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Irrer Boxen-Schubser bei 24h Dubai: Mechaniker von Porsche umgerissen

Mechaniker mit ausgekugelter Schulter um Urlaub gebracht, Zeitstrafe für Täter-Fahrzeug: Ein Vorfall an der Box bei den 24 Stunden von Dubai sorgt für Diskussionen

Wenn es nicht den Abbruch wegen apokalyptischer Regenfälle gegeben hätte, wären die 24 Stunden von Dubai 2020 wohl aufgrund eines ganz anderen Vorfalls in Erinnerung geblieben: Bewegtbilder aus der Boxengasse zeigen einen Vorfall, der für heftige Diskussionen sorgte.

Die Bilder zeigen, wie ein Mechaniker des Barwell-Teams den Boxen-Dirigenten von MRS-GT Racing in einen losfahrenden Porsche schubst, weil dieser ihm im Weg steht. Der Mechaniker wird vom Heckflügel umgerissen, die Szene endet an dieser Stelle abrupt.

Der MRS-Mechaniker wurde im Medical Center und noch einmal in einem Krankenhaus gründlich durchgecheckt. Dabei wurden eine ausgekugelte Schulter, eine gequetschte Lunge und zahlreiche Prellungen festgestellt. Er befindet sich noch immer in Dubai. Was eigentlich ein Urlaub nach dem Rennen hätte werden sollen, ist nun ein Daueraufenthalt im Hotelbett.

 

Offensichtlich war der Barwell-Mechaniker, der zu diesem Zeitpunkt einen Reifen zum Lamborghini Huracan GT3 schleppte, von der Anwesenheit des MRS-Dirigenten genervt, weil er keinen geraden Weg zum Fahrzeug hatte. Auch dürfte er sich nicht im Klaren gewesen sein, dass der Porsche gerade losfuhr. Dennoch handelte es sich um ein so grob fahrlässiges Verhalten, dass dem Lamborghini eine 4-Minuten-Strafe aufgebrummt wurde.

Was die Bilder nicht zeigen: Im Anschluss gab es heftige Diskussionen, bei denen das Personal von Barwell Motorsport dem Team von Karsten Molitor heftige Vorwürfe machte. Die Frage lautete, warum der Dirigent so weit in die Hemisphäre des eigenen Boxenplatzes vorrückte.

Eine offizielle Entschuldigung an das Team habe es bis heute nicht gegeben, sagt eine MRS-GT-Sprecherin gegenüber 'Motorsport.com'. Das Team spricht in einer kurzen Mitteilung in den sozialen Medien von einem "unnötigen Boxenstopp-Vorfall". An gleicher Stelle wird aber auch versichert, dass er sich bald erholen werde.

Wer befand sich in wessen Hemisphäre?

Derweil verlangt Barwell-Chef Mark Lemmer im Gespräch mit 'Motorsport.com' von der Creventic, dem Organisator der 24 Stunden von Dubai, die Sicherheit in der Boxengasse zu verbessern.

"Es ist ein sehr bedauernswerter Vorfall" - Mark Lemmer

"Es ist ein sehr bedauernswerter Vorfall und wir sind alle sehr froh, dass dieser Mann nicht schlimmer verletzt wurde. Wir stehen mit dem MRS-Team bezüglich seines Wohlbefindens in Kontakt." Er fügt auch hinzu, dass es in der 30-jährigen Teamgeschichte der erste Zwischenfall an der Box gewesen sei.

"Für uns ist Sicherheit enorm wichtig und wir führen mit unserer Crew jeden Tag Sicherheitsbriefings durch", so Lemmer weiter. "Alle unsere Jungs tragen Helme in der Boxengasse - egal, ob sie vorgeschrieben sind oder nicht. Hier ist es nicht vorgeschrieben. Wir haben das den Organisatoren bereits vorgeschlagen. Wir verleihen dieser Forderung Nachdruck, denn die Boxengasse ist ein sehr gefährlicher Ort. Je mehr man die Jungs schützen kann, umso besser."

‘¿’Der MRS-Mechaniker trug keinen Helm. Ein solcher hätte ihn aber auch nur vor Prellungen im Bereich des Hinterkopfs geschützt, nicht aber vor seinen Verletzungen an Schulter und Lunge.

Ein Insider aus dem Fahrerlager, der anonym bleiben möchte, stützt gegenüber 'Motorsport.com' die Argumentation des Barwell-Teams: "Aus Dirigentensicht waren es zwei große Fehler des Mannes, der umgerissen wurde. Erstens hat er die Situation nicht richtig gelesen. Zweitens hat er sich so positioniert, dass das, was danach geschehen ist, passieren musste. Und letztlich hatte er keinen Überblick über die Situation."

Klassensieg trotz Vorfall

"Als er das Auto losschickt, gilt seine ganze Aufmerksamkeit dem Fahrer und nicht dem, was um ihn herum vor sich geht. Ich hätte mich überhaupt erst gar nicht auf diese Position gestellt." Außerdem kritisiert auch die anonyme Quelle die Tatsache, dass der Mechaniker keinen Helm trug.

 

MRS-GT Racing hält dagegen: Man könne auch Barwell vorwerfen, auf den eigenen Boxenplatz vorgedrungen zu sein - indem man vor dem Boxenstopp des Lamborghinis den Reifen fast vor der Molitor-Box platziert hat. "Hätte da niemand von uns gestanden, wäre er beinahe selbst in unser Auto gelaufen", sagt die Teamsprecherin. "Er hätte sich auch weiter rechts halten können, zumal das Rad am Lamborghini noch nicht demontiert war."

Wie man es auch dreht, natürlich entschuldigt nichts den Vorfall an sich. Ohne das losfahrende Auto hätte der MRS-Mechaniker leicht in die "Fast Lane" fallen können, in der die Autos zu ihrem Boxenplatz hin- und von diesem abfahren. Und dort herrschte zu jenem Zeitpunkt rege Betriebsamkeit.

Weil während einer Code-60-Phase alle Fahrzeuge auf der Strecke in langsamer Geschwindigkeit unterwegs sind, kostet ein Boxenstopp weniger Zeit. Entsprechend werden solche Neutralisationen des Rennens von allen Teams zum Boxenstopp ausgenutzt.

Bei den 24 Stunden von Dubai kommt erschwerend hinzu, dass es sich um eines der wenigen GT3-Rennen handelt, bei dem keine Mindestverweildauer in der Boxengasse vorgeschrieben ist. Es kommt also auf dem Boxenplatz auf jede Zehntelsekunde an. Außerdem hat das große Feld von 65 Fahrzeugen dazu geführt, dass sich bis zu drei Teams einen Boxenplatz teilen muss.

Kaum zu glauben, aber wahr: Der in den Vorfall verwickelte Porsche hat seine Klasse im Rennen gewonnen. Jukka Honkavuori, Godia Rdest, Ollie Hancock und John Hartshorne ließen sich von dem Vorfall nicht beeindrucken und gewannen die Klasse für Porsche 911 GT3 Cup-Fahrzeuge. Der Barwell-Lamborghini kam im Abbruch-Rennen auf Position sechs.

Mit Bildmaterial von Gruppe C.

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