WRC Rallye Sardinien 2022: Ott Tänak erlöst sich und Hyundai
Ott Tänak gewinnt in Italien und feiert seinen ersten WRC-Sieg seit über einem Jahr - Kein Toyota auf dem Podest - Ronvanperä baut WM-Führung dennoch aus
Endlich der erste Sieg für Hyundai im Hybrid-Zeitalter der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC): Ott Tänak hat mit einem Sieg bei der Rallye Sardinien den ersten Triumph für den Hyundai i20 N Rally1 eingefahren. Es ist der erste Sieg für Hyundai seit Thierry Neuvilles Triumph bei der Rallye Spanien 2021.
Ergebnis WRC Rallye Sardinien 2022
Der Weltmeister von 2019 hat damit auch eine eigene sieglose Zeit beendet. Sein letzter Sieg datierte bis jetzt auf die Arktis-Rallye in Finnland im Februar 2021. "Das war eine große Herausforderung, speziell seit Einführung der neuen Hybridgeneration", sagt der 34-Jährige.
"Wir haben gute Schritte gemacht. In Portugal hatten wir ziemliche Schwierigkeiten. Da haben wir uns deutlich verbessert. Wenn das Vertrauen ins Auto da ist, können wir einen guten Job machen. Wir müssen so weitermachen. Es freut mich besonders für die Mechaniker. Diese Rallye war nicht leicht und sie haben einen exzellenten Job gemacht."
Tänak übernahm bereits am Freitagvormittag die Führung, als sich Elfyn Evans (Toyota; 40.) in einer Kompression ein Wasserleck im Kühlsystem einfing und den Tag beenden musste. "Schwieriges Wochenende", bilanziert er. "Wir können ein paar positive Dinge mitnehmen. Die Performance ist da, aber mit so wenigen Punkten wird das natürlich schwierig."
Allerdings konnte sich Tänak seiner Sache noch nicht sicher sein. Die Führung wechselte in der Folge immer zwischen dem Esten und Esapekka Lappi (Toyota; 43.) hin und her. Der Finne übernachtete mit einem Polster von 0,7 Sekunden nach dem Freitag, als neun von 21 Wertungsprüfungen absolviert waren.
Zwei davon mussten jedoch abgesagt werden - WP8, weil es nach einem Vorfall in der WRC2 Sicherheitsbedenken gab, und WP9, weil die Autos wegen der WP8-Absage nicht mehr vernünftig dorthin kamen. Das rettete Tänak wahrscheinlich die Rallye, denn an seinem Hyundai begann sich ein Getriebeproblem abzuzeichnen. Das hätte ihn mindestens Zeit gekostet, womöglich gar aus der Rallye geworfen.
Großes Pech für Lappi am Samstag
Am Samstag schmiss Lappi schon auf der ersten Prüfung alles weg. Ein Stein hebelte das Auto aus und er bandelte anschließend mehrmals rechts und links an, wobei er sich ein Rad abriss. Er kann es nicht fassen: "Das ist schwer zu akzeptieren. Ich bin auf der WP doch gar kein Risiko gegangen!"
Vielleicht war genau das das Problem: "Ich hätte in dieser Kurve weniger bremsen sollen. Da lag ein Stein, der uns aus der Linie geworfen hat. Wir haben eine Wand und einen Baum auf der anderen Seite getroffen. Hätte ich weniger gebremst, wäre die Frontpartie höher gewesen und wir hätten es überstanden. Ich habe ich sehr wohl im Auto gefühlt, aber das nimmt mir einiges." Beobachter sind sich einig: Lappi hatte einfach riesiges Pech mit dem Stein.
Der Weg war für Tänak nun frei, sein einziger Gegner war die brütende Hitze auf der italienischen Mittelmeer-Insel. Das hielt ihn nicht davon ab, noch mehrere WP-Bestzeiten zu fahren. Am Ende gewann er neun der 19 gefahrenen Wertungsprüfungen.
Platz zwei ging an Craig Breen (M-Sport-Ford). Der Ire profitierte zunächst von seiner günstigen Startposition am Freitag und fuhr anschließend eine seiner stärksten Rallyes, doch der lang ersehnte Premierensieg scheiterte am zu starken Ott Tänak.
Dennoch darf er sich feiern lassen: "Ich bin begeistert! Das war ein richtig gutes Wochenende und wir finden langsam auf die Füße. Das Auto wird immer besser. Das hat ein bisschen gedauert, aber jetzt geht es ab!"
