Analyse: Wann kommen die Freitagsfahrer noch zum Einsatz?
Per Reglement müssen die Formel-1-Teams in der Saison 2022 Rookies eine Chance geben, doch sehr viele Möglichkeiten gibt es jetzt nicht mehr
Irgendwann in der Formel-1-Saison 2022 muss jeder Stammfahrer einmal aussetzen im ersten Freien Training, und zwar zugunsten eines Formel-1-Neulings, der maximal zwei Grands Prix bestritten haben darf. So will es das Reglement. Und das bedeutet: Bei den restlichen sechs Grands Prix müssen einige Fahrer ihre Zwangspause einlegen.
Und so rächt sich vielleicht in den kommenden Wochen, dass die Teams bisher nur zaghaft agiert haben: Einzig AlphaTauri, Aston Martin, Mercedes, Red Bull und Williams haben bisher je einmal Freitagsfahrer antreten lassen. Alfa Romeo, Alpine, Ferrari, Haas und McLaren müssen noch jeweils beide Rookie-Einsätze ermöglichen. Übersicht: Die Freitagsfahrer der Saison 2022!
Das Problem dabei: Viele dieser Teams sind im Endspurt der Formel-1-Saison 2022 noch in Positionskämpfe in der WM-Gesamtwertung verstrickt und wollen möglichst keine Trainingszeit für die Stammfahrer herschenken. Außerdem besteht die Gefahr, dass ein Rookie im Training etwas kaputtmacht, was sich unter der Budgetobergrenze besonders negativ bemerkbar machen könnte.
Welche Strecken in Frage kommen - und welche nicht
Zusätzlich erschwert wird die Situation durch das noch anstehende Sprint-Wochenende in Sao Paulo. Unter dem besonderen Veranstaltungsformat gibt es vor dem Qualifying am Freitag nur ein Freies Training vorab. Dabei einen Freitagsfahrer einzusetzen, das gilt als ausgeschlossen.
Bleiben also fünf Möglichkeiten im restlichen Formel-1-Kalender, aber auch für diese Strecken gibt es mitunter Einschränkungen. Singapur als Stadtkurs zum Beispiel ist sicherlich nicht erste Wahl, zumal die Formel 1 dort erstmals seit 2019 einen Grand Prix abhält. Die Stammfahrer müssen sich also erst einmal selbst wieder an den Kurs gewöhnen, noch dazu mit der aktuellen Fahrzeuggeneration.
Auch Suzuka steht nicht weit oben auf der Liste, weil dort Fehler schnell passiert sind und Abflüge oft in Schäden am Fahrzeug münden. Auch diese Strecke ist zudem erstmals seit 2019 wieder im Kalender vertreten, Regenwetter wäre dort keine Seltenheit. Allerdings: Max Verstappen hat 2014 in Suzuka sein Formel-1-Debüt gegeben, und das war in einem Freitagstraining. Möglich ist es also.
Zusätzliche Hürde: Pirelli-Reifentests für 2023
Was eher gegen Suzuka und auch gegen Austin spricht, sind die von Pirelli anberaumten Reifen-Testfahrten für 2023 in den dann auf 90 Minuten verlängerten zweiten Freien Trainings. Das würde den Stammfahrern zwar mehr Streckenzeit einräumen als üblich nach einer verpassten Einheit. Aber: Bei solchen Reifentests gibt Pirelli den Fahrplan der Teams vor, was die individuelle Vorbereitung der Stammfahrer einschränkt.
Gleiches gilt für das Finalwochenende in Abu Dhabi. Dort gibt es große Auslaufzonen, Ersatzteile wären genug vorhanden. Aber weil in Abu Dhabi auch die Formel-2-Saison endet und noch nicht alle Positionen in der Gesamtwertung bezogen sind, könnten manche Fahrer andere Prioritäten haben. Sprich: Eine Doppelbelastung wird man im Idealfall vermeiden wollen.
