Grundsatzfrage: Wie schnell kann/darf die Formel E werden?
In Sachen Geschwindigkeit kann die Formel E nicht mit der Formel 1 konkurrieren, doch wie nah kann man herankommen? Es gibt drei Hindernisse zu mehr Speed ...
Dem Vergleich mit der Formel 1 hält die Formel E nicht stand: Während in der Königsklasse bereits Geschwindigkeiten jenseits von 370 km/h gemessen wurden, backt die Elektroalternative kleinere Brötchen: Rund 225 km/h schaffen die Formel-E-Boliden in der Spitze. Das mag für den geneigten Motorsport-Fan, der mit der Formel 1 aufgewachsen ist, nach wenig klingen, doch für die Fahrer muss es nicht unbedingt schneller werden.
"Es ist nicht so einfach, wie sich die Leute das immer vorstellen, weil es halt nach wenig Leistung klingt", meint Daniel Abt im Gespräch mit 'Motorsport.com', "aber die Kombination Rennstrecke, Reifen, Auto macht es schon sehr herausfordernd." Dem Deutschen genügt das aktuelle Leistungspotenzial des Boliden vollkommen - gerade im Qualifying. Doch: "Für das Rennen könnte man sagen, dass es etwas mehr sein darf. Das wäre schon machbar."
Doch wie viel schneller kann die Formel E werden? Derzeit ist die Leistung der Batterien auf 200 Kilowatt (180 kW im Rennen) beschränkt, doch kaum eine Serie entwickelt sich so rasend schnell wie die 2014 gestartete Elektromeisterschaft. Das heißt, auch neue Grenzen werden sicherlich mit der Zeit geschaffen. "Wenn wir 250 Kilowatt in den Dingern haben, dann geht schon die Luzie ab", findet Abt.
Technologisch sind der Geschwindigkeit daher theoretisch keine Grenzen gesetzt, doch es gibt andere Gründe, die gegen eine "Verschnellerung" der Formel E sprechen. Faktor 1: der Fahrer. Die Piloten haben in ihren Cockpits genügend zu tun. Von Energiemanagement über die richtigen Einstellungen gibt es während der Fahrt viel zu beachten - und dann lauert durch das enge Feld stets ein Gegner in der Nähe.
Speed oder Fannähe?
Der Fahrer könnte dann womöglich mit mehr Geschwindigkeit überfordert sein. Doch zumindest in diesem Punkt winkt Nick Heidfeld ab: "Ich glaube, es kann schon noch deutlich schneller werden, bis eine Überforderung der Fahrer eintritt", so der Mahindra-Pilot gegenüber 'Motorsport.com'. Der Beweis ist schwierig erbringbar, doch die anderen Faktoren sind dafür ziemlich greifbar.
Denn vor allem das Reglement steht schnelleren Boliden im Weg - oder zumindest der eingeschlagene Weg der Formel E. "Das Problem ist: Wenn wir auf den derzeitigen Strecken fahren wollen, können wir nicht viel schneller werden", erklärt Jaguars Nelson Piquet jun. "Wenn man sich dazu entscheidet, in den Zentren von London, Miami, Paris und sonstwo zu fahren, dann muss man ein langsameres Auto haben." Ansonsten würde die FIA einen Einsatz verbieten.
Die Stadtkurse sind eng, wellig und bieten kaum Auslaufzonen - von daher würde die Abnahme mit schnelleren Boliden gar nicht in der Weise erfolgen. Für den Brasilianer geht es daher um die Grundsatzfrage. "Man muss sich entscheiden: In den Zentren mit langsameren Autos fahren oder auf Rennstrecken mit schnelleren Autos fahren?", sagt er. Fährt man direkt bei den Menschenmassen "oder in Abu Dhabi oder Bahrain, wo nichts ist"? Für ihn ist die Antwort klar: "Natürlich im Zentrum!"
Überholen wird mit schnellen Autos zum Problem
"Ich finde, dass es eine gute Balance zwischen den Strecken und der Leistungsfähigkeit und dem Speed der Autos gibt", wirft Nick Heidfeld ein. Doch dem Deutschen geht es bei dem Thema Geschwindigkeit vor allem um den dritten Faktor: Action. Bekanntlich wird das Racing schlechter, je schneller die Boliden werden, weil das Überholen irgendwann zum Ding der Unmöglichkeit wird. "Im Moment sind die Rennen so toll und spannend, weil wir so viele Überholmanöver haben. Deswegen sollten wir nicht zu schnell werden", findet der Mönchengladbacher.
"Wir haben wirklich guten Rennsport. Wie es derzeit funktioniert, ist wirklich gut", meint auch Loic Duval, der die Serie jedoch nach drei Jahren verlassen wird. Trotzdem denkt der ehemalige Dragon-Pilot, dass in Sachen Speed noch etwas Luft nach oben ist. Damit das Racing darunter aber nicht leidet, dafür hat er eine Idee. Der Belgier würde neben der Leistung auch die Renndistanz erhöhen.
"Wenn man viel Power hat, aber die Länge der Rennen erhöht, dann wird man irgendwann trotzdem die Energie managen müssen", sagt er zu 'Motorsport.com'. "Das ist wichtig, und das muss man behalten. Denn das gibt einem die Möglichkeit zum Überholen." Er ist überzeugt: "In Zukunft könnte die Formel E eine der schnellsten Formelserien der Welt sein. Die Power bei der Elektroenergie ist unglaublich."
Vergleiche mit der Formel 1 sind bei diesem Thema ohnehin unangebracht. Denn beide Serien verfolgen unterschiedliche Konzepte. Und das ist so gewollt.
Diese Story teilen oder speichern
Registrieren und Motorsport.com mit Adblocker genießen!
Von Formel 1 bis MotoGP berichten wir direkt aus dem Fahrerlager, denn wir lieben unseren Sport genau wie Du. Damit wir dir unseren Fachjournalismus weiterhin bieten können, verwendet unsere Website Cookies. Dadurch wird Dein Nutzererlebnis optimiert und die Werbung auf Deine Interessen zugeschnitten. Wir wollen dir aber natürlich trotzdem die Möglichkeit geben, eine werbefreie Website zu genießen.