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Formel-1-Technik 2022: Wiederholen sich die Fehler von 2009?

2009 gab es in der Formel 1 schon einmal ein neues Reglement, das das Überholen erleichtern sollte - Warum das nicht funktionierte und was man 2022 anders macht

Die Formel 1 erlebt in der Saison 2022 in technischer Hinsicht einen großen Umbruch. Ab diesem Jahr gibt es ein komplett neues Reglement, das unter anderem dabei helfen soll, wieder engeres Racing zu ermöglichen. Allerdings wird sich erst beim Saisonauftakt in Bahrain zeigen, ob die FIA dieses Ziel auch wirklich erreicht hat.

Denn auch 2009 wurde das bestehende technische Reglement schon einmal über den Haufen geworfen, um mehr Überholmanöver zu ermöglichen. Doch damals wurde diese Zielsetzung verpasst. Was ist also damals schiefgelaufen und warum ist man beim Weltverband zuversichtlich, dass es dieses Mal besser klappen wird?

Grundsätzlich waren die Ideen der "Arbeitsgruppe Überholen" (Overtaking Working Group) 2009 durchaus hilfreich. Allerdings brachte das neue Reglement auch einige Konsequenzen mit sich, die man nicht beabsichtigt hatte. Diese führten dazu, dass die angestrebten Verbesserungen von den Teams schnell wieder negiert wurden.

Doppeldiffusor sorgt für Brawn-Dominanz

Im Zusammenhang mit der Saison 2009 erinnert man sich heute vor allem an die Geschichte des Brawn-Teams zurück, das aus den Überresten des Honda-Werksteam hervorgegangen war und am Ende des Jahres sensationell beide WM-Titel einsacken konnte. Schlüssel zum Erfolg war damals ein neuer Doppeldiffusor.

Der Doppeldiffusor am Brawn BGP001

Der Doppeldiffusor am Brawn BGP001 war der Grundstein für den Titelgewinnt

Foto: Giorgio Piola

Wie auch Williams und Toyota nutzten Ross Brawn und Co. eine Lücke im neuen Reglement und tauchten bei den Wintertests mit einem doppelten Diffusor auf. Im Sinne der neuen Regeln war diese Entwicklung nicht - aber auch nicht illegal, obwohl die anderen Teams darauf pochten, den Doppeldiffusor zu verbieten.

Die FIA gab Brawn und Co. in ihrer Interpretation der Regeln allerdings recht, und so mussten alle anderen Teams notgedrungen nachrüsten. Die Idee der 2009er-Regeln bestand grundsätzlich darin, die Aerodynamik der Autos deutlich zu beschneiden, nachdem diese in den Jahren zuvor immer absurdere Auswüchse angenommen hatte.

Y250: Autos wurden sogar noch empfindlicher

Bei den Flügeln setzte man zudem auf einen größeren, aber schmaleren Heckflügel, der für einen anderen Windschatten sorgte. Die Hoffnung war, dass man anderen Autos dadurch besser folgen kann. Vorne wurde der Frontflügel dafür breiter und es wurde ein Bereich eingeführt, an dem die Teams keine Veränderungen vornehmen durften.

Dabei handelte es sich um einen 500 Millimeter langen Abschnitt im Zentrum des Flügels. So wollte man verhindern, dass die Teams in diesem Bereich - wie in der Vergangenheit - zusätzlichen Abtrieb generieren. Allerdings führte dieser Schachzug dazu, dass die heute bekannten Y250-Wirbel Überhand nahmen.

Diese wurden in der folgenden Zeit zu einem mächtigen Werkzeug, das es den Teams ermöglichte, den Luftstrom zu beeinflussen und so die Performance des Autos zu verbessern. Leider wurden die Autos dadurch sogar noch empfindlicher gegenüber Turbulenzen vor ihnen, weil die Y250-Wirbel nur bei freier Fahrt perfekt funktionieren.

Verstellbarer Frontflügel schnell redundant

Eine weitere Änderung im Jahr 2009 war ein vom Fahrer selbst verstellbarer Frontflügel, der ebenfalls dabei helfen sollte, anderen Autos besser folgen zu können. Dieser wurde allerdings schnell redundant und 2011 durch das bis heute verwendete DRS am Heckflügel ersetzt.

