Magnussen-Sperre: Müssen die Strafpunkte überarbeitet werden?
Die FIA bekommt nach der Sperre gegen Kevin Magnussen einigen Gegenwind wegen der Strafpunkte, doch George Russell würde sogar noch strikter vorgehen
Kevin Magnussen gilt in der Formel 1 als harter Fahrer
Foto: LAT Images
Ist die Rennsperre gegen Kevin Magnussen zu hart oder gerechtfertigt? Der Haas-Pilot muss an diesem Wochenende in Baku zuschauen, weil er als erster Fahrer der Formel-1-Geschichte zwölf Strafpunkte gesammelt hat und damit für ein Rennen gesperrt wird (zur Übersicht der Strafpunkte 2024).
Magnussen hatte in Monza zwei Strafpunkte für eine Kollision mit Pierre Gasly gesammelt und kam damit über die erlaubte Grenze. Für viele war das Vergehen in Italien aber nichtig, und selbst Gasly hatte sich auf die Seite von Magnussen gestellt und wollte dessen Sperre verhindern. Das sieht auch sein Teamkollege Nico Hülkenberg so.
"Natürlich gibt es eine Vorgeschichte und er hat die ganzen Strafpunkte gesammelt, aber wenn man sich nur den Monza-Vorfall isoliert anschaut, dann war das einfach Racing", sagt der Deutsche. "Es war klares, faires Racing und ich sehe nicht, wie man dafür zwei Strafpunkte oder eine Zehn-Sekunden-Strafe bekommen kann. Das ist sehr hart."
"Das ist meine Meinung, aber die meisten Fahrer sehen das ähnlich", betont Hülkenberg und verweist auf einen ähnlichen Vorfall im Sprintrennen zwischen ihm und Fernando Alonso. "Ich hatte ein Manöver in Kurve 3 versucht, die Räder blockiert und bin ein bisschen zu weit raus, sodass er neben die Strecke musste."
"Das ist Racing", sagt er. "Um zu überholen müssen wir die Komfortzone verlassen und ein Risiko eingehen. Und dann passiert das halt manchmal."
Zwar habe auch Alonso damals gesagt, dass der Vorfall nicht schlimm gewesen sei, "aber es scheint so, dass sich die Kommissare einmischen wollen, wann immer es einen kleinen Kontakt gibt", so Hülkenberg. "Sie wollen eine Konsequenz, auch wenn die Fahrer das nicht bei jedem Kontakt für notwendig halten."
"Vielleicht sollten sie die Strafrichtlinien überarbeiten und ändern, weil wir in der Lage sein sollten zu fahren."
Komatsu: Manche Punkte waren nicht berechtigt
Haas-Teamchef Ayao Komatsu ist hingegen gar nicht einverstanden mit der Strafe gegen seinen Schützling. Zwar betont er, dass er keine Argumente gegen die Sperre selbst hat, weil sie anhand der Richtlinie korrekt ist, "aber es ist eher eine Frage, ob die Richtlinien richtig sind", meint er.
Denn der Japaner ist nicht der Meinung, dass Magnussen all seine Strafpunkte verdient hat. Die Punkte aus Monza findet er nicht fair, genau wie die beiden Punkte für die Kollision mit Yuki Tsunoda in Schanghai: "Das war kein eindeutiger Zwischenfall, sondern 50/50", sagt er. "Er hätte also gar keine zehn Punkte haben dürfen."
"Ich stimme Schanghai nicht zu und auch einem Vorfall in Miami nicht, aber es ist, wie es ist", so Komatsu. "Es bringt ja nichts, sich jetzt darüber zu beschweren. Wir müssen einfach weitermachen, und dann muss man daran denken, dass die schwarze Wolke nach dem Rennen verschwunden ist. Dann hat er null Punkte und kann wieder loslegen."
Magnussen zu Unrecht als unfair bezeichnet?
Auch dass Magnussen häufig als unfairer Fahrer abgestempelt wird, sieht der Teamchef nicht: "Er war nicht für alle seiner zehn Punkte vor Monza verantwortlich", stellt er klar. Beim Sprint in Miami, als er für diverse Vergehen drei Punkte sammelte, habe er es übertrieben, und Komatsu habe danach auch mit ihm gesprochen, "aber ich sehe nicht, dass er in der Saison viel falsch gemacht hat".
Kritik hatte Magnussen unter anderem in Saudi-Arabien bekommen, als er das Feld für Nico Hülkenberg eingebremst hatte, weil er ohnehin schon eine Strafe hatte, doch Komatsu meint, dass jedes andere Team das auch getan hätte. "Und es war absolut sauber, von daher finde ich, dass er unfair gebrandmarkt ist."
Dafür selbst gab es aber keine Strafpunkte, dafür aber für andere Vorfälle, sodass Magnussen bereits nach Miami Gefahr lief, gesperrt zu werden.
Tsunoda: Strafen zu streng für 24 Rennen
Yuki Tsunoda bringt noch ein anderes Argument ein: Nämlich dass sich die Anzahl der Strafpunkte in den ganzen Jahren nicht verändert hat. Seit Einführung der Strafpunkte ist die Grenze bei zwölf Zählern fest. Allerdings gab es damals mit 19 Saisonrennen noch fünf weniger als in dieser Saison - und dann kommen ja auch noch die Sprintrennen hinzu.
"Ich habe das Gefühl, dass diese Art von Strafpunkten ein wenig nachgiebiger werden sollte - für 24 Rennen scheint es immer noch ziemlich streng zu sein", sagt der Japaner, der vor zwei Jahren ebenfalls einmal kurz vor einer Sperre stand, weil er mehrere kleinere Vergehen gesammelt hatte.
Allerdings muss dazu gesagt werden, dass es damals auch Strafpunkte für kleinere Vergehen wie Tracklimits gegeben hat. Das gibt es aktuell nicht mehr. Die Vielzahl aller Punkte wird für Kollisionen oder Abdrängen gegeben - also im Grunde gefährliche Fahrweisen.
"Wenn Tracklimits Strafpunkte geben, dann ist das zu viel, aber bei Kollisionen ist es gut, das zu haben", sagt Tsunoda. "Aber das sollte eine Fall-zu-Fall-Entscheidung sein. Aber das tun sie ja sowieso, weil es manchmal auch nur einen statt zwei Punkte gab."
Russell: Muss es sogar noch härter sein?
George Russell hat hingegen eine andere Meinung, auch wenn er findet, dass die Strafe für Magnussen in Monza isoliert betrachtet hart war. Denn andere Vergehen seien seiner Meinung nach nicht hart genug bestraft worden.
"Wir müssen auch einen Präzedenzfall für die Nachwuchsserien schaffen. Die Jungs in der F4, F3 und F2 schauen zu uns auf, und es sollte nicht erlaubt sein, mit gefährlichem oder unberechenbarem Fahren durchzukommen", sagt der Mercedes-Pilot. "Und irgendwann muss man dafür auch bestraft werden."
Dass die Grenze aufgrund der höheren Rennzahl nach oben gesetzt werden muss, das sieht der Brite auch nicht: "Diese Diskussionen haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder geführt, wenn Fahrer zu nah dran waren", winkt er ab.
"Aber in zwölf Jahren ist noch niemand gesperrt worden, von daher könnte man sich eher fragen, ob die Strafpunkte hart genug waren."
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