W-Series im Rahmen der DTM: Berger musste erst überzeugt werden
Die ausschließlich für Frauen ausgeschriebene W-Series startet in ihrer ersten Saison 2019 im Rahmen der DTM - Reaktionen von Gerhard Berger und den Herstellern
Die Ankündigung der als W-Series bezeichneten Formelrennserie nur für Frauen sorgte vor wenigen Tagen für Aufsehen. Die Meinungen, ob eine solche Rennserie der richtige Weg ist, gehen auseinander. Fakt ist: In ihrer Premierensaison 2019 wird die von Ex-Formel-1- und Ex-DTM-Pilot David Coulthard initiierte W-Series im Rahmenprogramm der DTM fahren.
ITR-Chef Gerhard Berger begrüßt den Schritt, musste allerdings selbst erst überzeugt werden: "Ich liebe es. Ehrlich gesagt war ich am Anfang, als meine Kollegen gekommen sind und gesagt haben, dass sie eine Anfrage von der W-Series bekommen haben, etwas unsicher. Dann aber habe ich die Namen derer gelesen, die darin involviert sind. Mit ein paar von ihnen habe ich vor langer Zeit bei McLaren zusammengearbeitet. Ich kenne diese Leute und ich weiß, dass sie wissen, was sie tun und sie würden nicht etwas auf die Beine stellen, dass nicht erfolgversprechend ist"
"Dann habe ich mich näher damit auseinandergesetzt und verstanden, dass das eine richtige Serie ist, wo 18 bis 20 Mädels vorbereitet und aufgebaut werden, mit einem guten Auto, finanzieller Unterstützung und den richtigen Absichten dahinter", so Berger und weiter: "Je länger ich mir das angeschaut habe, habe ich gesagt: Das ist großartig!" Im Gespräch mit Initiator Coulthard stellt Berger nachdrücklich heraus, dass es an der Zeit war, eine solche Maßnahme ins Leben zu rufen:
Und auch in Reihen der Hersteller wird die Neuigkeit, dass die W-Series im DTM-Rahmenprogramm fährt, überwiegend positiv aufgenommen. "Ich finde die Initiative toll", sagt Ulrich Fritz, Rennleiter der mit Titelgewinn aus der DTM ausgestiegenen Marke Mercedes, merkt aber gleichzeitig an: "Ich persönlich, ganz ehrlich, bin noch nicht ganz sicher, ob es der richtige Weg ist. Aber das wird die Zukunft weisen. Fakt ist, dass viel zu wenig weibliche Talente in die höchsten Klassen des Motorsports vorstoßen. Das ist einerseits ein statistisches Thema. Wenn ich auf einen Jugend-Kartplatz gehe, dann sind da 95 Prozent Jungs. Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass aus 95 Prozent Jungs ein guter dabei ist, ist größer als bei fünf Prozent Mädels. Deshalb ist es vielleicht ein richtiger Ansatz, den Mädchen und Damen die Möglichkeit zu geben, sich in so einem Umfeld weiterzuentwickeln."
"Etwas Anschubhilfe"
Audi-Motorsportchef Dieter Gass gesteht, dass er sich mit dem Thema W-Series bislang "null beschäftigt" hat: "Ich habe mir noch nicht angeschaut, wer da dahinter ist. Aber ich glaube, dass wir im nächsten Jahr was das Rahmenprogramm angeht, einen deutlichen Schritt nach vorne machen. Da ist was geboten." BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt denkt bereits einen Schritt weiter und meint mit Verweis auf die für BMW fahrende Beitske Visser: "Beitske könnte da eine Rolle spielen. Sie macht einen super Job in allen Programmen, in denen wir sie haben fahren lassen."
Die W-Series startet mit Einheitsautos mit 1,8-Liter-Vierzylinder-Turbo
Foto: W Series
Bezüglich der auseinandergehenden Meinungen darüber, ob es eine reine Frauen-Rennserie braucht oder nicht, gibt Marquardt zu bedenken: "Die einzige Sportart, die mir eingefallen ist, in der Frauen und Männer im direkten Kräftemessen aufeinandertreffen, ist der Reitsport. Ansonsten gibt es immer entweder Mixed-Teams oder es ist getrennt."
Vor diesem Hintergrund begrüßt man bei BMW die von Coulthard ins Leben gerufene W-Series. "Den Damen und Mädels, die einen Top-Job machen, auf einem richtig hohen Niveau, eine Plattform zu geben, auf der sie alle zeigen können, was sie können und dann eine oder zwei raussuchen, die weiterkommen und einen Push in dem Thema zu haben, finde ich grundsätzlich nicht falsch", sagt Marquardt und merkt an: "Das hat für mich nichts damit zu tun, für sie etwas extra zu schaffen. Etwas Anschubhilfe zu haben, finde ich nicht schlecht."
DTM geht anderen Weg als Formel 1
"Seit Jahren diskutieren wir darüber, warum es keine Frauen in der Formel 1 gibt", erinnert Berger und weiter: "Ganz einfach, weil sich niemand um sie kümmert, wenn sie in der Formel 3 oder anderswo fahren. Sie sind zwischen all den Jungs auf sich alleine gestellt. Aber ich denke, wenn sie die Chance dazu bekommen, dann werden wir ein, zwei Mädchen in höherklassigen Rennserien sehen. Vielleicht in der DTM, vielleicht in der Formel 1 - oder wo auch immer. Ich bin sehr glücklich, dass sich jemand dessen annimmt und noch glücklicher, dass es exklusiv im Rahmen der DTM passiert."
"Die Formel 1 versucht, die Frauen loszuwerden. Wir versuchen, sie reinzubringen" - Gerhard Berger
"Wir haben einen anderen Weg eingeschlagen als die Formel 1. Die Formel 1 versucht, die Frauen loszuwerden. Wir versuchen, sie reinzubringen", unterstreicht Berger. Und was sagen die Hersteller dazu? "Ich bin der Meinung, wenn man in der DTM fährt, dann muss man wettbewerbsfähig sein. Es bringt nichts, nur zu sagen: Wir wollen eine Dame fahren lassen, die fährt aber hinterher", so Fritz, um anzufügen: "Das gilt für Jungs genauso."
Marquardt stimmt zu. "Wenn eine Frau da ist, die sich mit den Jungs auf dem Niveau messen kann, mit absolut gleichen Mitteln und ihnen Feuer unterm Hintern macht: Perfekt! Wir schließen nichts aus, aber es muss alles auf dem gleichen Niveau sein. Ich glaube nicht, dass der Ansatz sein sollte, es muss jeder eine Frau im Auto sitzen haben", so der BMW-Motorsportdirektor.
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