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Kommentar: So wird der Tourenwagen-Weltcup ein Erfolg

Chancen und Risiken des neuen Tourenwagen-Weltcups (WTCR), der Nachfolgeserie der Tourenwagen-WM (WTCC), analysiert von Stefan Ehlen

Zsolt Szabó, Zengo Motorsport Cupra TCR, Fabrizio Giovanardi, Team Mulsanne Alfa Romeo Giulietta TCR

Foto: Stefan Ehlen

Liebe Leser,

am Wochenende beginnt ein neues Zeitalter im Tourenwagen-Sport. Der Weltcup (WTCR) tritt dann ganz offiziell an die Stelle der bisherigen Weltmeisterschaft (WTCC). Die Euphorie ist groß, ebenso die Aufbruchsstimmung im Fahrerlager. Das war schon beim Testtag in Barcelona klar zu spüren. Und ich glaube in der Tat, dass es ein guter Neustart werden wird. Denn vieles, woran die Tourenwagen-WM zuletzt krankte, ist beim neuen WTCR "kuriert".

Da wäre zum Beispiel die Größe des Feldes mit nun 26 Fahrzeugen von sieben Marken. Dergleichen blieb unter dem 2017 ausgelaufenen TC1-Reglement stets Wunschdenken, weil sich das Konzept nie durchgesetzt hat. Mehr als 20 TC1-Autos standen in den vier Jahren seit 2014 nie gleichzeitig in der Startaufstellung. Und neue Hersteller blieben (fast) aus.

Dafür sind in der ersten Ausgabe des neuen Weltcups gleich sieben Marken mit dabei: Alfa Romeo, Audi, Cupra (SEAT), Honda, Hyundai, Peugeot und Volkswagen. Auch weil der WTCR einen Markt bedient, der schon seit Jahren boomt. Denn TCR-Fahrzeuge sind wesentlich kostengünstiger als TC1-Rennwagen, sowohl in der Anschaffung als auch im Einsatz. Und sie lassen sich auch abseits des Weltcups in anderen Serien verwenden. Indes die ausgemusterten TC1-Autos wandern mangels Betätigungsfeld wohl ins Museum.

 

Mehdi Bennani, Sébastien Loeb Racing Volkswagen Golf GTI TCR, Norbert Michelisz, BRC Racing Team Hyundai i30 N TCR, Gordon Shedden, Audi Sport Leopard Lukoil Team Audi RS 3 LMS

Wie eine "Hall of Fame" liest sich derweil die Meldeliste der neuen Meisterschaft. Mit Thed Björk, Rob Huff, Yvan Muller und Gabriele Tarquini haben sich vier der sechs Weltmeister aus der Zeit von 2005 bis 2017 eingeschrieben. Nur Andy Priaulx und Jose-Maria Lopez fehlen. Dazu kommen Tourenwagen-Heroen aus mehreren Jahrzehnten wie Fabrizio Giovanardi, James Thompson oder Gordon Shedden und WTCC-Siegfahrer wie Tom Coronel, Norbert Michelisz und Tiago Monteiro sowie TCR-Champion Jean-Karl Vernay. Alleine in dieser Aufzählung steckt unheimlich viel fahrerisches Können.

Spannend dürfte auch der "Generationen-Konflikt" zwischen den teilweise über 50-jährigen Routiniers und den jugendlichen Newcomern werden, wovon es im Feld ebenfalls einige gibt – wie die WTCC-Senkrechtstarter Yann Ehrlacher und Esteban Guerrieri oder Pepe Oriola, den jüngsten WTCC-Laufsieger aller Zeiten.

All das klingt ganz danach, als könnte der neue Tourenwagen-Weltcup dem früheren WM-Motto vollumfänglich gerecht werden und genau das "Real Cars, Real Racing" bieten, für das die WTCC zumindest in ihrer Anfangszeit bekannt und beliebt war; das Hauen und Stechen auf der Ideallinie und abseits davon, mit Lackaustausch und Ellenbogen-Manövern.

 

Thed Björk, YMR Hyundai i30 N TCR, Yvan Muller, YMR Hyundai i30 N TCR

Doch einfach wird es für den WTCR und dessen Macher in der Debütsaison nicht. Es gibt zwar viele Chancen auf eine positive Entwicklung, aber eben auch Risiken, die den Erfolg der Meisterschaft gefährden könnten.

