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Erklärt: Warum Vettel plötzlich vor Hamilton lag und siegte

Glück mit gelben Flaggen und Safety-Car, eine gesplittete Strategie, Software-Probleme bei Mercedes und "Megarunden": die große Analyse des Melbourne-Duells

Sebastian Vettel, Ferrari, 1st position. celebrates victory on arrival in Parc Ferme

Foto: Andrew Hone / Motorsport Images

Die Formel 1 erlebte beim Australien-Grand-Prix in Melbourne ihr rotes Wunder: 26 Runden lang sah alles danach aus, als würde Weltmeister Lewis Hamilton einem sicheren Sieg entgegenfahren. Doch dann bog Sebastian Vettel für einen Reifenwechsel in die Boxengasse ab – und verließ sie als Führender. Völlig entgeistert fragte der Mercedes-Pilot im Funk, warum plötzlich ein Ferrari vor ihm fahren würde, doch Renningenieur Peter Bonnington wusste keine Antwort. Wir erklären, was passiert ist.

Zur Ausgangslage: Im ersten Rennabschnitt ließ Hamilton nach souveränem Start keinen Zweifel daran aufkommen, dass sein Silberpfeil im Renntrimm das schnellste Auto des Feldes ist. Er brauste dem zweitplatzierten Kimi Räikkönen davon – und schonte das Material, als die Lücke 3,9 Sekunden groß war. Trotz einer überlegenen Qualifying-Vorstellung sagt Mercedes-Sportchef Toto Wolff: "Samstags geht es knapper zu. Wir hatten heute ein gutes Gefühl, das Auto war richtig schnell."

Die Aussage verdeutlicht, welche Reserven Hamilton besessen haben muss. Doch sein Team wollte nichts riskieren. Auch nicht, als Räikkönen in Runde 18 die Reifen wechselte und so Druck auf Hamilton ausübte. Mercedes richtete die Strategie nach dem Finnen aus und stoppte einen Umlauf später ebenfalls. Es galt, einen erfolgreichen Undercut der Scuderia zu vermeiden und sich so schnell wie möglich ebenfalls frische Pneus abzuholen. Gesagt, getan. Doch Ferrari nutzte die Situation.

Die Italiener splitteten ihre Taktik. Räikkönen – der designierte Verlierer des Manövers – blieb hinter Hamilton, der sich über den frühen Halt bei der Crew noch gewundert und gefunkt hatte, dass seine Reifen in ordentlichem Zustand wären. Vettel ging in Führung und musste auf sein Rennglück hoffen. "Zwei Ferraris können zwei verschiedene Strategien fahren – haben sie getan", sagt Wolff, der Hamiltons Kollegen Valtteri Bottas nach dessen Qualifying-Crash als Schachfigur vermisste.

 

Lewis Hamilton, Mercedes AMG F1 W09, leads Kimi Raikkonen, Ferrari SF71H, Sebastian Vettel, Ferrari SF71H, Kevin Magnussen, Haas F1 Team VF-18 Ferrari, and Max Verstappen, Red Bull Racing RB14 Tag Heuer
Lewis Hamilton kontrollierte die Szenerie zunächst von der Spitze aus

Foto Zak Mauger / LAT Images

 

An den Verhältnissen auf der Bahn änderte sich zunächst wenig. Hamilton dampfte seinen strategiebedingten Rückstand auf Vettel von 14,0 auf 11,3 Sekunden ein, weil seine neuen Soft-Pneus wesentlich besser funktionierten als die gebrauchten Ultrasoft des Deutschen. Trotzdem hätte Vettel in dieser Rennphase den Grundstein für den Erfolg gelegt, meint 'RTL'-Experte Nico Rosberg: "Sebastian fuhr Megarunden und war richtig gut unterwegs." Es nützte wenig. Bis die 26. Runde kam.

 

Haas-Fahrer Romain Grosjean fuhr mit losem Vorderrad aus der Boxengasse und stellte seinen Wagen in Kurve 1 ab - zu einem Zeitpunkt, als Vettel die Stelle passiert hatte, Hamilton aber nicht. Der Brite musste wegen der gelben Flaggen vom Gas gehen. Nachdem Vettel den ersten Sektor in 30,3 Sekunden durchfahren hatte, brauchte er 35,7 Sekunden. Ein Großteil des virtuellen Vorsprungs war flöten, aber noch immer genügend Polster vorhanden, um nach dem Ferrari-Stopp wieder zu führen.

Doch das Schicksal spielte Mercedes den nächsten Streich: Streckenposten mussten in die Auslaufzone, um das Grosjean-Fahrzeug zu bergen. Also aktivierte die Rennleitung das Virtuelle-Safety-Car (VSC). Die Ferrari-Taktiker erkannten die Gunst der Stunde, holten Vettel sofort an die Box.

