 auf einer Sprungkuppe aus der Kontrolle und kam von der Piste ab. Dabei wurden drei Zuschauer getötet und mehr als 30 weitere verletzt.
Infolge der Tragödie von Portugal wurden die Gruppe-B-Autos von dieser Rallye zurückgezogen, waren ab der anschließenden Safari-Rallye in Kenia aber wieder unterwegs. Toivonen war in Kenia nicht am Start. Er fuhr erst bei der Rallye Korsika wieder, doch diese sollte er nicht überleben.
Das Drama von Korsika
Es war Freitag, der 2. Mai 1986. Toivonen und und Beifahrer Sergio Cresto lagen bei der schwierigen Asphaltrallye mit ihrem brachialen Lancia Delta S4 nach der Donnerstagsetappe auf Siegkurs. Auf WP 18 kamen Toivonen/Cresto zwischen Corte und Taverna von der Piste ab. Der Delta stürzte in eine Schlucht, ging beim Aufprall in Flammen auf und brannte völlig aus. Der 29-jährige Finne und sein 30-jähriger Beifahrer aus den USA hatten keine Chance, sich zu befreien.
Die Unfallursache ist bis heute nicht restlos geklärt. Toivonen bestritt die Rallye geplagt von einer Grippe und hatte am Vorabend seines Todes in die Mikrofone diktiert: "Diese Rallye ist verrückt. Momentan läuft alles gut, aber sobald es ein Problem gibt, bin ich komplett erledigt."
Heute, am 25. August 2016, wäre Henri Toivonen 60 Jahre alt geworden. Sein vier Jahre jüngerer Bruder Harri Toivonen erinnert sich:
Der fatale Unfall von Henri Toivonen und Sergio Cresto auf Korsika hatte zur Folge, dass die Gruppe B nach Ablauf der Saison 1986 in der Rallye-WM verboten wurde. Dennoch oder gerade deswegen bleibt diese Ära genau wie ihre Helden bis heute unvergessen.
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