Ein Beispiel für Letzteres ist die Ausrichtung der Rennserie auf Privatteams, wobei das Engagement der Hersteller aber allgegenwärtig ist. Ein Blick in die Boxengasse verrät: Manche Teams bedienen sich am Personal der früheren Werksteams und greifen wohl nicht nur auf das Know-how der Marken zurück. Die Kontrolle über ein mögliches, heimliches "Wettrüsten" der Hersteller zu behalten, dürfte die größte und zugleich schwierigste Aufgabe für die Veranstalter werden. Denn der WTCR wäre nicht die erste Tourenwagen-Rennserie, die an explodierenden Kosten zugrunde gehen würde.

Eine Gefahr für die Rennserie sind aber auch die Gewichtsregeln, die sogenannte Balance of Performance (BoP) einerseits, der aus früheren WTCC-Tagen bekannte Erfolgsballast pro Fahrer andererseits. Da ist Unmut ob einer vermeintlich falschen Einstufung vorprogrammiert, schon allein aufgrund der vielen unterschiedlichen Marken. Denn am Ende gilt: Auf dem Podium gibt es nur drei Plätze, mindestens vier Hersteller-Logos tauchen dort pro Rennen also gar nicht erst auf. Ob der neue Weltcup diesem (politischen) Druck standhält? Auch hier ist Vermittlungsgeschick bei den Organisatoren gefragt.

 

Mato Homola, DG Sport Competition Peugeot 308TCR

Eine Stolperfalle für echte Fans ist indes das Punktesystem: Jedes der drei Sprintrennen wird nach einem anderen Schlüssel mit Zählern belohnt, den Überblick zu wahren fällt schwer. Das droht in Rätselraten auszuarten, auch wenn die Motivation dahinter grundsätzlich verständlich ist. Doch hier werden Probleme geschaffen, die es gar nicht geben müsste.

Gleiches gilt für den Rennkalender. Für reine Privatteams ist die Tournee von Afrika durch Europa bis hin nach Südamerika und Asien ein enormer Aufwand. Dazu kommt ein spezielles Sorgenkind in Übersee: ein neues Stadtrennen in Wuhan. Schon jetzt befürchten die Teammanager viel Schrott und hohe Kosten – und fragen sich, wie beschädigte Fahrzeuge irgendwo in China gescheit repariert werden könnten. Nach Macao ist das kein Problem: Container auf, Auto rein, Klappe zu – und zuhause im Werk wird instandgesetzt, nach Saisonende.

Wuhan als drittletzte Station vor Suzuka und Macao aber sorgt schon jetzt für Fragezeichen. Auch, weil es noch keine Informationen über den Stadtkurs gibt. Zwar fuhr dort schon einmal die chinesische Meisterschaft, doch für 2018 soll die Strecke neu designt werden. Anhand welcher Standards, das bleibt abzuwarten.

 

Tom Coronel, Boutsen Ginion Racing Honda Civic Type R TCR

All dies ist wenige Stunden vor dem Saisonauftakt freilich noch ferne Zukunftsmusik, dürfte aber bereits jetzt in den Ohren der Verantwortlichen widerhallen. Mit dem Start zum ersten Rennen mit – das steht zu hoffen – guter Tourenwagen-Action wollen die Organisatoren aber mit dem Produkt auf der Rennstrecke überzeugen.

Wer dann den TV anschalten will, schaut jedoch in die Röhre: Den Saisonauftakt gibt's in Deutschland nicht im Live-Fernsehen, sondern nur im Online-Stream auf den Facebook-Präsenzen des WTCR. Auch das ist neu im Tourenwagen-Weltcup. Die weiteren Rennen aus Marrakesch zeigt wie gewohnt Eurosport, teilweise allerdings nur zeitversetzt und in der Wiederholung.

Den Fahrern ist es vermutlich egal. Denn sie stürzen sich im WTCR 2018 in das vermutlich größte internationale Tourenwagen-Abenteuer seit Jahren. Und die Ausgangslage ist trotz aller Kritikpunkte gut. Hält der neue Weltcup, was er verspricht, gibt es nach Marrakesch viele Sieger: Marcello Lotti, der das TCR-Reglement erfand; Francois Ribeiro, der die Größe hatte, "seine" TC1-WM sterben zu lassen; vor allem aber die Fans, denen endlich wieder echtes Racing geboten wird. Also auf in eine neue Zeitrechnung!

Euer
Stefan Ehlen

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