Abt wirft Rivalen Stallregie vor: "Der eine oder andere scheint es zu machen!"
Warum Hans-Jürgen Abt im DTM-Titelfinale Stallregie bei anderen Herstellern fürchtet, welche Verdachtsfälle es 2024 gibt und wie man sich rechtfertigt
Nutzt die Konkurrenz die verbotene Stallregie im Titelkampf gegen Abt?
Foto: Gruppe C Photography
Abt-Audi-Pilot Kelvin van der Linde geht als Führender in die letzten beiden DTM-Saisonwochenenden und könnte rein theoretisch schon in Spielberg Meister werden. Doch wenn man Abt-Boss Hans Jürgen Abt glaubt, fürchtet das einzige Audi-Team der DTM neben der traditionellen Spielberg-Schwäche des Audi R8 LMS GT3 Evo II auch Herstellerabsprachen bei der Konkurrenz.
"Stallregie ist in der DTM ja heute verboten", wird der Abt-Firmenchef in der Pressemitteilung des Teams zitiert. "Aber wenn ich mir die letzten Rennen anschaue, dann scheint es der eine oder andere Hersteller schon wieder zu machen - ich hoffe, es wird am Red Bull Ring nicht ganz so wild wie 2002."
Damals war Abt-Audi-Pilot Laurent Aiello in Spielberg zu Beginn der letzten Rennrunde auf Titelkurs, "ehe er von unseren Freunden von Mercedes in die Mangel genommen wurde", blickt Hans-Jürgen Abt zurück. Aber welche Verdachtsfälle gibt es in der DTM-Saison 2024? Und wie sieht das Verbot aus?
Strafe von 250.000 Euro: Wie das Stallorder-Verbot aussieht
Konkret heißt es in Artikel 20.2 des aktuellen DTM-Reglements: "Vereinbarungen zwischen Herstellern beziehungsweise Bewerbern (Teams) und Fahrern, die vorsehen, dass der Hersteller beziehungsweise Bewerber dem Fahrer für sein Verhalten während eines Qualifyings oder Wertungsläufen direkte oder indirekte Weisungen erteilen kann, die den Fahrer im sportlichen Wettbewerb beschränken, sind verboten."
Bei Verstößen könne "gegen den Hersteller, Bewerber und/oder Fahrer eine Geldstrafe von 250.000 Euro verhängt werden." Worauf sich Abt bei seinem Verdacht genau bezieht, sagt er nicht, es gab an den vergangenen zwei DTM-Wochenenden aber tatsächlich verdächtige Vorfälle.
Wie Mercedes-AMG den Sachsenring-Platztausch erklärt
So zeigte der auf Platz drei liegende HRT-Mercedes-Pilot Luca Stolz beim Samstagsrennen auf dem Sachsenring wenig Gegenwehr, als ihn Titelkandidat und Markenkollege Maro Engel in der elften Runde überholte. Das führt Mercedes-AMG allerdings auf den Luftdruck und die Rennstrategie bei Stolz zurück.
"Wir haben gesagt: 'Volle Attacke nach vorne!‘", erklärt Thomas Jäger, der bei der Marke mit dem Stern als sportlicher DTM-Leiter agiert, im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Denn es geht nicht nur darum, Punkte zu holen, sondern auch darum, den anderen mal Punkte wegzunehmen. Deshalb ist er bewusst mit dem höheren Luftdruck gestartet."
Stolz saß in der Anfangsphase tatsächlich dem zweitplatzierten SSR-Lamborghini-Piloten Mirko Bortolotti im Genick und konnte "wegfahren", sei dann aber "eingebrochen. Das liegt in der Natur der Sache. Beim Stopp wurde der Luftdruck korrigiert, dann war er wieder wettbewerbsfähig", so Jäger. Das sei auch durch den Verlauf der Rundenzeiten belegt.
Funksprüche, die einen Positionstausch einfordern, habe es "überhaupt nicht" gegeben. "Es ist nicht mehr erlaubt - und das ist auch der große Unterschied zu 2021", verweist Jäger auf das Saisonfinale am Norisring, als Maximilian Götz von seinen AMG-Kollegen profitierte. "Deshalb machen wir das nicht. Und zu sagen, ich will nach vorne, um zu attackieren, ist nicht verboten, weil das ist Teil der Rennstrategie." Zudem sei es auch im Interesse von Stolz gewesen.
Sheldon van der Linde: Weniger Härte gegen Rast und Bruder?
Das war aber nicht die einzige auffällige Situation: Denn auch Sheldon van der Linde leistete gegen seinen Schubert-BMW-Teamkollegen Rene Rast, der wie er noch im Titelrennen ist, neun Runden vor Schluss im Kampf um Platz acht wenig Gegenwehr.
"Sheldon hatte 20 Kilogramm Platzierungsgewicht im Auto", argumentiert Torsten Schubert auf Nachfrage vonMotorsport-Total.com. "Das heißt: Er konnte nicht." Außerdem habe Sheldon van der Linde "den schlechteren Reifen" gehabt, verweist der Teamboss auf den um neun Runden früheren Stopp des Südafrikaners.
Dennoch wäre es "schön gewesen, wenn Sheldon auch noch an seinem Bruder vorbeigegangen wäre", bringt Schubert das Van-der-Linde-Bruderduell ins Spiel. "Dann hätten wir auch Kelvin noch ein paar Punkte weggenommen. Aber gut, das hat nicht geklappt."
Tatsächlich wirkte es so als hätte Sheldon van der Linde nach einem ersten Rad-an-Rad-Duell nicht mit letzter Konsequenz gegen Abts DTM-Leader gekämpft. "Er weiß, dass er ihm in der Meisterschaft nicht im Wege stehen will", zeigt Schubert zu einem gewissen Grad Verständnis. "Kelvin hat in der DTM noch nicht den Erfolg gehabt. Das ist genau so, wie wenn unsere Markenkollegen nebeneinander fahren und sich genügend Luft lassen müssen."
Warum es gegen Manthey EMA Untersuchung ab
Dennoch werde man das intern besprechen - und es gäbe "keine Gastgeschenke", stellt Schubert klar. Warum die Fälle am Sachsenring nicht von den Sportkommissaren untersucht wurden? Das hat damit zu tun, dass es keine verdächtigen Funksprüche oder ähnliche Indizien gegeben habe, heißt es vom Deutschen Motor Sport Bund (DMSB). Und nur, wenn es tatsächlich Belege für eine Einflussnahme gäbe, könne man aktiv werden.
So wie übrigens beim Sonntagsrennen auf dem Nürburgring, als Manthey-EMA-Porsche-Pilot Ayhancan Güven während des Rennens per Funk die Anweisung erhielt, in einer Kampfgruppe hinter Teamkollege Thomas Preining die Reihenfolge beizubehalten (Stay in order").
Manthey EMA konnte danach aber laut dem DMSB glaubhaft vermitteln, das sei nur eine Vorbeugungsmaßnahme gegen eine teaminterne Kollision gewesen und man hätte ein "gefahrloses" Überholmanöver akzeptiert. Das zeigt, wie schwierig eine tatsächliche Überführung ist.
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