Topnews 2016 - #3: Audi beendet LMP-Programm in WEC und Le Mans
Die niedrigste Stufe auf dem Podest in unserem Jahres-Countdown: Der Schock, der über die Langstrecken-WM und Le Mans hereinbrach, als Audi nach 18 unglaublichen Jahren den Stecker zog.
Die Nachricht, dass Audi seinen Werkseinsatz in der WEC einstellt und damit das seit 1999 gelaufene Langstreckenprogramm beendet, wurde Ende Oktober in der Szene mit erdbebengleichen Schockgefühlen aufgenommen.
Über den bestens informierten Marcus Schurig von Sport Auto wurde bereits vorher im Oktober die Möglichkeit skizziert, dass Audi zum Ende der WEC-Saison 2017 aussteigen könnte. Doch die wie eine Bombe eingeschlagene Nachricht, dass schon Ende 2016 Schluss ist, schockierte selbst die Fahrer innerhalb des Ingolstädter Herstellers.
Die Fahrer und die meisten anderen Mitglieder des Joest-Teams wurden nur wenige Stunden vor öffentlicher Bekanntgabe der Neuigkeit über eben diese informiert. Dahingehende Anzeichen hatte es seit dem sogenannten "Dieselgate"-Skandal um Volkswagen im September 2015 gegeben. Das ist aber nur Teil der Erklärung für das Ende des so erfolgreichen Langstreckenprogramms von Audi.
Wenige Wochen vor Beginn der 3. Saison der Formel E hatte Audi seinen Einfluss beim Abt-Team massiv hochgefahren. In Saison 2 der Elektrorennserie waren die Abt-Boliden noch mit VW-Logos unterwegs gewesen. In Wahrheit aber war Audi von Beginn in dieses Projekt involviert.
Nachdem der Formel-E-Titel zweimal denkbar knapp verpasst wurde, wollte man sicherstellen, dass man rechtzeitig auch namentlich auf den Zug aufspringt. Schließlich will Audi in Saison 5 zusammen mit Partnern wie Schaeffler einen noch größeren Einfluss auf dem Antriebssektor haben.
Es liegt der große Verdacht nahe, dass das Formel-E-Programm künftig unter dem e-tron-Banner laufen wird. Schließlich verbirgt sich dahinter nichts anderes als Audis Identifikator für Hybrid- und Elektroautos. Hand aufs Herz: Die vollständige Elektrifizierung, ja sogar das autonome Fahren, werden in der Automobilindustrie Realität werden – ob es die Leute nun mögen oder nicht. Vor diesem Hintergrund wird der Motorsport ein gewichtiges Entwicklungsfeld sein.
Während Audi zu Recht umfangreich für seine Errungenschaften auf der Langstrecke gewürdigt wurde, war die Klarheit oder besser gesagt der Mangel an dieser, warum das Programm beendet wurde, weitaus weniger lobenswert.
Das Unternehmen bezeichnete die "Dieselgate"-Affäre nur als "im Zusammenhang mit den aktuellen Bürden der Marke stehend". Anschließend versuchte man, die Nachricht vom Ende des WEC-Programms unter dem "zukunftsorientierten" Deckmantel zu verpacken.
Das ist nicht nur eine Beleidigung für die WEC, sondern auch unaufrichtig. Schließlich wird das Audi-Programm in der DTM, einer Serie mit deutlich weniger zukunftsrelevanter Technologie als der WEC, fortgesetzt.
Bildergalerie: Audis letzte WEC-Saison
Für die internationale Langstrecken-Szene bedeutet der Audi-Ausstieg die bedauerliche Reduzierung um eines der Gründungsmitglieder. Unmittelbar nach der Bekanntgabe gab es Stimmen, wonach die Tage der WEC gezählt seien, doch derartige Thesen liegen fernab der Realität. Ja, es war ein schwerer Rückschlag, aber keiner, der nicht überwindbar wäre.
Der Langstreckensport floriert seit er in den 1950er-Jahren vernünftig organisiert wurde. Das wird auch weiterhin so sein. Die gute Nachricht für die Fans dieses faszinierenden Sports ist, dass die Basis solider denn je ist. Es ist eine Basis, die das Beben, welches der Audi-Rückzug auslöste, aushalten wird.
Audi fuhr beim letzten Auftritt in der WEC, den 6 Stunden von Bahrain im November, einen überzeugenden Doppelerfolg ein. Es war ein echter Feelgood-Moment, den Wolfgang Ulrich, der Chefstratege hinter dem Audi-Langstreckenprogramm, zu Recht voll ausgekostet hat. Diesen letzten Tag im Rampenlicht konnte Audi, dem Langstreckengiganten des 21. Jahrhunderts, niemand verwehren.
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