"Als hätte Rast ein eigenes Regelwerk": Pepper mit Stinkefinger & heftiger Kritik
Heftiger Unfall zwischen Rast, Pepper und Wittmann: Was die drei Beteiligten sagen, welche Entscheidung die Rennleitung trifft und warum auch Wittmann ermahnt wird
Der heftige Unfall zwischen Pepper und Wittmann sorgte für Diskussionen
Foto: Burkard Burkard
"Ich weiß nicht, ob Rene [Rast] seine Bremsen oder sein Talent verloren hat", schimpft DTM-Debütant Jordan Pepper nach dem heftigen Unfall mit Marco Wittmann (Schubert-BMW) im zweiten Rennen (Rennbericht) auf dem Sachsenring. Der Grasser-Lamborghini-Pilot, der als Ersatz für Christian Engelhart eingesprungen ist, ärgert sich!
"Von jemanden, der ein dreifacher Champion ist, ist das respektlos", wird der Südafrikaner, der Rast kurz nach dem Unfall sogar den Stinkefinger zeigt, noch deutlicher. "Was er am Nürburgring mit Maro [Engel] gemacht hat, was er heute getan hat und wie er schon die ganze Saison fährt, das sieht so aus, als gäbe es ein Regelwerk für Rene und ein Regelwerk für den Rest."
Doch was war überhaupt passiert? Etwa zur Halbzeit des Rennens startete Rast auf der Anfahrt zur ersten Kurve einen Angriff gegen Pepper. Dabei traf der Schubert-BMW-Pilot den goldenen Lamborghini des DTM-Debütanten am Heck, der anschließend die Kontrolle verlor und mit voller Wucht in den BMW von Wittmann krachte.
"Man erwartet, wenn man gegen Kontrahenten auf einem so hohen Level fährt, dass man von ihnen Respekt bekommt", sagt Pepper kurz nach dem Unfall bei ran. "Aber um ehrlich zu sein, bin ich in meinem ganzen Leben im Motorsport nie so hart in einer Kurve getroffen worden."
Wittmann mit Kritik an Teamkollege Rast
Der Einschlag von Rast sei offenbar so heftig gewesen, dass dem Lamborghini-Piloten "das Lenkrad aus den Händen gerissen" wurde. "Von da an war ich Passagier und habe versucht, die Kontrolle zurückzubekommen", berichtet der Südafrikaner, der den Spitznamen "Jürgen Peffer" trägt. "Ich muss mich bei Marco entschuldigen, der arme Typ hatte nichts damit zu tun."
Direkt nach dem Unfall hielt Wittmann den Lamborghini-Piloten tatsächlich für schuldig und schubste ihn weg, als sich dieser bei ihm rechtfertigen wollte. "Ich war am Anfang sehr emotional und sauer [auf Pepper], weil er natürlich derjenige war, der mich getroffen hat", erklärt Wittmann gegenüber Motorsport-Total.com.
Allerdings musste der Schubert-BMW-Pilot seine Meinung nach Ansicht der TV-Bilder revidieren - und nahm dafür seinen eigenen Teamkollegen in die Kritik! "Er hat in meinen Augen keinen Fehler gemacht", entschuldigt sich der zweifache DTM-Champion bei seinem Unfallgegner.
Das DTM-Debüt von Jordan Pepper endete im Kiesbett
Foto: Alexander Trienitz
"Er hat normal gebremst und eben eingelenkt, wenn man für die erste Kurve einlenken muss", beschreibt der Schubert-BMW-Pilot die Situation und teilt somit die Meinung Peppers: "Daher liegt die Schuldfrage für mich ganz klar bei Rene."
Rast sieht "Moving under braking"
Und was sagt der Schubert-BMW-Pilot zu seiner Verteidigung? "Das muss ich mir nochmal angucken. Ich habe es natürlich nur aus dem Auto erlebt", sagt der dreifache DTM-Champion kurz nach dem Rennen im Gespräch mit Motorsport-Total.com. Rast ist der Ansicht, dass Pepper ein unfaires "Moving under braking"-Manöver vollzog.
"Ich habe für die erste Kurve angebremst und mich nach innen orientiert und in dem Moment hat Jordan die Tür zugemacht", sieht der erfahrene DTM-Pilot die Schuldfrage anders. Also ein Manöver, das laut DTM-Reglement eigentlich verboten ist? "Ich war davon überrascht und konnte nichts mehr machen, außer die Innenseite zu wählen. Die wurde mir dann zugemacht."
Kontrahent Pepper erklärt seine Linienwahl anders, weil in der ersten Kurve am Sachsenring "gleichzeitig gebremst und in die Kurve einlenkt" wird. Er habe sich deshalb nicht unfair verhalten oder gar ein "Moving under braking"-Manöver vollzogen, sondern sei ganz normal gefahren.
