Adrian Newey: Mit 65 wollte ich eigentlich aufhören
Formel-1-Stardesigner Adrian Newey wechselt von Red Bull zu Aston Martin, obwohl er nach vier Jahrzehnten im Motorsport schon den Ruhestand anvisiert hatte
"Hätte man mich vor 15 oder 20 Jahren gefragt, ob ich mit 60 noch arbeiten wollen würde, ich hätte wahrscheinlich verneint. Bis 65 wollte ich jedenfalls nicht arbeiten. Aber dann kommst du in dieses Alter", sagt Adrian Newey. Er fängt 2025 als Technischer Leiter bei Aston Martin an und stellt sich damit einer neuen beruflichen Herausforderung, die er sich eigentlich nie hatte ausmalen können.
"Ganz ehrlich: Vor zwei oder drei Jahren konnte ich mir niemals vorstellen, Red Bull zu verlassen. Ich dachte, es würde mein letztes Team sein", sagt Newey im Podcast "High Performance".
Seither habe aber "allmählich" ein Sinneswandel eingesetzt. Newey verweist konkret auf die "vergangenen zwölf Monate", die bei Red Bull bekanntlich turbulent verlaufen sind: In der Winterpause vor der Saison 2024 tobte ein Machtkampf zwischen Teamchef Christian Horner und Sportchef Helmut Marko, dazu kam die Horner-Affäre. All das hinterließ Spuren bei der Belegschaft und offenbar auch bei Newey.
Er habe schließlich im Frühjahr 2024 erstmals das Gefühl gehabt, "ich bin nicht mehr ehrlich zu mir selbst", so beschreibt er es. Ihm sei beim Japan-Grand-Prix in Suzuka plötzlich klar geworden, dass er "etwas anderes machen" wolle.
"Ich dachte mir: Nächstes Jahr bin ich 66. Noch vier, fünf Jahre, dann bin ich über 70. Und dann muss es auch mal gut sein. Dann wäre ich gerne in einer Position wie Rory Byrne bei Ferrari, ein anerkannter Berater, ohne direkten Bezug zum Tagesgeschäft, ein bisschen zurückgezogen."
Doch das ist ein Szenario, wie Newey es sich noch nicht lange vorstellen kann: "Vor zehn Jahren hätte ich noch gesagt, da könnt ihr mir gleich die Kugel geben."
Wie Neweys Lebensgefährtin den Aston-Martin-Deal sieht
Jetzt aber stehen die Vorzeichen anders: Erstmals in seiner langen Motorsport-Laufbahn ist Newey nicht nur einfacher Angestellter, sondern wird Teamteilhaber bei Aston Martin. Und das ist eine Gelegenheit, die er sich nicht entgehen lassen wollte.
Oder wie es Newey selbst ausdrückt: "Vielleicht mache ich mir zu viele Gedanken darüber, was passieren würde, wenn ich etwas nicht mache. Und ich stelle mich eben furchtbar gerne einer neuen Herausforderung."
Übrigens mit dem ausdrücklichen Segen seiner Frau Amanda. Wie sie dem neuen Deal mit Aston Martin gegenübersteht? "Sie sagt: Ich würde sie wahnsinnig machen, wenn ich nicht arbeite", meint Newey und grinst.
Newey streben nach der richtigen Balance im Leben
Ihm selbst scheint es in diesem Punkt ähnlich zu gehen: Die Arbeit ist sein Leben. "Es ist die Karriere, die ich mir als kleines Kind immer vorgestellt hatte. Ich darf mich glücklich schätzen, dass ich das so umsetzen konnte. Und es macht mir immer noch Spaß", sagt Newey.
"Das Entscheidende ist nur, die richtige Balance zu finden, denn die Formel 1 kann dich total vereinnahmen. Das bedeutet Kompromisse an anderer Stelle, besonders im Familienleben und bei Freunden und dergleichen. Da wird es dann schwierig."
Er sehe hier konkret "zwei Aspekte" bei der enormen Arbeitsbelastung in der Formel 1. "Einerseits: Wenn es in der Arbeit schlecht läuft, versucht man, das nicht mit nach Hause zu nehmen. Das ist nicht so einfach nach einem harten Tag, weil man vielleicht nicht weiß, warum es schiefgelaufen ist. Dann fühlst du dich dumm."
"So geht es mir, wenn ich etwas nicht verstehe. Dann wünschte ich mir, ich wäre etwas cleverer, denn wenn du etwas nicht verstehst, kann das frustrierend sein. Ich versuche aber, meine Frustration nicht mit nach Hause zu nehmen und es an meiner Familie auszulassen. Amanda würde das sicher bestätigen."
Der andere Aspekt sei das Zeitmanagement. "Auch das ist schwierig, wenn nicht sogar schwieriger", meint Newey. "Denn es kann ein vollumfänglicher Job sein, wenn man es so haben will."
"Ich habe aber immer versucht, effizient mit meiner Zeit umzugehen, was es aber ebenfalls schwierig macht. Dann fällt vielleicht das Abschalten schwer. Denn wenn ich mal nichts tue, dann habe ich das Gefühl, ich sollte [trotzdem] etwas tun. Dann plagen mich Schuldgefühle. Es geht also eigentlich darum, all diese Emotionen unter Kontrolle zu bringen."Diese Story teilen oder speichern
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