Dani Sordo (Hyundai; 3.) komplettierte ein erfolgreiches Wochenende für das Hyundai-Werksteam. Es ist sein zweiter dritter Platz in Folge, womit er eine 100-Prozent-Podiumsquote hält. In den ersten drei Rallyes der Saison hatte noch Oliver Solberg am Steuer gesessen.
Zufrieden ist der Spanier aber nicht: "Ich hätte gern mehr mit Craig gekämpft, aber er hatte einen unglaublichen Speed und wir mussten uns mit Problemen herumschlagen. Dann wollte ich keine Fehler mehr machen und einfach die Punkte für das Team nach Hause fahren."
Für eine positive Überraschung sorgte Pierre-Louis Loubet (M-Sport-Ford), der mit Platz vier eine neue persönliche Bestleistung erzielte. Ohne einen Reifenschaden wäre ein Podiumsplatz möglich gewesen, denn zwischenzeitlich hielt der Franzose den dritten Platz.
"Danke ans Team", sagt er. "Sie haben mir so ein unglaubliches Auto hingestellt und immer an mich geglaubt. Ich hoffe, wir können so weitermachen. Ich habe mich im Auto wirklich wohlgefühlt."
Toyota schwach, Rovanperä trotzdem Matchwinner
Nachdem Evans und Lappi aus dem Rennen waren, mussten Kalle Rovanperä und Takamoto Katsuta die Fahnen für Toyota hochhalten. Mehr als die Plätze fünf und sechs konnten sie mit ihren ungünstigen Startpositionen am Freitag jedoch nicht bewerkstelligen.
Dennoch darf sich Rovanperä mit dem fünften Platz und Platz zwei in der Powerstage als Matchwinner fühlen. Nach zuletzt drei Siegen in Folge mag P5 wie eine Erdung wirken, doch seinen WM-Vorsprung hat der erst 21-Jährige durch Thierry Neuvilles Pannenserie in dieser Rallye (s.u.) noch ausgebaut. Er liegt jetzt 55 Zähler vorn - nach lediglich fünf Rallyes.
Katsuta musste auf seinem Weg zu Platz seinerseits mit einem defekten Kühlsystem in der brutalen Hitze am Samstagnachmittag haushalten. Anders als Evans konnte der Japaner den Tag aber beenden. "Ein hartes Wochenende", so sein Fazit. "Gestern hatten wir Probleme, aber wir sind durchgekommen. Ich muss weiter lernen, aber bin mir sicher, dass wir uns noch verbessern können."
Beide Toyota-Piloten sammelten Plätze auf, die die Gegner ihnen übrigließen, etwa durch einen Unfall von Adrien Fourmaux (M-Sport-Ford; DNF) am Samstagabend. Oder durch Gus Greensmith (M-Sport-Ford; 7.), der seinen Ford Puma Rally1 nach einem Dreher auf der dritten Prüfung zwei Minuten lang nicht wieder in Gang bekam.
Eine Rallye zu Vergessen erlebte Thierry Neuville (Hyundai; 41.). Zunächst verlor er wegen Sichtproblemen im Staub 15 Sekunden auf der zweiten Prüfung, was zu heftigen Debatten führte. Der Veranstalter hatte die Intervalle zwischen den einzelnen Fahrzeugen gekürzt. Für Neuville war das aber nur der Anfang einer ganzen Pannenserie.
Schon auf der fünften Prüfung hatte der Belgier Schwierigkeiten mit dem Antriebsstrang - sein drittes technisches Problem in ebenso vielen Rallyes. "Wir haben den Antrieb auf der Hinterachse verloren und mussten uns mit Frontantrieb durch die ganze WP kämpfen", stöhnt er. "Wir liegen zwei Minuten hinten, wie sollen wir uns da zurückkämpfen?"
Am Samstag stand ihm dann zunächst ein Hund auf dem Weg zu einer WP-Bestzeit im Weg, den er durch Anhalten verschonte. Am Nachmittag verabschiedete er sich dann mit einer Rolle auf der zwölften Prüfung. Am Ende blieb nur die Bestzeit auf der Powerstage als Trost. Diese gewann er vor Rovanperä und Evans.
Die Rallye-Weltmeisterschaft wird vom 23. bis 26. Juni fortgesetzt. Dann steht die legendäre Safari-Rallye auf dem Programm, die ihr zweites Gastspiel seit der Rückkehr als moderne Rallye im WRC-Kalender gibt.
Mit Bildmaterial von Austral/Hyundai Motorsport.
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