Der Mechanismus, der zur Verstellung des Flügels notwendig war, wurde von den meisten Teams in der Endplatte untergebracht. Das führte allerdings dazu, dass sie beim Design der Endplatte Abstriche machen und diese relativ simpel halten mussten. Gut zu sehen ist das zum Beispiel beim McLaren MP4-24 und dem BrawnGP BGP001.

Der McLaren von 2009

Beim McLaren MP4-24 steckte der Mechanismus in der Endplatte ...

Foto: Giorgio Piola

Während McLaren auf die Endplatten-Lösung setzte, entschied man sich bei Brawn dazu, den Mechanismus weiter innen am Flügel zu platzieren. Dadurch hatte das spätere Weltmeisterteam beim Design der Endplatte deutlich mehr Spielraum und damit bessere aerodynamische Möglichkeiten.

2022 ähnliche Ideen wie 2009

Die "Arbeitsgruppe Überholen" sprach sich damals außerdem dafür aus, die Bargeboards aufgrund ihrer aerodynamischen Bedeutung komplett zu entfernen. Allerdings waren die Teams dagegen und setzten sich letztendlich durch. Die neuen Regeln für 2022 bauen im Fundament also auf sehr ähnlichen Ansätzen wie 2009 auf.

Der Frontflügel am Brawn BGP001

... und beim Weltmeisterauto von Brawn deutlich weiter innen am Flügel

Foto: Giorgio Piola

Doch während das damalige Reglement in einem ähnlichen Format wie die alten Regeln formuliert war und rückblickend betrachtet zu viele Lücken bot, hat man sich dieses Mal dazu entschieden, die Regeln von Grund auf neu und deutlich strikter zu formulieren. Deshalb erhofft man sich ein besseres Ergebnis als 2009.

FIA-Technikchef Nikolas Tombazis ist jedenfalls zuversichtlich, dass die Teams dieses Mal keine Möglichkeiten haben werden, die beabsichtigten Verbesserungen gleich wieder zu untergraben. Auf Nachfrage erklärt er, dass er nicht davon ausgeht, dass sich die Geschehnisse aus 2009 wiederholen werden.

Warum dieses Mal alles besser werden solle

"Es gibt zwei oder drei Dinge, die wir rückblickend betrachtet etwas anders gemacht hätten. Aber die verrate ich nicht", sagt Tombazis im Hinblick auf das neue Reglement und erklärt: "2009 gab es grundsätzlich viel weniger Details [im Reglement]. Aber die wichtigen Dinge, die man damals gelernt hat, waren korrekt."

Der McLaren von 2009

Die Bargeboards sollten schon 2009 eigentlich weg - blieben letztendlich aber

Foto: Giorgio Piola

Bereits damals habe man verstanden, warum die Autos einander nicht folgen konnten und was man dagegen tun müsse. "Der Fehler passierte danach. Die Regeln boten so viele Freiheiten, dass wir [...] nach ein paar Wochen im Windkanal alle guten Sachen, die man sich ausgedacht hatte, komplett negiert hatten", so Tombazis.

Tombazis stand damals noch in Diensten von Ferrari, also auf der "anderen Seite", wie der spätere FIA-Mann selbst sagt. Er erklärt: "Die Regeln waren so geschrieben, dass man - wenn man das wollte - ein Auto bauen konnte, dem man leicht folgen kann. Das wäre aber ziemlich langsam gewesen."

FIA bereit, noch einmal nachzubessern

"Oder man konnte ein schnelles Auto bauen, das einfach all diese Dinge [die das Racing verbesserten sollten] ignorierte", erinnert er sich und beteuert: "Wir [bei der FIA] haben versucht, daraus zu lernen und Regeln zu erstellen, die zwangsläufig restriktiver sind, und bei denen es hoffentlich nicht so große Abweichungen geben wird."

Eine Garantie dafür gibt es allerdings nicht. Und auch Tombazis gesteht: "Ich bin mir sicher, dass es Bereiche geben wird, in denen wir zu dem Schluss kommen werden, dass wir womöglich einen Fehler gemacht haben, oder in denen wir noch einmal einige Anpassungen vornehmen müssen."

Konkrete Eindrücke und Antworten wird es allerdings erst dann geben, wenn die neuen Autos des Jahrgangs 2022 das erste Mal ein echtes Rennen bestreiten.

Weitere Co-Autoren: Matt Somerfield. Mit Bildmaterial von Giorgio Piola.

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