"Moving under braking"? Rast sieht die Schuld eher bei Pepper
Foto: Alexander Trienitz
"Aber gleichzeitig kämpfe ich gegen Marco", begründet der Südafrikaner, warum er sich möglicherweise anders verhielt als in den Runden zuvor. "Ich bin ihm näher, als Rene hinter mir. Und ich werde so hart von so weit hinten getroffen."
Rennleitung findet keinen Schuldigen
Auch die Rennleitung, die sich nach dem Rennen intensiv mit dem Vorfall auseinandersetzte, konnte keinen Schuldigen ausmachen, sodass die Kollision zwischen Rast und Pepper mit einem "no further action" zu den Akten gelegt wird. Es sei "nicht eindeutig zu definieren, wer 100 Prozent Schuld trägt", begründet ein DMSB-Sprecher gegenüber Motorsport-Total.com.
Grundsätzlich spiele das "mehr als unglückliche Ende", also der Unfall zwischen Pepper und Wittmann, bei der Entscheidungsfindung keine Rolle, weil nie das Ergebnis einer strittigen Situation berücksichtigt werde.
Während Rast beim Vorsprechen vor den Sportkommissaren weiterhin auf seiner "Moving under braking"-These behaarte, konnte Pepper glaubhaft machen, dass er seine Linie auch in vorherigen Runden bereits mehrfach in dieser Art wählte.
Dabei kam erschwerend hinzu, dass es in der ersten Kurve am Sachsenring unterschiedliche Linien gibt, die sich auch zwischen BMW M4 GT3 und Lamborghini Huracan GT3 unterscheiden. Deshalb war "für die Sportkommissare nicht unterscheidbar, ob es ein 'Moving under braking' war, was Rast freisprechen würde, oder eine Linie, die Pepper immer fährt, was Rast die Schuld geben würde", heißt es weiter.
Deswegen war "nicht so klar, dass man dem einen Fahrer mehr Schuld geben könnte als dem anderen Fahrer, und deswegen gibt es keine Strafe", erklärt der DMSB-Sprecher. Darüber hinaus habe Pepper versucht, sich im Zweikampf gegen Wittmann anders zu platzieren, um in Kurve zwei möglicherweise einen Vorteil zu haben. Auch das spielte eine Rolle. "Die Argumentation war von beiden schlüssig, deswegen gab es nicht einen Alleinschuldigen."
Ganz untätig blieben die Sportkommissare allerdings nicht: Sowohl Wittmann als auch Pepper erhielten eine Ermahnung wegen unsportlichen Verhaltens, nachdem Pepper den Stinkefinger gegen Rast gezeigt und Wittmann den um Entschuldigung bittenden Pepper geschubst hatte.
Wittmann unschuldig um Top-Ergebnis gebracht
Vor allem der Frust von Wittmann ist allerdings verständlich. "Für mich ist es natürlich enttäuschend, weil ich am Ende das dritte Auto war, das Opfer von diesem Zweikampf wurde", erinnert der BMW-Pilot, der sich mit einer guten Strategie und einem späten Boxenstopp in aussichtsreiche Position gebracht hatte.
"Ich glaube, wir hätten vielleicht sogar an den Top 5 kratzen können", ärgert sich Wittmann, der nur vom 19. Startplatz kam. "Am Ende sind für mich die Punkte weg. Ich war leidtragendes Opfer und [das ist] einfach frustrierend. Da schienen der Renngott oder das Glück nicht so ganz auf meiner Seite zu sein."
"Mir geht es gut, aber der Schlag war sehr heftig", sagt der 34-Jährige, der sich mehr über das verlorene Punkteergebnis ärgert. "Wir hatten eine extrem gute Pace, was Reifenverschleiß betrifft. Und ich glaube, das hätte sich im zweiten Stint auszahlen können."
Und zu allem Überfluss reist das Schubert-Team mit einem stark beschädigten Auto zurück nach Oschersleben. "Das ist auch ein Thema, was wir uns in der Werkstatt angucken müssen", weiß Wittmann. "Wie stark ist der Schaden am Fahrzeug? Ist es überhaupt reparabel? Ich hoffe es, aber das Auto war sehr deformiert."
Diese Story teilen oder speichern
Registrieren und Motorsport.com mit Adblocker genießen!
Von Formel 1 bis MotoGP berichten wir direkt aus dem Fahrerlager, denn wir lieben unseren Sport genau wie Du. Damit wir dir unseren Fachjournalismus weiterhin bieten können, verwendet unsere Website Cookies. Dadurch wird Dein Nutzererlebnis optimiert und die Werbung auf Deine Interessen zugeschnitten. Wir wollen dir aber natürlich trotzdem die Möglichkeit geben, eine werbefreie Website zu genießen.