 

Hamilton musste auf der Strecke deutlich langsamer fahren, um sich an die vorgegebene Mindestzeit zu halten, weshalb sein Konkurrent durch seinen Reifenwechsel weniger Zeit verlor als es unter "normalen" Rennbedingungen der Fall gewesen wäre. 17,7 Sekunden Vorsprung – bei freier Fahrt in Melbourne niemals genug, um einen Boxenstopp zu kompensieren – reichten Vettel, um vor Hamilton zurück auf die Strecke zu kommen. "Da ist man total überrascht", meint Rosberg. "Du verstehst die Welt nicht mehr. Bis dahin hatte Lewis alles unter Kontrolle, und das relativ easy."

Toto Wolff wartete nach dem Rennen mit einer anderen Erklärung als das Pech auf. Er meinte, dass Mercedes ein Fehler der eigenen Strategie-Software in Australien die Tour vermasselt hätte. Das Computerprogramm des Teams rechnete aus, dass Vettel trotz des VSC 15 Sekunden Vorsprung haben müsste, um nach dem Stopp vorne zu bleiben. Was völlig richtig war. Das Problem: Die Software ging offenbar noch von den 11,3 Sekunden Differenz aus, die Hamilton vor den gelben Flagge in Kurve 1 von Vettel trennten. Nicht von den 17,7 Sekunden, die es anschließend waren.

 

Sebastian Vettel, Ferrari SF71H leads Lewis Hamilton, Mercedes-AMG F1 W09
Sebastian Vettel ließ nach der Safety-Car-Phase nichts mehr anbrennen

Foto Sutton Images

 

"Diese Situation gab es vorher nicht – die spezielle Konstellation, dass ein Auto sehr schnell und eines sehr langsam fährt", hadert Wolff mit der Technik. "Nichtsdestotrotz haben wir geglaubt, dass wir den nötigen Abstand hätten. Wir hatten immer grünes Licht. Dann haben wir die TV-Bilder gesehen." Vettel war vorne und selbst überrascht. "Läuft!", hätte er unter dem Helm gedacht, seine Chance aber schon zuvor gerochen: "Ich habe an der Boxeneinfahrt alles gegeben und so spät wie möglich gebremst. Der Stopp war nicht ganz so schnell wie gewollt. Ich dachte: 'Jetzt macht hin!'"

Anschließend führte er auf den im Vergleich zu Hamilton sieben Runden frischeren Soft-Reifen – ein klarer Vorteil für Vettel, dessen Auto sich mit den härteren Gummis besser bewegen ließ als mit Ultrasoft. "Wir hatten Glück mit dem Safety-Car", räumt er ein, "aber im vergangenen Jahr ist es häufig genug andersherum gelaufen." Für Hamilton begann nach der Neutralisation die Jagd auf den Ferrari. Er blieb meistens in Vettels DRS-Fenster von einer Sekunde, bevor er in Runde 48 auf 0,6 Sekunden heranrückte – es der kleinste Abstand in dem Duell, aber nicht der Wendepunkt.

"Kann ich jetzt Druck machen? Lasst mich wissen, wie sehr ich aufdrehen soll", funkte Hamilton an die Box – und verbremste sich kurz darauf in Kurve 8 so heftig, dass der Rückstand auf 2,6 Sekunden anwuchs. "Weil Sebastian frischere Reifen hatte, bin ich so nahe herangefahren, wie es ging. Aber durch die Aerodynamik ist es derart schwierig. Sobald ich näher dran war …", schnauft Hamilton. "Ich habe versucht, den Druck aufrecht zu erhalten. Mir sind ein paar Fehler unterlaufen."

 

Dazu kämpfte er mit den Motortemperaturen und scherte immer wieder aus dem Windschatten Vettels aus, um das Auto zu kühlen. "Wir haben nur drei Antriebe. Ich musste sicherstellen, dass der aktuelle Motor im nächsten Rennen in einigermaßen guter Verfassung ist", sagt Hamilton. Er robbte sich nochmals auf 0,9 Sekunden heran, doch fünf Runden vor dem Ende musste er abreißen lassen.

Vettel besann sich darauf, keine Schnitzer einzubauen, weil er wusste, dass das Überholen aus eigener Kraft auf dem Albert Park Circuit trotz einer neuen dritten DRS-Zone fast unmöglich ist. "Lewis war im ersten und zweiten Stint schneller", räumt der Deutsche ein. Er habe es sich in Führung liegend aber leisten können, selbst Motor und Reifen zu schonen sowie Sprit zu sparen. "Es war nie wirklich eng", so Vettel – abgesehen von dem Moment, in dem er vor Hamilton aus der Boxenstraße kam.

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