Wie die Teams die Rookie-Vorgabe 2022 erfüllen:
Mercedes
Nyck de Vries hat bereits in Le Castellet ein Freitagstraining anstelle von Lewis Hamilton bestritten. Der Niederländer soll auch eine zweite Einheit für das Team bestreiten. Offen ist aber, was passiert, falls de Vries bei einem anderen Formel-1-Team für 2023 unterschreibt und dort womöglich schon 2022 ebenfalls ein Freitagstraining erhält.
Red Bull
Jüri Vips war in Barcelona für Red Bull aktiv. Ein paar Wochen später flog er aus dem Fahrerkader des Teams. Wahrscheinlich kommt daher Liam Lawson bei Red Bull zum Zuge, er aber auch bei AlphaTauri auf der Liste und darf womöglich gleich für beide Teams Trainingseinsätze absolvieren.
Ferrari
Robert Schwarzman hat bei Ferrari viele Stunden im Simulator verbracht. Nun kommt seine große Chance: In Austin und in Abu Dhabi darf er jeweils das erste Freitagstraining bestreiten. Erstmals überhaupt gibt Ferrari dann das erste Freie Training an einen dritten Fahrer ab.
Alpine
Bei Alpine war eigentlich Oscar Piastri gesetzt für die Freitagseinsätze. Jetzt, wo er als McLaren-Stammfahrer für 2023 bestätigt ist, ist unklar, was Alpine vorhat. Jack Doohan wäre die logische Wahl, weil er ohnehin ein Kandidat ist auf das Alpine-Cockpit 2023. Sollte sich das Team aber für de Vries entscheiden, könnte auch er freitags bei Alpine im Auto sitzen.
McLaren
Offen ist die Situation auch bei McLaren. Sollte es dem Team gelingen, eine Freigabe für Piastri bei Alpine zu erwirken, könnte Piastri schon 2022 an Freitagen für McLaren fahren. McLaren könnte aber auch den IndyCar-Fahrern Colton Herta, Pato O'Ward und Alex Palou eine Chance geben. Bestätigt ist bisher nichts, wenngleich McLaren-Boss Zak Brown für O'Ward eine Freitagsfahrt in dessen Heimat Mexiko in Aussicht gestellt hat.
AlphaTauri
In Spa-Francorchamps saß Liam Lawson bei AlphaTauri im Auto. Er soll eine weitere Freitagsfahrt erhalten. Falls aber de Vries zum Team stößt für 2023, wäre es nur sinnvoll, ihn schon 2022 etwas Fahrpraxis sammeln zu lassen.
Aston Martin
Das Team hatte bisher kein eigenes Nachwuchsprogramm und hat in Monza Mercedes-Ersatzfahrer de Vries ausgeliehen für den Freitagseinsatz. Aber: Inzwischen hat Aston Martin den aktuellen Formel-2-Meister Felipe Drugovich unter Vertrag genommen, der in Abu Dhabi das erste Freie Training absolvieren soll.
Williams
Ähnliche Situation wie bei Aston Martin: Williams hat in Barcelona de Vries fahren lassen, was ihm bei seinem Spontaneinsatz in Monza sicherlich geholfen hat. Fest steht darüber hinaus seit Wochen: Logan Sargeant wird bei seinem Heim-Grand-Prix in Austin das Freitagstraining für Williams bestreiten.
Alfa Romeo
Das Team aus der Schweiz hat die Regeln genau gelesen und Guanyu Zhou an dessen Debütwochenende in der Formel 1 als einen Rookie zählen lassen. Den zweiten Einsatz im Training bekommt wohl Theo Pourchaire und vermutlich beim Grand Prix in Mexiko-Stadt, wo er ohnehin vor Ort sein wird. Die drei Einsätze von Robert Kubica zählen natürlich nicht als Rookie-Einsätze.
Haas
Bisher hat Haas noch keine Pläne verkündet. Sollte sich kein anderer Fahrer aufdrängen, wird wohl Haas-Testfahrer Pietro Fittipaldi im Auto sitzen. Allerdings nicht in Austin, weil dort Antonio Giovinazzi eine Ausfahrt erhält. Und beide Stammfahrer lässt man wohl eher ungern gleichzeitig aussetzen, zumal beim Heimrennen des Teams in den USA.
Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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